Rhein-Pfalz Kreis Franken-Funde auf dem Friedhof

OTTERSTADT. Die CDU-Fraktion im Otterstadter Ortsgemeinderat lehnt die Erweiterung des Friedhofs kategorisch ab, weil in dem dafür vorgesehenen Gelände Gräber aus der Frankenzeit vermutet werden, die ausgegraben werden müssten. Das würde bis zu 100.000 Euro kosten, hieß es aus CDU-Kreisen. Mitglieder von SPD und FWG bezeichneten diese Summe als aus der Luft gegriffen und verlangten Klärung. Rüdiger Schulz, stellvertretender Leiter der Generaldirektion Kulturelles Erbe der Außenstelle Speyer, sagt, die genannte Summe sei durchaus realistisch. Wir haben nachgehakt und im Folgenden seine Antworten auf unsere Fragen zusammengefasst.Wie sind die Denkmalschützer der Generaldirektion Kulturelles Erbe überhaupt auf das Ansinnen der Friedhofserweiterung aufmerksam geworden? Für eine Friedhofserweiterung müsste aus einer landwirtschaftlich genutzten Fläche eine Friedhofsfläche werden. Dazu muss der Flächennutzungsplan geändert werden. Bei solchen Vorhaben muss die Denkmalfachbehörde als Landesbehörde Stellung nehmen. Prinzipiell sei das bei jedem Bauprojekt der Fall, erklärt Oberkonservator Rüdiger Schulz. Von einem ehrenamtlichen Mitarbeiter ist er schon vor Längerem über Funde aus Frankengräbern informiert worden. Liegen in dem für die Friedhofserweiterung vorgesehenen Gelände tatsächlich Gräber aus der Frankenzeit? Davon geht Denkmalschützer Schulz aus. Im nordwestlichen Teil des Friedhofs, der an die Kapelle grenzt, wurden immer wieder Knochen und Eisenschrott gefunden. Das ist typisch für Gräber aus der Frankenzeit, könnte aber auch von modernen Beerdigungen stammen. Allerdings wurden Scherben von Töpfen, die typisch für die Frankenzeit sind, gefunden. Außerdem ist man beim Bau einer Gasleitung im an den Friedhof angrenzenden Ortsteil „Siedlung“ auf entsprechende Gräber gestoßen. Und aus Erzählungen weiß man, dass beim Bau einiger Häuser in diesem Ortsteil ebenfalls Knochen und Eisenteile gefunden wurden. Diese Funde liegen genau um die geplante Erweiterungsfläche herum, sodass Schulz davon überzeugt ist, dass im nördlichen Teil der Erweiterungsfläche entsprechende Gräber liegen. Außerdem werden auf den Äckern der Fläche immer wieder Überbleibsel aus der fränkischen und römischen Zeit gefunden. Was findet man in einem Frankengrab? Vorneweg: Gräber aus der Frankenzeit sind keine Seltenheit. Auf dem Gebiet der alten Verbandsgemeinde gibt es 74 Stellen, von denen entsprechende Funde bekannt sind. Eine davon ist der Friedhof in Otterstadt. Die Franken siedelten im sechsten bis neunten Jahrhundert hier in der Region, in einer Zeit, in der sich das Christentum und dessen Vorstellungen vom Jenseits noch nicht durchgesetzt hatten. Die Verstorbenen wurden in ihrer Tracht bestattet und bekamen Grabbeigaben. Anhand dieser sollte im Totenreich ihre gesellschaftliche Stellung erkannt werden. In Frauengräbern findet man Schmuck, Fibeln, Perlenketten, Gürtel, Wadenbinden und Taschen, die vielleicht ein Messer oder einen Talisman enthalten. Männer bekamen in der Frankenzeit Messer, Schwerter, Schilde und zum Teil auch Zaumzeug mit ins Grab gelegt. Die meisten dieser Grabbeigaben sind aus Eisen. Müssen die Gräber ausgegraben werden, falls an der Friedhofserweiterung festgehalten wird? „Ja, wenn tatsächlich Erdbestattungen geplant sind, kann ich nicht zulassen, dass Gräber zerstört werden“, sagt Rüdiger Schulz von der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Die Frankengräber liegen in einer Tiefe von 1,20 bis drei Meter, also genau in der Schicht, die man bei einer modernen Bestattung treffen würde. Wie würde man da praktisch vorgehen? „Wir würden vorschlagen, dass die entsprechende Fläche erst geomagnetisch untersucht wird“, sagt Rüdiger Schulz. Das könne man sich so ähnlich wie Ultraschall vorstellen. Auf den erhaltenen Bildern erkennt man Störungen in der Erde. Sind diese Flecken etwa ein mal zwei Meter groß, dann spricht das für ein Grab. So könnten die Kosten für eine Ausgrabung abgeschätzt werden. Was kostet das und wer zahlt es? Die geomagnetische Untersuchung kostet etwa 2000 bis 3000 Euro pro Hektar. Die interessante Fläche liegt in einem Dreieck mit einer Kantenlänge von etwa 50 Metern. Würden Gräber gefunden, müssten diese ausgegraben werden. Pro Grab ist eine Person etwa zwei Tage lang beschäftigt. „Da können tatsächlich 100.000 Euro zusammenkommen. Zahlen müsste das die Ortsgemeinde Otterstadt“, sagt Schulz. Das ist laut Schulz im Denkmalschutzgesetz geregelt, denn es gilt das Verursacherprinzip. Wenn Otterstadt aus Ackerland Friedhof machen möchte, dann muss es zahlen. Die Gemeinde werde ja nicht gezwungen, dort einen Friedhof anzulegen. Sollte es zu Ausgrabungen kommen, könnte die Gemeinde die Fundstücke in Ausstellungen zeigen. Ist das für das Denkmalamt eine bequeme Möglichkeit, Grabungen finanziert zu bekommen? Hier widerspricht Denkmalschützer Schulz vehement: „Ausgraben ist nicht unser primärer Dienstauftrag, sondern der Erhalt von Kulturdenkmälern.“ Ausgraben bedeutet immer auch Zerstörung, auch wenn es genau dokumentiert wird. Gerade die Eisenteile liegen seit 1200 Jahren in einem chemischen Gleichgewicht in ihrer Umgebung. Wenn sie ausgegraben werden, ist dieses Gleichgewicht gestört. „Eisen ist mit normalem Aufwand nicht zu konservieren. Es ist schon passiert, dass ein schönes Schwert nach ein paar Jahren in Rostflocken zerfallen ist.“ Am liebsten sehe es Schulz also, wenn die Gräber gar nicht angerührt werden. Welche Alternativen gibt es für eine Friedhofserweiterung? An der Stelle mit den Frankengräbern könnte ein Bestattungswald entstehen, sagt Schulz. Die entsprechenden Urnen werden nur 80 Zentimeter tief eingegraben. Zwar könnten Baumwurzeln die Gräber auch beschädigen, aber das sei Natur und hinnehmbar. Beim Bau der Wege und des Parkplatzes wären auch Mitarbeiter von Schulz anwesend, aber das wäre bei Weitem nicht so teuer, sondern eher „Service des Hauses“. Alternativ schlägt Schulz eine Erweiterung am südlichen Ende des Friedhofs vor. Das ist aus der Sicht von Oberkonservator Schulz unproblematisch.

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