Rhein-Pfalz Kreis Rettung für winzigen Finger

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Für die Eltern der kleinen Monika sind Ulrich Kneser und Julian Vogelpohl irgendwie schon Halbgötter in Weiß. Denn den Spezialisten der Oggersheimer BG-Klinik ist – aus der Sicht des Laien – vor einigen Wochen ein kleines Wunder geglückt. Für Monikas Eltern grenzt es fast an Zauberei, dass das Mädchen an seiner rechten Hand immer noch fünf Finger hat. Den etwas geschwollenen Zeigefinger spreizt Monika zwar noch vorsichtig in Richtung Himmel, als Julian Vogelpohl ihr ganz sachte den pinkfarbenen Verband abnimmt. Aber für den oberflächlichen Betrachter sind kaum mehr Spuren zu erkennen von dem Unglück, das die Familie vor einigen Wochen getroffen hat. Es war der Nachmittag des 28. Januar, berichtet die Mutter des damals 17 Monate alten Zwillingsmädchens. Ansonsten kann sie sich an vieles gar nicht mehr richtig erinnern, „so aufgeregt und schockiert wie ich damals war“. Die Oma der vier Kinder der Familie habe ihr daheim geholfen, weil der Papa ein paar Tage in der Mannheimer Klinik verbringen musste. Beim Schließen der Terrassentür habe die Großmutter die quirlige Monika kurz nicht im Blick gehabt. Und dann war es auch schon passiert. Von diesem fatalen Augenblick an haben die Erwachsenen dann trotz der Aufregung alles richtig gemacht, erklärt Oberarzt Julian Vogelpohl. Die schwer verletzte Kinderhand wurde nur mit zwei Tupfern bedeckt. Dann ging es ins Frankenthaler Krankenhaus. Dort erkannten die Ärzte, dass Monika ein Fall für die Hand-Spezialisten der BG-Klinik ist. Denn der Zeigefinger des Kindes war so gut wie abgetrennt. Mit dem Rettungswagen wurde die Patientin daher sofort nach Oggersheim verlegt. Das Gewebe des oberen Fingergliedes sei nicht mehr durchblutet gewesen, der Knochen war gebrochen, lediglich eine Sehne und zwei winzige Nerven verbanden den Zeigefinger mit der Kinderhand, schildert Vogelpohl den Befund. Viereinhalb Stunden brauchten die Spezialisten im handchirurgischen Zentrum, um Monikas Zeigefinger zu reimplantieren. So nennen das die Fachleute. Wegen der sehr kleinen Strukturen arbeiteten die Ärzte unter einem Mikroskop, das eine 17- bis 20-fache Vergrößerung möglich macht. Mit einem Faden, der mit bloßem Auge kaum mehr zu erkennen ist, wurden die zerstörten Gefäße wieder verbunden und ein Draht eingebracht, um den kleinen Knochen zu stabilisieren. Ulrich Kneser betont, dass mikrochirurgische Eingriffe an der BG Klinik täglich vorgenommen werden, allerdings selten an Kleinkindern. Weil die Spezialisten über diese große Erfahrung verfügten, sei auch die komplizierte Reimplantation des Fingers möglich gewesen – und geglückt. Der Finger „ist nach der Operation sofort wieder angesprungen“, sagt Kneser. Das bedeutet, dass die Durchblutung bald wieder hergestellt war. Auch die ersten fünf bis sieben kritischen Tage, in denen es zu Komplikationen kommen kann, sind gut verlaufen. Für das Mädchen, das zehn Tage in der Klinik bleiben musste, und die Eltern wurde ein Krankenzimmer hergerichtet. „Alle haben sich ganz toll um uns gekümmert“, berichtet die Mama dankbar. Vier Wochen später wurde der Draht wieder entfernt. Ob das inzwischen 19 Monate alte Mädchen Konzertpianistin werden könnte? Man müsse schauen, so die Ärzte, ob die Beweglichkeit wieder komplett hergestellt werden kann. Ergotherapie soll dabei helfen. Die Frage nach den Kosten lässt Ulrich Kneser unbeantwortet. Diese seien nicht durch die Summe gedeckt, die die Krankenkasse des Kindes an die BG Klinik zahle. Das Oggersheimer Krankenhaus sei rund um die Uhr mit entsprechend ausgebildeten Ärzten, speziell ausgestatteten OP-Sälen und Instrumenten auf derartige Fälle vorbereitet. Diese Vorhaltung werde in die einzelne Abrechnung nicht einkalkuliert, sagt Kneser. Angst vor den Halbgöttern in Weiß hat Monika nach ihrem Aufenthalt in der BG Klinik nicht mehr. Ihre großen dunklen Kulleraugen nehmen vielmehr alles genau unter die Lupe, was um sie herum passiert. Ihren angenähten Zeigefinger spreizt sie elegant ab wie eine Prinzessin.

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