Südpfalz Profes gibt Ukraine-Geflüchteten Deutschunterricht

Ukrainer müssen erst Deutsch können, bevor sie auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben.
Ukrainer müssen erst Deutsch können, bevor sie auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben.

Fast 60 Prozent der Geflüchteten aus der Ukraine sind Frauen mit Kindern, so das Bundesinnenministerium. Fast alle waren in ihrer Heimat berufstätig und wollen sich auch hier so bald wie möglich in die Gesellschaft einbringen. Doch dazu müssen sie erst Deutsch lernen.

Seit der russischen Invasion in der Ukraine am 24. Februar sind Millionen von Menschen auf der Flucht. Bereits im Mai waren laut Statistik 400.000 Geflüchtete in Deutschland angekommen. Wer einen gültigen Pass hat, darf sich bis zu 90 Tage in Deutschland aufhalten. Weil kein Visum erforderlich ist, gehen die Behörden davon aus, dass Zahl weit höher liegt. Wer länger bleiben möchte, muss sich während dieser Zeit bei der zuständigen Ausländerbehörde melden und bekommt zunächst für ein Jahr eine „Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz“, die bis zu drei Jahre verlängert werden kann.

Ukrainische Geflüchtete müssen kein Asylverfahren abwarten. Sie erhalten direkt eine Aufenthaltserlaubnis mit dem Vermerk „Erwerbstätigkeit erlaubt“. Damit dürfen sie arbeiten oder auch eine Ausbildung beginnen. Auch eine Anstellung als Leiharbeiter oder eine freiberufliche oder selbstständige Tätigkeit ist möglich. Wer Deutsch kann, tut sich auf dem Arbeitsmarkt leichter.

Für die Sprachförderung hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in der Südpfalz den Bildungsträger Profes mit Sitz in Germersheim und Landau beauftragt. Seit 27 Jahren arbeiten Geschäftsführerin Martina Erzberger-Ries und ihr interkulturelles Team an der sprachlichen und beruflichen Integration von Menschen aus vielen Ländern. Mit dem Ziel, jeden nach seinen Bedürfnissen zu fördern und Perspektiven zu schaffen, von der Erstorientierung bis zur Anerkennung akademischer Berufe.

Dozenten gesucht

Mit der ersten großen Flüchtlingswelle 2015 seien alle Beteiligten überfordert gewesen, nun aber gebe es Sprachförderstrukturen, sagt sie im Gespräch. Doch die Infrastruktur sei nach der Welle zurückgefahren worden und musste nun neu aufgebaut werden. Mit der neuen Welle mussten in kürzester Zeit wieder Räumlichkeiten angemietet werden. Es galt, Kirchen, Kommunen, Schulen zu finden, die einzelne Räume zur Verfügung stellen. Und es braucht Dozenten, die nach wie vor gesucht werden. „Bei all dem sind wir nicht frei in der Auswahl“, erklärt Martina Erzberger-Ries. Alles müsse den Qualitätsansprüchen des Bamf entsprechen und werde von Mitarbeitern aus Trier oder Speyer geprüft.

Zum Beispiel sei pro Kursart festgelegt, welche Qualifikation die Dozenten brauchen, um in dieser Stufe unterrichten zu dürfen. Auch die Einstufungstests, nach deren Ergebnis die Teilnehmergruppen gebildet werden, würden vom Bamf überprüft. „Und dann müssen wir hoffen, dass auch alle zum Kursstart kommen, denn wenn wir die geforderte Mindestteilnehmerzahl nicht erreichen, muss der Kurs verschoben werden“, erläutert die Geschäftsführerin.

Frauen hoch motiviert

Dass die Geflüchteten aus der Ukraine europäisch sozialisiert seien und viele ein höheres Bildungsniveau mitbringen, erleichtere die Integration in den Arbeitsmarkt. Auch, dass der ukrainische Führerschein hier ein Jahr lang gültig ist und dann erst eine zusätzliche Qualifikation erforderlich wird.

„Die Frauen aus der Ukraine sind hoch motiviert, sich hier in die Gesellschaft einzubringen und viele fragen nach der Anerkennung ihrer beruflichen Qualifikation“, weiß Marita Schunder als Teamleiterin der Sprachförderung. Derzeit bemühten sich drei Ärztinnen in einem Kurs um die Approbation. Auch auf diesem Gebiet ist Profes kompetent.

Kein Exklusivrecht

Derzeit nehmen 300 Teilnehmer aus der Ukraine an den Sprachkursen bei Profes teil, 250 davon sind Frauen. Dies entspreche rund 20 Prozent aller Kursteilnehmer bei Profes. Sie werden je nach eingestuftem Niveau in 20 Gruppen in Landau, Annweiler, Bad Bergzabern, Bellheim, Schweighofen, Rülzheim, Rheinzabern und Wörth, gemeinsam mit Teilnehmern auch aus anderen Ländern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, unterrichtet. Auch diese Durchmischung ist laut Erzberger-Ries eine Vorgabe des Bamf, ebenso die Richtlinie, dass in jedem Kurs Deutsch die Unterrichtssprache ist: „Es gibt kein Exklusivrecht für Menschen aus der Ukraine.“

Info

Nach einer Befragung des Bundesinnenministeriums (BMI) sind fast 60 Prozent der Geflüchteten Frauen mit Kindern. 92 Prozent waren in der Ukraine berufstätig, davon 57 Prozent in Vollzeit, bevor sie ihr Land verlassen mussten. Das Durchschnittsalter liegt bei 38 Jahren. Nur 32 Prozent sind sicher, dass sie bald in die Ukraine zurückkehren möchten. Befragt wurden knapp 1500 Geflüchtete zwischen dem 25. und 29. März 2022. Mehr zur Umfrage des BMI lesen Sie hier.

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