Ludwigshafen Magier des Klavierklangs

Für ein musikalisches Ereignis hat Sergei Babayan mit Rachmaninows drittem Klavierkonzert beim Sinfoniekonzert der Mannheimer Philharmoniker gesorgt. Bei der sensationellen Aufführung sind ihm die jungen Philharmoniker unter Boian Videnoffs Leitung exzellente Partner gewesen.

Das dritte von Rachmaninows vier Klavierkonzerten, denen sich noch die Rhapsodie über ein Paganini-Thema für Klavier und Orchester zurechnen lässt, gehört zu den verwegensten Virtuosenstreichen der Klavierliteratur und flößt den meisten Pianisten heiligen Schauer ein. Zu ihnen gehört offenbar nicht der mittlerweile an den renommiertesten Konzertstätten weltweit gefeierte armenisch-amerikanische Künstler Babayan, unter anderem Klavierduo-Partner von Martha Argerich. Denn ihm schienen jetzt im Musensaal die exorbitanten Forderungen von Rachmaninows Konzert keinerlei Schwierigkeit zu bereiten. Babayan schüttelte sämtliche pianistischen Hexenmeistereien gleichsam aus dem Ärmel, servierte die halsbrecherischen Läufe und majestätisch donnernden Akkordkaskaden mit verblüffender Selbstverständlichkeit. Seine Artikulation blieb auch bei schwindelerregenden Geschwindigkeiten dank einem unerhört bravourösen Fingerspiel und einem Handgelenkstaccato von stählerner Härte und frappanter Elastizität exemplarisch klar. Es ging aber nicht lediglich (und auch nicht vorrangig) um Technik und instrumentale Drahtseilakte. Vielmehr präsentierte Babayan eine musikalisch durchdachte, hochsensible Wiedergabe von Rachmaninows Konzert, legte das spätromantische Empfinden der Komposition, ihre melancholische lyrische Inspiration höchst sensibel mit verfeinertem Detailgespür frei. Zudem verstand er es großartig, das Klavier zum Klingen und, was beim Tasteninstrument noch beeindruckender erschien, auch zum Singen zu bringen. Dies sofort beim ersten Einsatz: beim volksliedhaften Hauptthema des Kopfsatzes, das diesmal ganz still, versunken, schlicht und anrührend daherkam. Dass es sich bei Babayan um einen Zauberer des Klavierklangs handelt, offenbarte dieser Anfang unmissverständlich. Auf Rachmaninow folgte Bach: die Aria Variata, der erste Satz seiner „Goldberg-Variationen“, und demonstrierte eine andere Facette von Babayans Kunst. Da hätte die Disposition der polyphonen Vorgänge nicht prägnanter, die Wiedergabe der cembalistischen barocken Verzierungen nicht eleganter, der Klang nicht geschmeidiger sein können. Vorbildlich begleitet wurde der Solist bei seinem pianistischen Parforceritt von den Mannheimer Philharmonikern und dem am Pult konzentriert, mit ebenso beredter wie präziser Zeichengebung agierenden Boian Videnoff. Die Kommunikation zwischen Solist und Orchester geriet durchweg intensiv und vielschichtig. Bei Elgars 14 Variationen über ein eigenes Thema, „Enigma-Variationen“, zeigte das Orchester sein überaus bemerkenswertes spielerisches Potential. Die Charaktervariationen, klingende Porträts aus dem Freundeskreis des Komponisten, erhielten stets plastisches Profil und nahmen die Zuhörer durch Bravour und Esprit der Wiedergabe gefangen.

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