Ludwigshafen „Es geht um das richtige Maß“

Direkte Information: Spaziergang in einem Darm-Modell.
Direkte Information: Spaziergang in einem Darm-Modell.
Herr Riemann, was haben Sie heute denn schon für Ihre Gesundheit getan?

Ich habe gut gefrühstückt. Dazu gehörte ein Müsli und belegtes Roggenbrot. Und danach habe ich mich bewegt. Ich bin gelaufen, auch bei Regen, um fit zu bleiben. Und was muss ich mit Blick auf den Darm beachten? Es ist grundsätzlich gut, wenn man sich überlegt, wie man seinen Tag gestaltet. Das betrifft etwa die Ernährung. Sie sollte ausgewogen und vor allem abends nicht zu voluminös und kalorienreich sein. Hinzu kommt Bewegung. Sie ist das A und O der Prävention überhaupt, nicht nur für den Darmkrebs. Dabei genügt es, wenn man pro Tag 30 bis 40 Minuten geht. Man muss nicht unbedingt joggen, aber es sollte auch kein Schaufensterbummel sein. Warum verfolgt Sie eigentlich das Thema Darmkrebs auch noch in Ihrem Ruhestand? Es hat mich mein ganzes Berufsleben beschäftigt, und Darmkrebs ist auch heute noch ein zentrales Thema für mich. Denn meiner Meinung nach gibt es jedes Jahr noch viel zu viele Darmkrebsneuerkrankungen, und zu viele Menschen sterben daran. Und das, obwohl wir bereits heute gute Präventionsmöglichkeiten haben. Aber Prävention ist ja nun nicht gerade ein Thema, bei dem alle hier rufen. Richtig. Die Teilnehmerraten sind noch steigerungsfähig. Für uns als Stiftung gilt: Wenn ich jemanden informieren und motivieren möchte, muss ich ihm gute Angebote machen. Da gibt es etwa den neuen immunologischen Stuhltest, der besser ist als der bisherige, oder aber für alle, die das Ergebnis gleich wissen wollen, die Darmspiegelung. Mit ihr erreichen wir pro Jahr aber nur zwei bis drei Prozent aller 50- bis 70-Jährigen, die ja auf diese Prävention einen Anspruch haben. Da spielen sicher Ängste eine große Rolle. Wie können Sie solche Ängste nehmen? Stimmt, Angst ist ein zentraler Grund, nicht zur Prävention zu gehen. Manche haben Angst, dass etwas entdeckt wird, was für sie schwerwiegende Folgen haben könnte. Manche interessieren sich aber auch einfach nicht dafür oder verdrängen Vorsorge. Anderen fehlen die passenden Angebote, oder sie gehen erst zur Prävention, wenn sie Symptome spüren. Schreckt nicht vor allem die Darmspiegelung viele ab? Für mich ist klar, und das sollten wir auch der Bevölkerung klar machen: Man braucht vor den Untersuchungen keine Angst haben. Auch nicht vor der Darmspiegelung. Mittlerweile muss man nur noch einen Liter Flüssigkeit als Vorbereitung nehmen, früher waren es drei, vier. Die schmeckt zwar nicht wie zum Beispiel eine Weinschorle, ist aber gut trinkbar. Und eine Spiegelung erfolgt in der Regel unter Narkose; die Komplikationsrate ist verschwindend gering. Ängste sind zwar verständlich, aber nicht mehr angebracht, zumal bei unauffälliger Untersuchung erst nach zehn Jahren eine Kontrolle angeraten wird. Und das ist Kernaufgabe der Stiftung. Genau. Für uns wird auch weiterhin viel zu tun sein, auch wenn mit dem neuen Gesetz ab 2019 jeder ab 50 schriftlich zur Prävention eingeladen wird. Aber dies heißt ja nicht, dass die Menschen auch wirklich gehen. Wir müssen sie weiterhin motivieren und informieren. Wichtig sind dabei Vorbilder. Wir haben kürzlich einen Aufklärungsclip mit Ex-Rallye-Weltmeister Walter Röhrl gedreht, in dem dieser zur Darmkrebsprävention aufruft. Das Video kam super an. Zu sehen ist es auf dem You-Tube-Kanal der Stiftung Lebensblicke. Die Stiftung feiert nun 20. Geburtstag. Das Motto lautet „Viel erreicht – Noch nicht am Ziel“. Wie meinen Sie das? Wir haben in der Tat schon einiges erreicht, auch politisch mit dem neuen Stuhltest oder dem Krebsfrüherkennungsregistergesetz. Aber am Ziel zu sein würde heißen: Darmkrebs ist keine häufig vorkommende Krankheit mehr. Noch aber tritt Darmkrebs immer noch sehr häufig auf und ist eine sehr ernste Erkrankung. Das müsste nicht sein, wenn alle die Prävention aktiv angingen. Bei Ihrer Feierstunde am Freitag wird auch gut gegessen und sicher ein schöner Tropfen getrunken. Ist das eine zentrale Botschaft Ihres Präventionsansatzes, dass gesund nicht nur Verzicht und Askese bedeutet? Genau. Gesundes Leben heißt nicht Verzicht und Fasten. Man darf sich immer wieder mal etwas gönnen und ruhig mal abends ein Glas Wein trinken. Mit dem erhobenen Zeigefinger aufzutreten, bringt überhaupt nichts. Was kann oder sollte denn jeder für sich selbst tun? Jeder kann dafür sorgen, dass er sich gesund ernährt. Also nicht zu viele Kalorien, nicht zu viel Fett und nicht zu viele Kohlenhydrate. Man darf auch eine Haxe essen, wenn man an den anderen Tagen wieder vernünftig isst. Oder man darf abends ein oder zwei Gläser Wein trinken – solange es nicht jeden Abend zwei oder mehr Gläser sind. Hinzu kommt: Bewegung, Bewegung und nochmals Bewegung. Ich stimme auch Eckart von Hirschhausen zu, der uns eine Videobotschaft überbringt: Wer lacht, hat mehr vom Leben. Es geht um das richtige Maß. Hilfreich sind: ordentlich essen, sich regelmäßig bewegen, lachen und Gemeinschaft suchen. Der Mensch ist kein Einzelgänger. Ihr Wunsch für die nächsten 20 Stiftungsjahre? Dass der derzeit erkennbare Trend anhält, dass die Zahl der Neuerkrankungen weiter rückläufig bleibt. Denn klar ist: Wenn Darmkrebs auftritt, bedeutet das für die Patienten sehr viel Leiden. Das muss nicht sein. Daher wollen wir die Zahl der Neuerkrankungen weiter reduzieren, womit gleichzeitig die Zahl derjenigen zurück geht, die noch an Darmkrebs sterben müssen. Sie haben Eckart von Hirschhausen schon erwähnt. Bei der Feierstunde tritt auch Giulia Enders auf, die Autorin des Bestsellers „Darm mit Charme“. Sind solche Menschen, die medizinische Themen leicht verständlich und humorvoll erklären, nicht wie ein Sechser im Lotto für Sie? Ja, natürlich. Das sind Volltreffer. Sie unterstützen uns, haben große Netzwerke und erklären das Thema gut. Das sind echte Zugkräfte. Wir brauchen solche Vorbilder, zu denen die Menschen einen Draht haben.

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