Ludwigshafen Erfolgsgeschichten mit Frauenpower: Festival im Kulturzentrum

Die Rapperin Nora OG tritt entgegen der üblichen Frauenbilder im Dancehall als selbstbewusste Musikerin auf, die sich ihren Plat
Die Rapperin Nora OG tritt entgegen der üblichen Frauenbilder im Dancehall als selbstbewusste Musikerin auf, die sich ihren Platz in der Szene ganz selbstverständlich nimmt.

Corona hat das (F)empower Fest im Ludwigshafener Haus vor der Premiere mächtig durcheinandergewirbelt. Drei Mal mussten die Macher das Festival neu planen. Seit gestern ist die dritte Version festgeklopft, und am Samstag stehen gesellschaftspolitische und künstlerische Frauenthemen im virtuellen Rampenlicht.

Das Format ist ungewöhnlich: Ein Kursfestival mit sechs Workshops und Podiumsdiskussion. Abends klingt es mit einer Lesung und Musik aus. „Inspiriert hat uns das internationale Frauenfest Ludwigshafen sowie das queerfeministische Lady-Fest aus Heidelberg und Mannheim“, berichtet die Organisatorin Jaqueline Mellein vom Kulturzentrum Das Haus. Ehrgeizig ist der Anspruch von (F)empower, dessen Motto auch Programm ist: In dem Wortspiel sind die englischen Begriffe Female und empower versteckt, die übersetzt „Frau“ und „stärken“ bedeuten. „Das Festival soll Frauen aller Generationen ansprechen und die Vielfalt dessen abbilden, was Ludwigshafen an Frauenpower zu bieten hat“, verspricht die Organisatorin.

An der Spitze der weiblichen Hip-Hop-Szene

Eigentlich wäre das Fest im vergangenen März als dreitägige Live-Veranstaltung im Kulturzentrum Das Haus über die Bühne gegangen. Wegen der Pandemie fiel es nach einem halben Jahr Vorarbeit aus. Seit Ende November wurde fieberhaft an einer Corona-gerechten Variante getüftelt, die das vom BASF-Kulturförderprogramm Tor 4 finanzierte Event auf einen Tag abspeckt und online abbildet. Für das Abendprogramm konnten mit Layla, Rola und Cahmiri drei Musikerinnen gewonnen werden, die zur Spitze der weiblichen Hip-Hop- und Soul-Szene zählen. Kurzfristig fielen aber deren Gastspiele, die von Berlin aus per Livestream gesendet worden wären, ins Wasser. „Die Konzerte ließen sich in der Kürze der Zeit aus technischen Gründen und wegen der aktuellen Hygienevorschriften nicht umsetzen“, bedauert Mellein.

Speed-Dating im Workshop

Doch innerhalb eines Tages fand die Kulturmanagerin gestern adäquaten Ersatz: Mit Nora OG wird eine in Mannheim lebende Nachwuchs-Sängerin auftreten, die musikalisch im Dancehall-Reggae, Hip-Hop und Elektro-Pop beheimatet ist. „Wie auch in der Rapszene trifft man auch im Dancehall leider oft auf problematische Frauenbilder. Nora OG stellt sich mit ihrer Musik und Bühnenshow gegen dieses Bild und agiert als selbstbewusste junge Frau, die sich ihren Platz in der Szene ganz selbstverständlich nimmt“, beschreibt Mellein die feministische Musikerin.

Sexismus im Comic

Mit dieser Ausrichtung passt Nora OG in das Gesamtkonzept des Festivals, das heutige Frauenrollen in vielen Facetten beleuchtet. Wie sich Frauen in der Wirtschaft behaupten, erfahren die Teilnehmerinnen etwa im Online-Workshop, den sechs Frauen-Netzwerkerinnen der BASF in Form eines Speed-Dating anbieten. Ein Workshop zu Comics sensibilisiert für Sexismus und Rassismus, in dem eigene Held*innen entworfen werden. Wer etwas zu sagen hat, lernt in anderthalb Stunden, wie man Podcasts produziert. Ob es Unterschiede zwischen „männlicher“ und „weiblicher“ Macht und wenn ja, welche Auswirkungen das hat, fragt die Referentin Petra Mazrek in „Machtbewusst“. Ihre Stimme dürfen die Frauen erheben, wenn sie Atemtechniken und Gesangsübungen machen, um sich mit einer selbstsicheren Haltung ausdrücken zu können.

Erfolgsgeschichten von Migrantinnen

Nach den Kursen, die hauptsächlich von Referentinnen aus der Rhein-Neckar-Region bestritten werden, folgt via Livestream das Fest at Home: Frauenliteratur bietet die Lesung aus der 2020 erschienenen Dokumentation „Mama Superstar“, in der das Schicksal von Migrantinnen als Erfolgsgeschichte geschildert wird. „Das ist eine Realität, die wir auch in Ludwigshafen haben“, meint Mellein und verweist auf die kulturelle Vielfalt der Chemiestadt, in der knapp ein Drittel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund aufweist. Musikalische Frauenpower bringt neben Nora OG die Djane Azlay, die als weiblicher Discjockey seit rund drei Jahren in der Region erfolgreich Hip-Hop auflegt.

Virtueller Gang durchs Haus

Doch wie wandelt man ein Live-Festival in ein virtuelles Event um? Und: Wo liegen die Nachteile und Vorteile des digitalen Formats? Mellein berichtet, das Kulturzentrum sei bei der virtuellen Umsetzung intensiv von der Geschäftsführerin der Heidelberger Kommunikationsagentur Plan W, Johannah Illgner, beraten worden. „Die Teilnehmerinnen betreten unser Kulturzentrum, das im Netz virtuell abgebildet ist. Zu den jeweiligen Uhrzeiten öffnen sich via Zoom separate Räume für die Workshops, in denen die Beteiligten unter sich sein werden.“ Das Abendprogramm wiederum könne über Facebook und Twitch gestreamt werden.

Pinnwand zum Vernetzen

Mellein ist sich bewusst, dass eine reale Veranstaltung bessere Bedingungen bietet, um sich kennenzulernen und zu vernetzen. „Dafür hat uns Plan W eine digitale Pinnwand eingerichtet. Hier können sich alle Akteurinnen mit Foto und Kontaktdaten eintragen. Außerdem wird Illgner zwischen den Workshops kleine Vernetzungsangebote schalten.“ Ein heikler Punkt bei der Vorbereitung war die Frage, ob auch Männer dabei sein dürfen. „Wir haben entschieden, dass die Workshops nur für Frauen zugelassen sind. Hier soll Frau offen und unbefangen über sensible Themen reden können“, sagt Mellein.

Termin

Das virtuelle (F)empower Fest Ludwigshafen findet am Samstag, 30. Januar, von 12.30 Uhr bis gegen Mitternacht statt. Es ist kostenfrei. Für die Workshops ist eine Anmeldung per Mail an dashaus@ludwigshafen.de erforderlich. Das aktuelle Programm findet sich im Netz unter www.dashaus-lu.de

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Djane Azlay legt seit drei Jahren in der Region Hip-Hop auf.
Djane Azlay legt seit drei Jahren in der Region Hip-Hop auf.
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