Ludwigshafen Schwermütige Plattitüden

Als Teil von Wolfsheim hat Peter Heppner die späte Phase des deutschen Synthiepop geprägt. Auch als Solokünstler konnte er mit Hits wie „Die Flut“ achtbare Erfolge landen. Bei seinem Akustik-Konzert im Mannheimer Capitol präsentierte er seine elektronischen Songs in einem reduzierten Gewand.

Seine zahlreichen Fans im Publikum hat Peter Heppner an diesem Abend im Capitol zumindest restlos begeistert. Selten hat es in dem historischen Kinohaus einen vergleichbar frenetischen Schlussapplaus gegeben, selten waren die Forderungen nach einer Zugabe lauter zu hören. Der Hamburger Komponist und Sänger hat mit seiner Mischung aus Dark Wave und Pop offensichtlich einen Nerv beim deutschen Hörer getroffen. Bedeutungsschwangere Texte, vorgetragen mit sonorer Grabesstimme, das scheint im Land der Melancholiker und Sinnsucher immer gut zu funktionieren. Künstler wie Unheilig oder Schiller landen mit ihrem ähnlichen Ansatz jedenfalls genau wie Heppner bereits seit Jahren beachtliche Erfolgen in den hiesigen Albumcharts. Das ist nicht immer leicht zu verstehen. Der Abend im Capitol ist eine Station seiner Akustik-Tour, auf der Heppner nur von einem Trio aus Schlagzeug, Flügel und Akustikgitarre begleitet wird, das sich den ganzen Abend über dezent und minimalistisch im Hintergrund halten wird. Passend dazu inszeniert er sich als lässig nachdenklicher Liedermacher – das Weinglas stets griffbereit, die Kippe qualmend im Mundwinkel, während sich die Hand immer wieder durch die grau melierten Haare fährt. Man lauscht aufmerksam den Texten und kommt bald aus dem Stirnrunzeln nicht mehr heraus. Heppner reimt das Offensichtliche auf noch Offensichtlicheres und versucht einem Banalitäten als Tiefsinniges zu verkaufen. „Viel zu lang hast du gesucht / Doch keinen Weg gefunden / Du hast schon alles versucht / Dich bis zum Schluss gewunden / Bis du begreifst, es ist vorbei.“ Es geht meistens um Abschied oder Trennung, verpackt in Lyrik zwischen Selbstermunterung und Selbstbeweihräucherung, wie man sie in manchen Formulierungen genauso schon tausendmal gehört zu haben meint. Liedgewordene Zeilen aus einem Poesiealbum für Erwachsene. Das ist nicht immer so drastisch. Der Song „Die Flut“, den Heppner mit Joachim Witt, einem weiteren dieser Düsterfürsten des deutschen Pop, geschrieben hat, umschifft die lyrischen Kliffs recht souverän und funktioniert gerade auch in der sparsam instrumentierten Version an diesem Abend richtig gut. Konzertflügel und akustische Gitarre geben dem Lied die notwendige Erdung und befreien ihn aus dem kitschigen und epischen Synthesizer-Bombast der Originalversion. Rätselhaft bleibt zudem, warum Heppner immer wieder auch englischsprachige Texte schreibt. Ist er schon in seiner Muttersprache nur ein guter bis bisweilen durchschnittlicher Texter grenzen seine englischen Zeilen mitunter schlicht an ungewollte Ironie. Das ist ein solches Schulenglisch, unbeholfen zusammengewürfelt, damit es ja in die entsprechende Versform passe. Geschrieben zudem ohne jegliches Gespür für die besondere Form von Rhythmus und Betonung, die jeder Sprache nun einmal zu Eigen ist. Die nicht gerade geschliffene Aussprache Heppners trägt zu guter Letzt auch nicht dazu bei, dass man diesen Songs ohne Skepsis zuhören kann. Vielleicht muss man ein Fan dieser in Deutschland so beliebten Mischung aus Dark Wave, Synthie-Pop und Gothic-Elementen sein, um jene Faszination, die von den Heppners, Witts und Schillers ausgeht wirklich verstehen zu können. Ansonsten bleibt man angesichts dieser als morbid und schwermütig verkauften Plattitüden etwas ratlos zurück.

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