Edenkoben/Landau Missbrauchsfall Edenkoben: Alles Wissenswerte vor Prozessbeginn

Der Blick ist auf das Landgericht in Landau gerichtet. Dort soll im Prozess um den sexuellen Missbrauch einer Zehnjährigen bis A
Der Blick ist auf das Landgericht in Landau gerichtet. Dort soll im Prozess um den sexuellen Missbrauch einer Zehnjährigen bis April ein Urteil gefällt werden.

Im September 2023 wird eine Zehnjährige entführt und sexuell missbraucht. Kurz nach dem Verbrechen wird der mutmaßliche Täter festgenommen. Ihm wird nun der Prozess gemacht.

Am Freitag beginnt am Landauer Landgericht die juristische Aufarbeitung eines Verbrechens in Edenkoben, das vor einem halben Jahr bundesweit Schlagzeilen machte. Einem Neustadter wird der Prozess gemacht.

Was ist passiert?
Am Morgen des 11. September 2023 fällt am Gymnasium in Edenkoben auf, dass ein zehnjähriges Mädchen unentschuldigt im Unterricht fehlt. Sofort schrillen sowohl bei der Schulleitung als auch bei den Eltern des Kindes die Alarmglocken. Sie informieren die Polizei, die umgehend die Suche nach der Vermissten aufnimmt. Wenige Stunden später kann die Polizei die Entführung beenden. Schnell wird aber an diesem Montag klar, dass das Schlimmste nicht verhindert werden konnte: Die Zehnjährige wurde entführt und mutmaßlich sexuell missbraucht.

Wie soll die Tat abgelaufen sein?
In der Anklageschrift wird dem Beschuldigten zur Last gelegt, dass er sich gegen 7.40 Uhr mit seinem Auto an einem regelmäßig von Schulkindern genutzten Feldweg in der Nähe des Gymnasiums postiert hat. Es sei davon auszugehen, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt die Absicht hatte, ein Kind in seine Gewalt zu bringen. Dieses Vorhaben konnte der Mann in die Tat umsetzen. Als die Zehnjährige alleine an dem Auto vorbeilief, habe der Beschuldigte das Kind gepackt und in seinen Wagen gedrückt. Er fuhr mit dem Kind in ein leerstehendes Gebäude im Landkreis Bad Dürkheim, wo er es sexuell missbraucht haben soll. Nach RHEINPFALZ-Informationen handelt es sich bei dem Gebäude um die stillgelegte Papierfabrik an der B39 in Lindenberg.

Wie kam es zur Festnahme des mutmaßlichen Täters?
Gegen 9.40 Uhr fuhr der Beschuldigte laut Anklageschrift wieder zurück nach Edenkoben, um das Kind in Schulnähe abzusetzen. Am Kreisverkehr zwischen Maikammer und Edenkoben wurde das gesuchte Auto allerdings von einer Polizeistreife gesehen. Es kam zu einer Verfolgungsjagd über Kirrweiler, Venningen und Großfischlingen auf die A65. An der Abfahrt Kandel-Süd verließ der Flüchtige die Autobahn und wurde schließlich auf der Bienwald-B9 in der Nähe des Langenbergs gestoppt und festgenommen. Dabei wurde das Mädchen befreit.

Wer ist der Angeklagte?
Es handelt sich bei dem Angeklagten um einen heute 62-jährigen Mann aus Neustadt. Er ist ein mehrfach vorbestrafter Sexualstraftäter und saß bislang insgesamt 20 Jahre im Gefängnis. Zuletzt wurde er 2020 zu einer Haftstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Nach der Entlassung aus der Justizvollzugsanstalt am 14. Juli 2023 stand der damals 61-Jährige unter Führungsaufsicht. Wenige Tage vor der Kindesentführung in Edenkoben wurde wegen mehrfachen Verstoßes gegen Auflagen erneut eine Anklage mit Haftbefehl gegen den Mann auf den Weg gebracht. Unter anderem soll er trotz richterlichen Verbots ein internetfähiges Handy besessen und genutzt haben und sich in zwei Fällen auf dem Schulgelände des Schulzentrums Edenkoben aufgehalten und dort Schüler beobachtet haben. Bereits während eines Strafverfahrens 2020 urteilte ein psychiatrischer Gutachter: „Er ist absolut eine Gefahr.“ Seit der Festnahme am Tattag sitzt der Beschuldigte in Untersuchungshaft.

Wieso hat der Fall eine landespolitische Debatte ausgelöst?
Direkt nach der Tat gab es Kritik an den Behörden. Es stand die Frage im Raum, ob es Versäumnisse im Umgang mit dem mehrfach wegen Sexualdelikten Vorbestraften gab. Das Thema wurde im rheinland-pfälzischen Landtag sowie in Sondersitzungen von Innen- und Rechtsausschuss in Mainz debattiert. Unter anderem die Tatsache, dass sich der Angeklagte weigerte, eine elektronische Fußfessel zu tragen, sorgte für Kopfschütteln. Ebenso wie die lange Zeit von der Meldung von Verstößen gegen die Auflagen bei der Staatsanwaltschaft Frankenthal Mitte August bis zur Fertigstellung der Anklageschrift samt Haftbefehl am 8. September. In Sachen Fußfessel, die in Rheinland-Pfalz nicht unter Zwang angelegt werden darf, kündigte Innenminister Michael Ebling (SPD) eine Gesetzesänderung an, um ebendies zu ermöglichen. Justizminister Herbert Mertin (FDP) wiederum erklärte, es habe keine zeitliche Panne bei der Justiz gegeben. Die oben erwähnte Anklage samt Haftbefehl wurde laut Mertin am 8. September vom zuständigen Oberstaatsanwalt fertiggestellt und an das zuständige Amtsgericht Neustadt weitergegeben. Da nach Einschätzung der Polizei keine akute Gefahr von dem Mann ausging, habe auch keine besondere Eile bestanden, um die Akte beispielsweise per Boten zu verschicken. Wegen eines Krankheitsfalls auf der Poststelle habe es dann ab 11. September noch einmal drei Tage gedauert, bis alles in Neustadt gewesen sei, schilderte der Justizminister.

Welche Strafe droht dem Angeklagten?
Geht es nach der Staatsanwaltschaft Landau, kommt der Mann vorerst nicht mehr auf freien Fuß. Die Behörde, die die Anklage gegen den 62-Jährigen zum Landgericht erhoben hat, geht laut einer Mitteilung auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens davon aus, dass der auch wegen Sexualstraftaten einschlägig vorbestrafte Beschuldigte für die Allgemeinheit gefährlich ist. Sie strebe daher neben der Verhängung einer Freiheitsstrafe die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung an.

Wie viele Verhandlungstage sind anberaumt?
Der Prozess findet am Landgericht in Landau statt. Es sind zwölf Termine anberaumt. Verhandlungsauftakt wird am Freitag, 1. März, 9 Uhr, sein, der nach derzeitigem Stand letzte Termin wird am Donnerstag, 25. April, 9 Uhr, sein. Weitere Termine sind: 11., 13., 15., 19., 20., 22. und 28. März sowie 8., 11. und 24. April. Beginn ist jeweils um 9 Uhr, nur am 19. März geht es um 12.30 Uhr los.

Werden die Verhandlungen öffentlich sein?
Ob an jedem Tag Besucher den Prozess verfolgen können, ist noch nicht klar. Er gehe aber davon aus, dass an einzelnen Terminen die Öffentlichkeit wegen des Jugendschutzes ausgeschlossen werde, sagt Robert Schelp, Vizepräsident und Sprecher des Landgerichts Landau, mit Verweis auf das minderjährige Opfer.

Was müssen Prozessbesucher beachten?
Weil vor allem zum Prozessauftakt am 1. März mit einem großen Besucherandrang gerechnet wird, gibt es eine Sitzungspolizeiliche Anordnung. Das heißt, dass der Zugang zum Sitzungssaal genau geregelt ist. Einlass erhält nur, wer einen gültigen Personalausweis oder Reisepass vorzeigt. Taschen, Beutel, Tüten und sonstige Behältnisse dürfen nicht mit in den Saal genommen werden. Dasselbe gilt für Transparente, Waffen – dazu zählen auch zum Schlagen oder Werfen geeignete Gegenstände –, Smartwatches, Handys, Laptops sowie Foto-, Film- und Tonaufnahmegeräte. Um sicherzustellen, dass die Besucher diese Regeln auch einhalten, wird jeder einzelne von ihnen durchsucht werden. Das geschieht mittels Metalldetektor und Abtasten der Kleidung.

Wie viele Besucher dürfen in den Sitzungssaal?
Es dürfen nur so viele Besucher in den Saal, wie Sitzplätze vorhanden sind. Das heißt, pro Verhandlungstag können 20 Personen mit dabei sein. Die Zuhörer werden in der Reihenfolge ihrer Ankunft eingelassen und erhalten Platzkarten. Der Saal wird jeweils 20 Minuten vor Sitzungsbeginn geöffnet.

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