Rhein-Pfalz Kreis Den kürzeren Faden kreativ ziehen

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Mutterstadt. Das Künstlerpaar Jürgen Hatzenbühler und Sabine Amelung haben am Wochenende mit der Lokalen Agenda 21 einen Kunstworkshop gestartet. Dabei führten sie rund 30 Teilnehmer in behutsamer, spielerisch-künstlerischer Weise an das abstrakte und vielschichtige Thema Nachhaltigkeit heran. Im Seniorentreff in Mutterstadt, der als Atelier diente, wurde innerhalb von drei Stunden so mancher Kreativschatz gehoben. Die Teilnehmer nahmen manchen Denkanstoß mit nach Hause.

„Zwei Streifen schneiden, ineinander stecken und dann habe ich einen Fuß,“ murmelt Franziska Pommerening vor sich hin, zweifelt aber noch an der Umsetzbarkeit ihrer Idee. Nach einer kleinen Einführung, was Nachhaltigkeit ist, und der Erläuterung der Idee, sich dem Thema auf künstlerische Weise zu nähern, befindet sich der Workshop inmitten seiner ersten praktischen Übung. Jeder Teilnehmer ist mit einem Stück Tonpapier und einer Schere ausgerüstet – keine weiteren Hilfsmittel. Die Aufgabenstellung des Künstlerpaares lautet kurz und knapp, etwas Stabiles zu bauen. Es wäre sicherlich kein Workshop zum Thema Nachhaltigkeit, wäre an diese Aufgabe nicht noch eine weitere Bedingung geknüpft: Das ganze Papier muss verarbeitet werden, es dürfen keine Reste entstehen. Kurze Bedenkpause bei den Hobbybastlern im Saal, dann ein geschäftiges Schnippseln, Papierknicken, Ineinanderstecken. Interessierte Blicke zum Nachbarn. „Warum ist der Turm dahinten zusammengefallen?“, fragt Hatzenbühler amüsiert. Gelächter. „Den baue ich wieder zusammen“, entgegnet Sandra Braun, die als Erzieherin eigentlich öfter mit diesen Materialien arbeitet, aber bei dieser Übung auf den sicherlich hilfreichen Klebstoff bewusst verzichten muss. Sie war nicht die Einzige mit diesem Problem. Zwanzig Minuten später sind höchst kreative und in der Höhe beachtliche Papierbauwerke entstanden – filigrane Türme in grün, im Empire-State-Building-Stil oder eine Art Röhre mit an ein Feuerwerk erinnernde Papierfransen in Orange. Franziska hat sich für eine komplizierte Verschachtelung von Dreiecken entschieden. Bereits diese Exponate seien Sinnbild der Lehre dieser Übung, verrät Hatzenbühler, denn sie demonstrieren den Reichtum an verschiedenen Möglichkeiten, die Aufgabenstellung umzusetzen. Bei so manchem hört man direkt das Klicken im Kopf. „Mit wenigem etwas schaffen, das Wert hat“, auch das verdeutlicht die Übung, fügt Amelung hinzu. Abschließend ist dann noch jeder Teilnehmer aufgefordert, ein Papierfähnchen an sein Bauwerk zu stecken mit Worten zur Nachhaltigkeit. Eines haben die Workshop-Besucher bereits gelernt: Aus einer Sache (Stück Papier) das Optimale herauszuholen, keine Reste zu lassen. Die Botschaft sei einfach und verblüffend alltagsnah, denn Reste im (Künstler-) Alltag seien teuer, und Ziel sei eben, Ressourcen optimal auszunutzen, bekräftigen die Workshop-Leiter. Bedächtiges Nicken im Saal. Auf einer Fahne steht denn auch: Nachhaltigkeit erfordert Überlegung. „Das Ziel der Lokalen Agenda ist, mit solchen Projekten neue Zielgruppen für Nachhaltigkeit zu interessieren“, erklärt Brigitte Dittrich-Krämer, Sprecherin der Lokalen Agenda 21 in Mutterstadt und zusammen mit ihrer Tochter Julia selbst Mitbastlerin an diesem Nachmittag. Sich mit der Thematik auf ungewohnte, neue Weise auseinanderzusetzen, das sei ihre Motivation gewesen. Hierfür habe sie das Künstlerpaar Hatzenbühler und Amelung – keine Neulinge auf dem Gebiet – als Workshopleiter gewonnen. „Wir wollen mit Kunst einen Zugang zu dem abstrakten Begriff ermöglichen, ihn erfahrbar machen“, fügt der Künstler hinzu, der mit seiner Frau seit 18 Jahren in Limburgerhof ein Atelier und seit Kurzem auch eine Malschule führt. Nächster Praxistest: Bei der „Woll-Übung“ geht es speziell um den Umgang mit knappen Ressourcen und die gemeinsame Problemlösung. Die Teilnehmer müssen umdenken, zuhören oder teilen. Es funktioniert. Am Ende haben sie es geschafft, mit je einem zwei Meter langen Wollfaden und sechs weiteren kürzeren Fäden Porträts, Landschaften oder Spiralen kunstvoll auf ein Papier zu kleben. Die Ergebnisse überraschen. „Die hat aber schöne Locken bekommen“, entfährt es Edda Hänsler, die sichtlich Spaß bei der Übung hatte. „Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.“ „Toll!“, lautet ein anderer Kommentar beim Begutachten der Werke. Wieder werde klar, dass es unterschiedliche Vorgehensweisen gebe, sich einem Problem zu nähern, betont Hatzenbühler. Die entstandenen Kunstwerke sollen der Mutterstadter Öffentlichkeit nicht vorenthalten werden, lautete die Leitlinie von Anfang an – von und für Mutterstadter. Der passende Rahmen dafür ist derzeit in Planung.

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