Kreis Südliche Weinstraße Zur Sache: Über Politikverdrossenheit und den Puls des Lebens

Schon im Foyer der Halle fielen Plakate der Bürgerinitiative „Pro Annweiler“ ins Auge: „Zwangsfusion ist Diktatur“ oder „Lasst den Wähler entscheiden“. Der Bürgerwille, wie er in mehreren Umfragen in den Jahren 2011/12 klar pro Annweiler zum Ausdruck gekommen war, war denn auch ein zentrales Thema der Diskussion. BI-Sprecher Manfred Weber (Wilgartswiesen) erinnerte an die Kommunalreform 1972, bei der Gemeinden aus dem Kreis Bergzabern ausgekreist wurden. Man wehre sich dagegen, erneut „verwaltungstechnisch vergewaltigt“ zu werden. Lugs Ortsbürgermeister Hermann Rippberger (parteilos) sprach von einer „diktatorischen Demokratie“, die „Tür und Tor aufmacht für Populisten“. Er berichtete über Gespräche mit Bürgern, die geäußert hätten: „Wenn der Bürgerwille nicht berücksichtigt wird, gehen wir nicht mehr wählen.“ Sein Hauensteiner Amtskollege Bernhard Rödig (FDP) monierte, dass sich der Eindruck verfestige, dass „die da oben machen, was sie wollen“, was zu Politikverdrossenheit führe. Sabine Seibel sagte, sie sei zu der Veranstaltung gekommen, „um über unsere Zukunft mitzubestimmen“. Jetzt stelle sie resigniert fest: „Ich kann ja gar nix tun!“ Der frühere Verbandsbürgermeister Ulrich Lauth erinnerte daran, dass die Landesregierung bei allen Gelegenheiten „Bürgerbeteiligung fordert. Wer so agiert, darf sich nicht über den Bürgerwillen hinwegsetzen“. Und Karl Betz (Hauenstein) meinte: „Wenn wir schon per Gesetz zwangsverheiratet werden, möchten wir zumindest die Braut selbst aussuchen.“ Peter Hoffmann (Hauenstein) sprach für die „Generation der Enkel und Urenkel“. Er plädiere für eine Fusion mit der VG Annweiler. „Der Puls des Lebens und der Wirtschaft schlägt vorne“, sagte er. Katja Leidner (Hauenstein) stellte fest, dass das Landesgesetz ausdrücklich Ausnahmen vorsehe. „Aber ich habe den Eindruck, dass Sie (Staatssekretär Kern, Anm. d. Red.) die Ausnahmetatbestände so kleinreden, dass Sie die Ausnahme eigentlich ausschließen.“ Diese Einschätzung teilte auch Karl Leidner (Hauenstein): „Sie legen die Latte so hoch, dass der Eindruck entstehen muss, dass da keiner drüberkommt.“ Hermann Rippberger begründete den Wunsch, sich Annweiler anzuschließen, mit den nicht bestehenden Anbindungen an Dahn. Karl Betz (Hauenstein) stellte den Sinn der KVR grundsätzlich infrage. Mit Verweis auf „aktuelle Studien“ stellte er fest, dass der „Einspareffekt gleich null“ sei, dass es „keine Qualitätssteigerung der Verwaltung“ gebe, dass in Baden-Württemberg der Schuldenstand fusionierter Gemeinden stärker gestiegen sei als im Durchschnitt. Dagegen gebe es enorme politische Kosten: „zunehmende Distanz, Politikverdrossenheit, geringe Wahlbeteiligung, Zuwachs von Stimmen für Protestparteien“. Kritisiert wurde im Nachgang, dass Landrat Hans Jörg Duppré (CDU) nicht teilgenommen hatte. Auf Anfrage der RHEINPFALZ erklärte er gestern, dass er nicht eingeladen worden war. Aber abgesehen von dieser Formalie, wolle er auch nicht zur Emotionalisierung beitragen, indem er in einer solchen Veranstaltung seinen Standpunkt geäußert hätte. Er sei bekanntlich gegen eine Abwanderung von Gemeinden aus dem Kreis Südwestpfalz in den Nachbarkreis SÜW. „Es hätte mich allerdings schon gereizt, einigen dort meine Meinung zu sagen“, so Duppré. Ebenso zurückhaltend habe er sich auch bei der Fusion der VG Thaleischweiler-Fröschen und Wallhalben verhalten. Duppré sagte, dass der Kreis den Klageweg beschreiten würde, wenn „auch nur der geringste Zweifel an der Rechtmäßigkeit“ einer Entscheidung bestehe. |ran/ow

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