Kusel Westrichkalender Kusel 2022: Natur, Umwelt und viel mehr

Der Westrichkalender Kusel 2022.
Der Westrichkalender Kusel 2022.

Seit kurz vor Weihnachten ist er erhältlich: der neue Westrichkalender. Eine Fülle Lesestoff findet sich in der 2022er-Ausgabe, die über 256 Seiten eine breite Auswahl an illustrierten Beiträgen über Flora und Fauna, Geologie, Geschichte, Architekten, Komponisten, Gereimtes in Mundart und Schüttelverse bietet.

Schon das Kalendarium im neuen Westrichkalender mit Fotos von mächtigen Bäumen, seltenen Vogelarten, Insekten, Blumenwiesen und Kirschblüte, Störchen und winterlichem Bachlauf weist auf das Leitthema Natur und Umwelt des Werkes hin.

Den Aufschlag macht ein fundierter Beitrag über Biber. Sie galten seit 1840 in der Region als ausgestorben, sind aber wieder entlang von Glan und Lauter anzutreffen, zugewandert wohl aus einem Wiederansiedlungsprojekt im benachbarten Saarland. Ernst Segatz und Stefanie Venske informieren nicht nur anhand von Karten über jüngere Nagespuren, Baumfällung, Biberröhren und -wechsel an den Rändern des Glans. Die Autoren geben einen Abriss über die Merkmale der Nagetiere, deren Lebensweise, Reviere sowie Sozialverhalten. Sie zeigen zudem auf, an welchen Stellen es mit der Wiederansiedlung des Bibers zu Konflikten kommen kann und wie Lösungen für ein konfliktfreies Zusammenleben von Mensch und Tier möglich sind.

84 Luitpoldbäume

Der Ökologe Segatz skizziert in einem weiteren, reich bebilderten Beitrag die Entwicklung der für Teile der Westpfalz charakteristischen Streuobstwiesen. Auch nach dem Niedergang dieser Hangwiesen durch mangelnde Pflege sei der ökologische Wert dieser Flächen für Arten- und Erosionsschutz nicht zu unterschätzen.

Mit einem Kapitel bayerisch-pfälzischer Geschichte befasst sich ein Beitrag von Kreisheimatpfleger Dieter Zenglein, der über die Verbreitung der „Luitpoldlinden“ im Landkreis Auskunft gibt. Sie erinnern an Prinzregent Luitpold, der in der Nachfolge des Märchenkönigs Ludwig II. von 1886 bis 1912 das Königreich Bayern als „Verweser“ regierte. In einer Liste aus dem Jahr 1891, in dem Luitpold seinen 70. Geburtstag beging, sind für den Amtsbezirk Kusel insgesamt 84 „Luitpoldbäume“ verzeichnet. Neben Linden waren es 14 Eichen und zwei Tannen. Zu den runden Geburtstagen des Prinzregenten wurden in den Gemeinden Feiern mit Festschriften, Umzügen, Brezeln und Baumpflanzung ausgerichtet. Ein Prachtlinde, die 130 Jahre alt ist, findet sich heute noch vor dem Schulhaus von Dittweiler.

Einst jüdische Anwesen

Zu einem eher düsteren Kapitel aus der jüngeren Geschichte sorgt Werner Morbach für Aufhellung: Er zeichnet das Schicksal der jüdischen Einwohner von Glan-Münchweiler nach, die während der NS-Zeit deportiert wurden. Von 15 Juden aus Glan-Münchweiler, die 1940 deportiert wurden, sind sieben verschollen oder in Konzentrationslagern ermordet worden. Der Autor dokumentiert ebenfalls, in wessen Besitz die jüdischen Anwesen nach der Deportation und Vertreibung gelangten.

Wiltrud Fröhlich aus Kaiserslautern spürt unter dem Titel „Neues Bauen in der Alten Welt“ den Spuren nach, die der Kaiserslauterer Architekt Alois Loch (1877-1948) in Rammelsbach und Kusel hinterlassen hat. Zusammen mit dem städtischen Oberbaudirektor Hermann Hussong hat Loch zwischen 1919 und 1922 die „Pfaffsiedlung“ mit 64 Wohneinheiten realisiert. Auch in St. Ingbert leiteten sie den Bau eine Arbeitersiedlung mit 128 Wohnungen.

Wandermusikant verkauft Pommes frites

Dass der Architekt aus Kaiserslautern, bekannt für Großprojekte, auch einen Auftrag übernahm, um im „roten“ Rammelsbach in den 1920er Jahren Arbeiterwohnungen zu entwerfen, hängt der Autorin zufolge mit Lochs Herkunft zusammen – war doch sein Vater Adam Loch 1849 in Blaubach geboren. In Kusel entstand nach Lochs Plänen, die von 1929 datieren, der Neubau der Ortskrankenkasse Kusel, der mit Flachdach und klaren geometrischen Linien dem Bauhaus-Stil entsprach.

Andere Persönlichkeiten, an die im Westrichkalender erinnert wird, sind der Komponist Michael Prätorius, der Bildhauer Leo Kornbrust und der Bosenbacher Wandermusikant Johann Friedrich Krieger, der Kartoffeln frittierte und auf belgischen Jahrmärkten mit dem Verkauf von Pommes frites und Waffeln sehr erfolgreich war.

Wie die Echse auf das Schild kam

Wie die Rückensegelechse auf das überarbeitete touristische Hinweisschild zur Burg Lichtenberg geriet, verraten Jan Fischer und Sebastian Voigt. Die Mitarbeiter des Urweltmuseums Geoskops legen dar, wann diese Echsen wohl gelebt haben und welche Funktion dem Rückensegel zukam. Und sie werfen einen Blick darauf, wie die dem Dinosaurier ähnliche Rückensegelechse aus der Urzeit, die mit Fossilfunden am Remigiusberg nachgewiesen ist, zum Motiv in Kinder- und Jugendbüchern, in Comics und auf Briefmarken sowie zur Vorlage für Filme mutierte.

Ganz beiläufig erfährt der Leser auch, dass es zur Gestaltung touristischer Hinweisschilder an den Autobahnen detaillierte „Richtlinien für die touristische Beschilderung“ gibt, die von der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen stammen, und eine Piktogrammänderung durchaus zwei Jahre beanspruchen kann.

Mehr Fahrrad- als Fußballvereine

An die mit der Motorisierung ausgebremste Tradition der Radfahrvereine und deren Fahnenschmuck erinnern Jochen Körbel und Eric Lindon. Vor rund 100 Jahren dürften es in der Region Kusel mehr Radfahr- als Fußballvereine gegeben haben, vermuten die Autoren. „Adler“, „Edelweiß“ „Flieger“, „Schwalbe“, „Falke“, „Viktoria“ oder „Wanderlust“ sind Namen von Radsport-Vereinen aus der buckligen Gegend um Kusel, als es noch keine E-Bikes gab.

Info

Der Westrichkalender 2022 kostet fünf Euro. Er ist beim Bürgerbüro der Kreisverwaltung, bei der Tourist-Info „Hin & Weg“ am Bahnhof Kusel und im Buchhandel erhältlich.

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