Radsport Der Mann in Paris mit Pistole und Trillerpfeife

Dann kommt der Pfiff und los geht’s: Andreas Gensheimer (rechts) bei der Arbeit in Paris. Links Emma Hinze und Bundestrainer Jan
Dann kommt der Pfiff und los geht’s: Andreas Gensheimer (rechts) bei der Arbeit in Paris. Links Emma Hinze und Bundestrainer Jan van Eijden.

Nah an den Athleten und Trainern zu sein, das schätzt der Offenbacher Andreas Gensheimer an Bahnmeisterschaften. Beim Zeitfahren steht er auf einem Podest. Was ist eigentlich sein Job bei den Weltmeisterschaften in Paris? Am Sonntag steht er vor einer Sportlerin aus seinem Verein.

Andreas Gensheimer ist gerade wieder für eine Woche in seinem Element. Bei den Bahnrad-Weltmeisterschaften in Paris auf der Olympiabahn von 2024 arbeitet der Offenbacher mit Pistole und Trillerpfeife. Und mit Köpfchen und Geduld. Der Weltradsportverband UCI hat ihn als Starter eingeteilt.

Gensheimer erledigt das mit Ruhe und Routine. Beim Zeitfahren steht er unübersehbar auf einem einen Meter hohen Podest in der Mitte der Halle, beobachtet die Starts und den Verlauf der Rennen und muss im Zweifelsfall entscheiden, ob der Start korrekt war oder nicht. Im Zweifelsfall muss er das Rennen „abschießen“, sprich beenden – etwa wenn sich ein Sturz ereignet oder die Sicherheit auf der Bahn nicht gewährleistet ist. Bei den Massenstartrennen wie Keirin oder Madison dagegen gibt der 46 Jahre alte Schiedsrichter, der im Radsport Kommissär heißt, mit einer Trillerpfeife den Start frei. Er fragt an der Startlinie, ob die Sportler bereit sind. Dann pfeift er und los geht’s.

Der Deutsche unter zehn Kommissären

Gensheimer ist der einzige Deutsche und einzige Starter (und Unterbrecher) im zehnköpfigen Kommissärskollegium unter Leitung des Belgiers Luc Herpelinck auf der Olympiabahn im Pariser Vorort Saint-Quentin-en-Yvelines. Nach Einsätzen in Apeldoorn 2018 und Berlin 2020 agiert er zum dritten Mal bei einer WM der Elite. Nimmt man die Altersklasse U19 hinzu, ist es seine sechste WM.

„Man wird eingeteilt. Es kommt eine E-Mail, in der steht, wir haben dich für die WM vorgesehen“, schildert Gensheimer das Prozedere. Einfluss auf die Entscheidung habe er nicht. Oder vielleicht doch? Nun, ein Kommissär wird an seiner Arbeit gemessen und empfiehlt sich weiter. Der Südpfälzer genießt in der UCI einen guten Ruf, vor allem für den Bahnradsport, so ist sein Eindruck. Eine Vorliebe habe er aber nicht, sagt er. Er arbeite auch gerne bei Straßenrennen. Auf der Bahn schätze er die Nähe zu den Athleten und Trainern. „Ich mag den Bahnradsport“, sagt Gensheimer.

Ein persönliches Ereignis

Gensheimer – das ist ein wohlklingender Name im pfälzischen Radsport. Vater Berthold war ein exzellenter Rennfahrer und engagierte sich später ebenfalls als Funktionär. Bruder Markus ist als nationaler Kampfrichter tätig. Andreas Gensheimer, Familienvater und selbstständiger Versicherungsmakler, führt als Vereinschef den RV Vorwärts 1904 Offenbach, nachdem er den Trainerjob im Verein aufgegeben hatte. „Vor 13 Jahren schafften wir es, wieder mit dem Training für Kinder zu beginnen, und wir machen das nach wie vor mit dem einen oder anderen Erfolg, wie man weiß“, sagt Gensheimer grinsend.

Und dort, wo Gensheimer den Starter gibt, wird er am Sonntag mit der Trillerpfeife auch vor einer Sportlerin aus seinem eigenen Verein stehen: vor Alessa-Catriona Pröpster. Nach dem 500-Meter-Zeitfahren am Samstag wird sie am Schlusstag im Keirin starten.

Nachfolge-GP terminiert

„Ich bin dankbar für das, was ich als UCI-Kommissär alles sehen, erfahren und kennenlernen durfte und darf“, begründet er sein Engagement, mit dem er etwas zurückgeben will. In der Region hatte er zuletzt, am 21. Mai, den „Großen Preis der Südlichen Weinstraße“ mit Start und Ziel am Weintor in Schweigen an der Spitze eines tatkräftigen Teams aus sechs südpfälzischen Vereinen organisiert. Der Nachfolge-GP ist bereits terminiert, und zwar auf den 25. März 2023.

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