Südwestpfalz Auch diesmal wieder sehr früher Zug der Kraniche

Die Kraniche überm Zieglerwald bei Battweiler drehen einige Runden.
Die Kraniche überm Zieglerwald bei Battweiler drehen einige Runden.

Mehr als 600 Kraniche waren am Donnerstag über Rosenkopf und Pottschütthöhe in ihre nordischen Brutgebiete unterwegs. Eine sehr frühe Anreise: Immerhin gibt es selbst bei uns noch Nachtfröste bis minus acht Grad.

Seit Urzeiten gilt die Rückkehr der Kraniche im Volksglauben als Ankündigung des nahenden Frühlings. Doch bereits am sonnigen Wochenende vom 28. auf den 29. Januar haben Patrick Burgard aus Contwig sowie Brigitte und Manfred Becker aus Battweiler das laute Trompeten der Kraniche gehört. Tatsächlich tauchte über Contwig eine Kette von mehr als 50 Vögeln auf, die weiter über den Rosenkopf in Richtung Battweiler und Schmitshausen geflogen sind. Bei ihrer Wanderung an der Klosterruine in Wörschweiler haben Brigitte und Manfred Becker den Ruf der Kraniche vernommen und danach einige Ketten in typischer Keilformation fliegen gesehen. An diesem Sonntag Ende Januar war schon ein erstaunlich starker Flugbetrieb überm Bliesgau in Richtung Moseltal und durch das Zweibrücker Land zu verzeichnen.

Auch jetzt am Donnerstag, bei strahlend blauem Himmel und Sonnenschein, waren die Kraniche in luftiger Höhe unterwegs. Zwischen Stockbornerhof und Zieglerwald bei Battweiler und Reifenberg haben die gefiederten Durchzügler mehrere Runden in völliger Unordnung gedreht: Vermutlich nutzten sie die aufsteigenden Winde durch die Sonnenerwärmung nach der Mittagszeit, um sich in die Höhe zu schrauben, wo sie bessere Flugbedingungen vorfanden.

Tagesstrecken von mehr als 300 Kilometern

Die erfahrenen Vögel im Reisezug suchen nach einem kräftesparenden Weg mit Windunterstützung. Dann können solche Flugformationen eine Geschwindigkeit von 60 bis zu 80 Stundenkilometern erreichen. Sie schaffen Tagesstrecken von 300 Kilometern und bei Rückenwind sogar noch deutlich mehr. Ihre Flughöhen können bis über 1000 Meter hinausgehen. Vogelbeobachter melden, dass am französischen Stausee Lac du Der mit mehr als 20.000 rastenden Kranichen jede Menge Abreise-Unruhe aufgekommen sei.

Warum kommen die Kraniche so früh, während wir doch noch so eisig kalte Wintertage haben? Das fragen sich nicht nur die Bewohner im Zweibrücker Land. Selbst die Vogelkundler vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) in der Region finden es seltsam. Fest steht aber, dass es seit mehr als fünf Jahren eine klare Tendenz zu frühen Anreisen gibt. Ein Grund seien die zu milden Winter durch die Klimaveränderung. 2020 kamen die ersten Abordnungen der Kraniche ebenfalls genau zu diesem Zeitpunkt im Februar.

Göttliche Boten des Frühlings

Einen entscheidenden Effekt haben die Aufenthaltsorte, da die Kraniche sich am Lac du Der aufhalten, einem Marne-Stausee in der nicht so weit entfernten Champagne in Frankreich. Ein weiterer wichtiger Überwinterungsplatz sind die Eichenwälder der Extremadura in Südostspanien. Eine geringe Anzahl der Vögel hält sich auch noch in Südwestportugal auf. Wer früh anreist, der kann in Schweden, Finnland, Litauen, Estland, Lettland oder im deutschen Ostseeraum die besten Brutplätze belegen, berichten Norbert Fakundiny und Hans Göppel vom Nabu. Diese starke Ausprägung des Arterhaltungstriebes sei ein bedeutender Beweggrund für den Frühstart. Dies blende die Furcht vor den Gefahren des Winters nahezu aus. Schließlich benötigen die großen Schreitvögel Futterquellen, die so früh im Jahr noch wenig ergiebig sind. Ihr Lebensraum sind Sumpfflächen und flache Seebereiche, in denen sie beim nächtlichen Schlaf im Flachwasser weitgehend sicher vor natürlichen Feinden sind. Gefriert dieses seichte Wasser aber noch, dann bedeutet das zusätzliche Lebensgefahr für die Vögel. Manche der Tiere mussten von Vogelschützern schon aus Eisschichten befreit werden, um ihr Überleben zu sichern.

Auch in Skandinavien und im Baltikum ist der Winter noch längst nicht vorbei. Dort gibt es noch viel Schnee und Minustemperaturen zwischen sechs und elf Grad. Auch im deutschen Ostseeraum herrscht noch Winter. Die Kraniche werden wohl eine Zwischenrast einlegen müssen, bevor sie den Norden Deutschlands gen Skandinavien und Baltikum verlassen können. Für die Skandinavier sind die Kraniche ein Symbol für Sonne, Licht und den Aufbruch nach der langen, dunklen Winterzeit. Die Vögel gelten als Boten des Frühlings. In der griechischen Mythologie werden sie dem Sonnengott Apollo, der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter und den Götterboten Hermes zugeordnet.

Die Kraniche nutzen aufsteigende warme Winde, um eine günstige Flughöhe zu erreichen.
Die Kraniche nutzen aufsteigende warme Winde, um eine günstige Flughöhe zu erreichen.
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