Neustadt Haßloch: Vorbestrafter Asylbewerber bleibt in der Gemeinde

Die Entscheidung der Kreisverwaltung Bad Dürkheim (unser Foto), den straffällig gewordenen Somalier der Gemeinde Haßloch zuzuwei
Die Entscheidung der Kreisverwaltung Bad Dürkheim (unser Foto), den straffällig gewordenen Somalier der Gemeinde Haßloch zuzuweisen, ist laut Kreisrechtsausschuss nicht zu beanstanden.

Haßloch/Bad Dürkheim: Die Gemeinde Haßloch muss einen wegen Sexualdelikten vorbestraften Asylbewerber aus Somalia weiterhin unterbringen. Der Kreisrechtsausschuss hat den Widerspruch der Gemeinde gegen die Zuweisung des Mannes durch die Kreisverwaltung zurückgewiesen.

Im September 2013 war ein Asylbewerber aus Somalia dem Kreis Bad Dürkheim zugewiesen worden. 2014 wurde der Mann wegen Sexualdelikten zu drei Jahren Haft verurteilt, die er im August 2017 verbüßt hatte. Der Kreis Bad Dürkheim wies ihn anschließend der Gemeinde Haßloch zur Unterbringung zu. Wegen Rückfallgefahr und besonderer Aggressivität aufgrund einer Psychose unterliegt der Mann der Führungsaufsicht, dem Überwachungsprogramm „Visier“ des Landes (Vorbeugendes Informationsaustauschsystem zum Schutz vor Inhaftierten und entlassenen Rückfalltätern) und der gerichtlich angeordneten Betreuung.

Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht

Die Gemeinde hatte unmittelbar nach der Zuweisung des Somaliers gegen die Entscheidung des Kreises Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Trier einen Eilantrag gestellt. Sie berief sich auf ihr kommunales Selbstverwaltungsrecht: Ihr stehe zum Schutz ihrer Einwohner ein „Abwehrrecht gegen die Zuweisung“ zu. Nachdem das Verwaltungsgericht den Eilantrag abgelehnt hatte, legte die Gemeinde Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz ein. Das OVG wies die Beschwerde im November 2017 zurück und entschied, dass die Zuweisung des Mannes nach Haßloch nicht zu beanstanden sei, auch wenn er als rückfallgefährdet gelte. Unter anderem stellte das OVG in seiner Begründung fest, dass die Zuweisungsentscheidung nicht gegen das kommunale Selbstverwaltungsrecht Haßlochs verstoße. Aus dieser in der Verfassung verankerten Garantie folge kein Abwehrrecht der Gemeinde gegenüber einer Maßnahme, die das Wohl der Einwohner gefährde, so das OVG.

Gleiche Kontrollen wie bei einem Deutschen

Die Gewährleistung der Sicherheit vor straffällig gewordenen und nach Verbüßung ihrer Haftstrafe noch gefährlichen Menschen gehöre zu den Aufgaben, die gesetzlich nicht den Gemeinden, sondern anderen – staatlichen – Stellen zugewiesen seien. Insofern müsse die notwendigen Maßnahmen des Strafrechts, des Polizei- und Ordnungsrechts, des Betreuungsrechts und gegebenenfalls Maßnahmen nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen ausschließlich der Staat treffen. Dementsprechend unterliege ein gefährlicher Asylbewerber den gleichen Kontrollmaßnahmen wie ein Deutscher in einem vergleichbaren Fall. Bürgermeister Lothar Lorch (CDU) hatte bereits im vergangenen Jahr deutlich gemacht, dass sich die Gemeinde mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln gegen diese Zuweisung wehren werde. Gleichwohl hatte Landrat Hans-Ulrich Ihlenfeld (CDU) mehrfach betont, dass Kreis und Gemeinde in diesem Fall „im selben Boot“ sitzen, weil beide der Ansicht sind, dass das Land in der Pflicht steht, für eine sichere Unterbringung des Somaliers zu sorgen.

Aufnahme von Asylbewerbern Pflichtaufgabe einer Kommune

Unabhängig vom – abgelehnten – Eilantrag beim Verwaltungsgericht Trier lief das Hauptsache-Verfahren weiter: Die Gemeinde hatte gegen den Zuweisungsbescheid der Kreisverwaltung Widerspruch eingelegt, über den jetzt der Kreisrechtsausschuss entschieden hat. Das dreiköpfige Gremium, teilte die Vorsitzende des Kreisrechtsausschusses (KRA) Dorothee Wersch gestern auf Anfrage der RHEINPFALZ mit, hat den Widerspruch der Gemeinde aus rechtlichen Gründen zurückgewiesen, die sich weitgehend mit der Argumentation des OVG Koblenz decken. Auch nach Ansicht des KRA werde die in der Verfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung nicht verletzt. Die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern sei eine durch Landesgesetz festgelegte Pflichtaufgabe einer Kommune – „eine ureigene Aufgabe, die den Gemeinden durch das Landesaufnahmegesetz übertragen worden ist“, wie Wersch erklärte. Insofern könne die kommunale Selbstverwaltung von einem Verwaltungsakt wie der Zuweisung eines Asylbewerbers nicht berührt sein.

Lorch: Gemeinde erhebt zur Wahrung der Frist Klage

Auf Anfrage teilte Haßlochs Bürgermeister Lorch gestern mit, dass gegen den Widerspruchsbescheid des KRA innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht Neustadt erhoben werden könne. Die Gemeinde beabsichtige, zur Wahrung dieser Frist Klage zu erheben. Ob die Klage aufrecht erhalten bleibt, werde Beratungsgegenstand der nächsten Sitzung des Haupt-, Finanz- und Wirtschaftsförderungsausschusses am 21. März sein.

Widerspruchsverfahren gegen Ausreiseverfügung

Wie berichtet, ist der Asylantrag des Somaliers inzwischen rechtskräftig abgelehnt. Die Kreisverwaltung hat deshalb eine Ausweisungsverfügung gegen ihn erlassen, gegen die er Widerspruch eingelegt hat. Wersch erläuterte das weitere Verfahren: Sobald der Somalier seinen Widerspruch begründet hat – was noch nicht erfolgt ist –, prüft zunächst die Ausländerbehörde des Kreises im sogenannten Abhilfeverfahren, ob die Verfügung möglicherweise aufgehoben werden muss. Kommt die Behörde zum Schluss, dass die Entscheidung rechtmäßig war, wird der Widerspruch in einer Sitzung des Kreisrechtsausschusses verhandelt. Sollte der KRA den Widerspruch des Somaliers zurückweisen, kann er vor dem Verwaltungsgericht klagen. Wie berichtet, kann der Mann aber – nach derzeitigem Stand – auch bei einem für ihn negativen Ausgang des Verfahrens nicht in sein Heimatland abgeschoben werden, weil Somalia sich weigert, Staatsangehörige wieder aufzunehmen, deren Asylantrag in Deutschland abgelehnt worden ist.

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