Ludwigshafen Gemütliches Sofa statt gähnender Leere

Gemütlich eingerichtet: Künstlerin Nicoleta Steffan in „ihrer“ Wohnung. Sie wird Besucher am Wochenende über das Projekt informi
Gemütlich eingerichtet: Künstlerin Nicoleta Steffan in »ihrer« Wohnung. Sie wird Besucher am Wochenende über das Projekt informieren.

Staunende und zufriedene Gesichter tummeln sich am Freitagmittag in der Innenstadt. Wo vor Tagen noch ein trister leerer Laden war, empfängt nun ein kleiner Vorgarten mit grünem Kunstrasen die neugierigen Besucher. Wer eintritt, staunt noch mehr. Wo bisher gähnende Leere herrschte, sind nun frisch gestrichene Wände und ein paar Möbelstücke verteilt. Wer weiterläuft, kommt in einen Lichthof – nun ein Künstleratelier. Nicoleta Steffan heißt die vorübergehende Bewohnerin der Bismarckstraße 53. Passanten haben die Künstlerin schon staunend beobachtet, als sie in den vergangenen Tagen etwa ein Sofa hierher schleppte. Um es richtig wohnlich zu haben, hat sie am Eingang auch ein Schild angebracht: „Bitte dreimal klopfen.“ Das muss aber übers Wochenende niemand tun. Die Künstlerin, die vergangenes Jahr auch schon bei der Wow-Art-Reihe mit Leerstandskunst in der Stadt aktiv und engagiert war, hofft auf möglichst viele Besucher. Denn bis zum Sonntagnachmittag wird sie über das Projekt „Leben im Laden“ informieren und anhand ihrer Einrichtung zeigen, was sich mit Leerständen machen lässt. „Ich habe hier alles so eingerichtet, wie ich es bei meiner Atelier-Wohnung tatsächlich machen würde“, betont Steffan. Ihr Atelier im hinteren Bereich des Ladens enthalte alle Arbeitsmaterialen: „Ich male auf dem Boden, daher sieht man nur Farben und keine Staffelei.“ Aber die Künstlerin geht nicht mit der Erwartung ins Wochenende, dass sie viel arbeiten wird: „Ich möchte ja für alle Bürger und Neugierigen ansprechbar sein und viel über das Projekt erzählen.“ Dieses hat in den vergangenen Jahren unter dem Namen „ExWost: Experimenteller Wohnungs- und Städtebau“ die städtischen Gremien schon mehrfach beschäftigt. Ziel des vom Landes-Finanzministerium mit 65 Prozent geförderten Programms ist die Belebung der mittleren Bismarckstraße zwischen Bahnhof- und Kaiser-Wilhelm-Straße. Stadtplaner Michael Kleemann hat mit seinem Landauer Büro Stadtimpuls den Auftrag für das 120.000 Euro teure und auf zwei Jahre angelegte Projekt bekommen. Er hat in den vergangenen Monaten viele Gespräche mit den Eigentümern der Immobilien geführt und auch mit Fragebogen abgeklopft, welche alternative Nutzungen diese mittragen würden. Einen ersten kleinen Erfolg verkündete er im November im Stadtentwicklungsausschuss: In der Bismarckstraße 51 soll ein hochwertiges Café eröffnet und der Leerstand entsprechend umgebaut werden. Diese Idee werde immer noch weiterverfolgt, sagte Kleemann. Volker Adam, Bereichsleiter Stadtentwicklung, ergänzte: „Es gibt eine Baugenehmigung, jetzt warten wir, wie es umgesetzt wird.“ Beide waren gestern stolz, mit geladenen Gästen die Informationstage für „Leben im Laden“ zu eröffnen. „Es ist toll, wie es geworden ist. Denn durch so eine Aktion werden die Ideen anschaulich“, meinte Adam. Ähnlich stolz und fröhlich zeigte sich Kleemann. Er sei froh, dass seine Bemühungen nun zu einem zweiten Ergebnis geführt hätten. Der Besitzer der Bismarckstraße 53 – ein luxemburgischer Immobilienfonds – sei für seine Ideen offen gewesen, aus dem Laden eine Wohnung zu machen. Die 200 Quadratmeter große Grundfläche zieht sich L-förmig bis zur Amtsstraße. „Hinten raus hat man ruhige Schlafräume, das Dach im Lichthof kommt weg für eine Terrasse, und vorne können Küche und Wohnzimmer sein“, skizzierte er. Die Lage sei günstig für Wohngemeinschaften, aber auch für Selbstständige, die hier Wohnen und Arbeiten kombinieren könnten. Das ExWost-Projekt sei für die Eigentümer auch deshalb spannend, da es einschließlich der städtischen Fördermittel Umbau-Zuschüsse in Höhe von 90 Prozent gebe. Kleemann sagte, er hoffe, dass die Ideen für die Bismarckstraße im Jahr 2019 umgesetzt werden können. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) war ebenfalls richtig begeistert: „Wir wollen den Nutzungswandel in der Innenstadt begleiten und sehen mit diesem Beispiel, was alles möglich ist.“ Wichtig sei, die Grundskepsis, man könne in der Innenstadt nicht wohnen, zu überwinden. Diesen Aspekt unterstrich auch Herbert Sommer vom Finanzministerium. Er lobte die Stadtverwaltung: „Diesen Ansatz macht noch niemand in Rheinland-Pfalz.“ Es sei aber wichtig, Neues auszuprobieren, wenn man merke, die Geschäfte stehen leer. Vom Ludwigshafener Konzept zeigte er sich angetan: „Das kann gelingen.“ Termin Wer sich informieren möchte, kann heute und morgen von 11 bis 16 Uhr in die Bismarckstraße 53 kommen.

Extra mit kleinem Vorgarten: der Eingang zur Bismarckstraße 53.
Extra mit kleinem Vorgarten: der Eingang zur Bismarckstraße 53.
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