Kusel Zwei Gebäude werden in Kürze fertig
Ob es tatsächlich der 1. Dezember wird, an dem die Flüchtlings-Einrichtung ihre Eigenständigkeit gewinnt, darauf will sich Martin Ziemer nicht festlegen. Der formale Akt könnte auch ein paar Tage später folgen, räumte der Einrichtungsleiter gestern ein. Die Voraussetzungen jedenfalls sind weitgehend geschaffen – soweit das bislang möglich war.
Im Anbau des ehemaligen Stabsgebäudes hat sich die Aufsichtsdirektion (ADD) eingerichtet. Zehn hauptamtliche Mitarbeiter sind bereits da, weitere zehn sollen in den nächsten Wochen dazustoßen. Das Herzstück der Afa ist betriebsbereit: die Registrierung. Flüchtlinge selbst zu registrieren, das ist der wesentliche Unterschied zwischen einer eigenständigen Afa und einer Notunterkunft, die an Trier hängt. Kusel kann dann auch weiterverteilen – etwa ankommende Iraker, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) in ganz Rheinland-Pfalz für sie kein Fachpersonal hat; die Einrichtung im saarländischen Lebach hingegen schon. Im alten Stabsgebäude daneben wird fleißig gewerkelt. Hier soll das Rote Kreuz – derzeit Betreiber der Einrichtung, künftig Dienstleister für Flüchtlingsbetreuung, Spielstube und Krankenstation – ebenso Unterkunft finden wie Caritas und Diakonie für ihre Beratung. Und die Arbeitsagentur. Und die Ausländerbehörde der Kreisverwaltung. Und ein Ableger des Jugendamts für die unbegleiteten Minderjährigen. Der Vertrag der ADD für das Rote Kreuz war am 31. Oktober ausgelaufen, dann bis 31. Dezember verlängert worden. Nun wartet DRK-Geschäftsführer Volker Zimmer auf den neuen Vertrag, der seine Organisation bis Ende 2016 mit der Sozialbetreuung und der Krankenstation beauftragt. Der soll in den nächsten Tagen kommen, sagt Ziemer. Im Bereich der Unterkünfte nähern sich ebenfalls Teilarbeiten ihrem Ende; in erster Linie Malerarbeiten, ab und an neue Fußböden. Ein Gebäude soll laut Ziemer zum 1. Dezember an die Afa übergeben werden, ein weiteres zum 7. Dezember. 160 bis 200 Betten stehen jeweils für die Flüchtlingsunterbringung zur Verfügung – in Zimmern für vier bis acht Personen. „Wir wollen dort vor allem die Familien mit Kindern unterbringen“, sagt Zimmer. Wer ansonsten hinkommt – ob jene, die derzeit notdürftig in den Hallen und im inzwischen winterfesten, warmen Zelt untergebracht sind, oder Flüchtlinge, die neu ankommen –, ist noch nicht entschieden. „Es wird auf jeden Fall Ärger geben“, fürchtet Zimmer. Zwischen jenen, die halbwegs Privatsphäre im Zimmer genießen dürfen, und solchen, die in Hallen oder Zelt ihr Bett vorfinden. Ohnedies wartet eine logistische Mammutaufgabe auf die Helfer und Mitarbeiter; allein schon beim Umzug der Flüchtlinge in die beiden Gebäude, wenn denn dann die Betten Mitte Dezember da sind. Vor allem aber in der Folgezeit, wenn die Flüchtlinge nicht mehr Bus-weise donnerstags aus Trier kommen, sondern sich direkt in Kusel melden können: „Eigentlich bräuchten wir einen Hotelfachmann, einen Bettenmanager, der weiß, wie man welches Zimmer belegen kann“, sagt Ziemer. Einziger Trost: „Ein wirklicher Run von Flüchtlingen auf Kusel zeichnet sich nicht ab.“ Ob Kusel aufgrund größerer Kapazität und des gestiegenen Flüchtlingsaufkommens über die vertraglich vereinbarte Höchstgrenze von 700 Flüchtlingen belegt wird, dazu kann und will Ziemer nichts sagen: „Das ist eine Entscheidung der Politik.“ In Hermeskeil ist die Belegung inzwischen nach einem Ratsbeschluss von 750 auf 1250 erhöht worden. Langfristig werde sich das bei rund 1000 einpendeln, sagt Ziemer. Das sagt er nicht: Kusel könnte, wenn irgendwann im kommenden Jahr die beiden weiteren Unterkünfte fertig werden, inklusive Hallen und Zelt notfalls 1200 bis 1400 Flüchtlinge beherbergen. Ihrem Abschluss gehen auch die Arbeiten in der Kantine entgegen, wo zum 1. Januar ein Koblenzer Caterer übernimmt. Die drei jetzigen Mitarbeiter an der Essensausgabe sollen von ihm übernommen werden. 1250 Plätze wird es in der Kantine geben, die nach dem Abzug der Bundeswehr komplett leergeräumt worden war und nun wieder mit Gerät und Mobiliar ausgestattet werden muss. In einem der großen Räume soll die vom DRK betriebene Spielstube ihre Heimat finden Das einstige Sanitätsgebäude wird mit einigen Schönheitsreparaturen so hergerichtet, dass es voraussichtlich Mitte Dezember in Betrieb gehen kann. Im Erdgeschoss kümmert sich dann das Gesundheitsamt der Kreisverwaltung um die Erstuntersuchungen inklusive Röntgen, im Obergeschoss betreibt das Rote Kreuz die Krankenstation. Auch die vertragsärztliche Versorgung – voraussichtlich dreimal zwei Stunden pro Woche – erfolgt dort. Einige Meter weiter, im Unterkunftsbereich, wird jenes Gebäude hergerichtet, in dem das Bamf irgendwann einmal mit rund 20 Mitarbeitern sitzen und die Asylverfahren betreiben soll. „Ich schätze, etwa bis Ostern ist das fertig“, sagt Ziemer. Direkt daneben wird ein Gebäude zur Notunterkunft umgebaut – für Flüchtlinge, die abends erst eintreffen und am nächsten Tag ihr endgültiges Bett zugeteilt bekommen. Kapazität: 160 Betten. Fertigstellungstermin: unbekannt. Und was haben die Einrichtung der Notunterkunft, ihr Betrieb seit Anfang September und die Umrüstung auf eine eigenständige Afa insgesamt gekostet? Dazu kann die ADD in Trier derzeit nichts sagen, es gebe nur die Zahlen auf Landesebene. Alles für eine Einrichtung herunterzubrechen, sei momentan wegen des Arbeitsanfalls nicht möglich. Nach RHEINPFALZ-Informationen kostet allein die Miete für die Zelte und Container auf dem Windhof pro Monat fast 100.000 Euro. Verlässlich beziffern lassen sich hingegen die Arbeitsplätze auf dem Windhof: DRK 19, ADD 20 (ab Januar), Sicherheitsdienst 17, Krankenstation etwa 6, Polizei 9, Ausländerbehörde und Jugendamt 7, Arbeitsagentur 1, Catering 3, Reinigungskräfte 3, Hausmeister und Techniker 4 sowie das Bamf ab April 20. Insgesamt 103 – Tendenz weiter steigend.