Kusel Silvestergespräch mit Otto Rubly: „Ich arbeite mit dem, was ich vorfinde“

Ganz entspannt, ganz leger: So kennt man Otto Rubly seit Jahren – und so wirkt er auch als Landrat. Aber: Während der zwei Stund
Ganz entspannt, ganz leger: So kennt man Otto Rubly seit Jahren – und so wirkt er auch als Landrat. Aber: Während der zwei Stunden blieb er nicht immer so entspannt, hatte jedoch zeitweilig auch seinen Spaß.

Otto Rubly dürfte wohl selbst davon überrascht sein, um wie viele Baustellen er sich in seinem ersten knappen Vierteljahr als Landrat schon hat kümmern müssen. Doch ein Zurück gibt es nicht, weder zum Job als Landwirt noch in Sachen Schwimmbadneubau. Viel bewegen will er bei der Wirtschaftsförderung.

Eine Vielzahl wichtiger Themen steht auf der Liste des neuen – das kann man nach 74 Amtstagen schon noch sagen – Landrats. Otto Rublys persönliche Top Drei: schnelles Internet im gesamten Landkreis, Ärzteversorgung, die Finanzen beim Schwimmbad in den Griff kriegen. Aber da sei ja noch so viel mehr: etwa Gespräche mit dem Landesbetrieb Mobilität über den Ausbau der Kreisstraßen – oder das Schwesternheim in Reipoltskirchen.

Lob an Verwaltungsmitarbeiter

1,1 Millionen Euro standen dafür zuletzt im Raum, die sind nicht haltbar – ebenso wenig wie nachweislich die Fertigstellung im August des abgelaufenen Jahres. „Sommer 2018“, meint der Landrat, „aber man hat mir versprochen, die Heizung solle in diesem Winter fertig sein.“ Und die Kosten? „Mir hat man die Kosten auch noch nicht genau genannt. Ich habe aber noch nichts unterschrieben oder vergeben.“ Anfang Januar werde er jemanden daran setzen, „das zusammenzurechnen“, aber „1,4 Millionen Euro haben wir schon – und das langt nicht“. Heiter, noch nicht sonnig, aber ganz und gar nicht bewölkt – so beschreibt der CDU-Mann die Atmosphäre in der Verwaltung, die geprägt ist von seinem SPD-Vorgänger Winfried Hirschberger , der 32 Jahre im Amt war. „Ich setzte auf die Leute hier“, betont er. Neu eingestellt habe er bislang nur einen Baukontrolleur. „Die Allermeisten haben inzwischen mitgekriegt, dass es besser ist mitzuarbeiten; ich musste nicht hart durchgreifen“, sagt er und lobt die Offenheit der Verwaltungsmitarbeiter, durch die es möglich gewesen sei, die brennenden Themen direkt angehen zu können. Und davon gibt es einige. Allen voran: das Schwimmbad. Schaut er darauf, was da in diesem Jahr gelaufen ist, bleiben ihm noch immer die Worte weg. „Da kann man doch nicht so blind reinspringen. Da kann ich mit meinem Denken noch nicht mithalten.“ Natürlich sei er auch vorher schon im Aufsichtsrat der Vitalbad Pfälzer Bergland GmbH gewesen, „aber da hat man früher nicht so genau nachgefragt, nicht alle Unterlagen eingesehen“. Nun rechnet er mit etwa 16 Millionen Euro für den Bau statt der ursprünglichen zwölf – wenn nichts dazwischen kommt (wir berichteten). Dennoch habe er sich nun mit der Auftragsvergabe klar fürs Weitermachen entschieden. Ein mögliches Zurück, das er zu Anfang seiner Amtszeit in den Raum gestellt hatte, ist somit ausgeschlossen. Ihm ist wichtig zu betonen: „Ich werde weiter prüfen lassen, ob wir da was mit Schadenersatz machen können.“

Demografie-Ausschuss soll tagen

„Ja, den gab’s vor vielen Jahren“, sagt Rubly auf die Frage nach der Zukunft des Demografie-Ausschusses des Landkreises. „Nachdem der Professor aus Rostock weg war, hatte sich das anscheinend erledigt“, fügt er bedauernd hinzu. So wirklich erinnern kann sich der neue Landrat schon gar nicht mehr, wann der Ausschuss zuletzt getagt hat, „aber ich habe eine Liste, wann der Professor sein letztes Honorar für Demografie-Beratung gekriegt hat“. Dabei belassen will es Rubly auf keinen Fall: „Der Ausschuss wird wieder zusammenkommen, er ist ja auch noch gewählt“, sagt er und setzt gleich das Thema Ärztemangel auf die Agenda. Noch im ersten Quartal 2018 soll es so weit sein. Die Arbeit im Ausschuss soll neu strukturiert werden. „Ich muss da keine Vorgaben machen, darüber soll der Ausschuss selbst sprechen“, befindet Rubly. Eines sei aber klar: „Eine Show-Veranstaltung machen wir nicht mehr.“ Das gelte in gleichem Maße an anderer Stelle: Auch beim Wirtschaftsbeirat „werde ich’s anders machen“, kündigt Rubly an. „Ich weiß, dass das ein relativ behäbiges Gremium ist“, sagt der Landrat. Der Beirat sei zu sehr von der Verwaltung und der Politik dominert – „wir müssen mehr Wirtschaft in den Wirtschaftsbeirat kriegen“. Rubly ist überzeugt: „Wir haben hier genug Leute, deren Mitwirken sinnvoll wäre und die sich freuen würden, uns wirtschaftlich zu beraten.“ So habe beispielsweise Minitec-Gründer Bernhard Bauer bereits Interesse signalisiert. Allerdings ist sich Rubly im Klaren darüber, „dass ich nicht von heute auf morgen alles umschmeißen kann. Dazu brauche ich die Zustimmung der politischen Gremien“. Wie der Beirat künftig aussehen und mitgestalten soll, das möchte der Landrat ebenfalls im ersten Quartal diskutiert wissen.

Schnelle Digitalisierung

Überhaupt, ist das Thema Wirtschaft eine große Baustelle im Landkreis: Als „mangelhaft bis ungenügend“ hatte Otto Rubly die Wirtschaftsförderung des Landkreises in der RHEINPFALZ-Podiumsdiskussion zur Landratswahl bezeichnet. Und wie gedenkt er nun, Besserung herbeizuführen? „Ich habe einen Plan“, sagt er und grinst. Der derzeitige Wirtschaftsförderer und das Wirtschaftsservicebüro arbeiteten mit Hochdruck am Thema schnelle Digitalisierung. „Das ist eine Notwendigkeit, um mit dabei zu sein. Das Breitbandprojekt und weitere Projekte sind nötig, damit Firmen hierher kommen.“ Als „schweineteures Ding“, das wenig bringe, bezeichnet er das Breitbandprojekt von Bund und Land; weil es nur dort greife, wo aktuell weniger als 30 Mbit Leistung ankommen und noch kein Unternehmen Interesse bekundet hat, in den nächsten drei Jahren zu investieren. „Wenn das dann doch eine Firma ankündigt und es nicht passiert, dann haben Bauernhöfe, Leichenhallen und Sportheime schnelles Internet, Gewerbegebiete aber nicht.“ Daher habe er schon Kontakt zu einem Anbieter geknüpft, der speziell in ländlichen Gebieten investiert. „Dafür brauchen wir 40 Prozent der Anschlüsse.“ Deshalb will er und sollen seine Mitarbeiter Menschen mobilisieren, dabei mitzumachen. An vorderster Front in Sachen Wirtschaft soll ab dem kommenden Jahr zudem ein neu zu ernennender Mittelstandslotse stehen, für den Rubly schon einen Mitarbeiter der Kreisverwaltung im Blick hat. In jedem Fall solle eine ihm direkt untergeordnete Stabsstelle entstehen. Im späten Frühjahr bis Sommer soll es so weit sein, bei zwei Veranstaltungen im Kreis der neue Mittelstandslotse vorgestellt werden. Den Namen Christian Dingert dementiert der Landrat in diesem Zusammenhang zumindest nicht. Auch bei einer weiteren großen Baustelle – dem Ärztemangel im Landkreis – soll nun das Wirtschaftsservicebüro ins Spiel kommen. Dort sei ein Ansprechpartner auserkoren worden, der sich dieses Themas annehme, und mithin stehe denn wohl auch eine personelle Verstärkung für den wirtschaftlichen Part der Verwaltung an (auch Tourismus soll dort angesiedelt werden). Ideen gebe es bereits: Medizin-Studenten aus dem Landkreis Kusel anschreiben, um sie davon zu überzeugen, doch nach ihrer Ausbildung wieder nach Hause zu kommen. „Die kriegen wir natürlich nur über persönliches Herumfragen, dafür gibt es ja keine Datei.“ Und: Ärzte im Landkreis als Ausbilder gewinnen, damit angehende Medizinier ihr Praktisches Jahr in einer Hausarztspraxis im Kreis absolvieren können.

Kreisreform Thema

Klar sei: „Die junge Leute sind nicht mehr bereit, von früh bis in die Nacht zu arbeiten. Wir werden grundsätzlich mehr Mediziner brauchen.“ Die Lösung könnten Medizinische Zentren mit angestellten Ärzten bringen – und ein Blick sowie Zusammenarbeit über die Kreisgrenzen hinweg. Eines von Rublys Lieblingsthemen im Wahlkampf war die Kreisreform. Unermüdlich hat er betont, dass der Kreis Kusel in seiner jetziger Form schon mittelfristig nicht zu halten sei und dass er deshalb frühzeitig Möglichkeiten ausloten, den Kreis aktiv in eine gute Verhandlungsposition bringen wolle. Stets hat er dabei den Kreis Kaiserslautern und den Donnersbergkreis als ideale Gesprächspartner ins Spiel gebracht. Dass nun alle drei Landkreise einen neuen Mann an der Spitze haben, könne bei Sondierungen „schon hilfreich“ sein, schätzt Otto Rubly. „Wir können gut miteinander reden, es geht nicht mehr so hochherrschaftlich zu“, beschreibt er das Verhältnis zu den ebenfalls 2017 gewählten Landräten Ralf Leßmeister (Kreis Kaiserslautern) und Rainer Guth (Donnersbergkreis). Ernsthaft unterhalten habe man sich über eine Kreisreform aber noch nicht. „Es liegt in der Natur der Sache, dass jetzt jeder erstmal genug mit seiner Verwaltung zu tun hat“, befindet Rubly. An Gesprächen zu dem Thema führe „aber kein Weg vorbei“. Bis spätestens Mai werde ein Gutachten beim Land vorliegen, dann werde man sich schnellstmöglich an den Komplex heranwagen. Wichtigstes Ziel müsse es sein, dass der Kreis Kusel nicht zerschlagen wird, die 98 Städte und Gemeinden weiterhin einem einzigen Kreis angehören. Rubly: „Dann wird Kusel eine gute Rolle spielen und auch bei der Frage nach dem Verwaltungssitz ein gewichtiges Wörtchen mitsprechen.“

Gespräch mit Lauterer Kreissparkasse

Spannend wird das kommende Jahr auch in Sachen Sparkasse. Denn die Kreissparkasse Kaiserslautern führt derzeit erste vorsichtige Gespräche – an deren Ende eine Fusion stehen könnte – mit den beiden gescheiterten Fusionskandidaten von 2016, der Kreissparkasse Kusel und der Stadtsparkasse Kaiserslautern. Ein erstes Gespräch mit der Lauterer Kreissparkasse sei „auf freundschaftlicher Basis“ verlaufen, berichtet Rubly, als Landrat auch Verwaltungsratsvorsitzender der Kuseler Sparkasse. Dass parallel auch die beiden Kaiserslauterer Sparkassen miteinander sprechen, liege wohl daran, dass „bei der Kreissparkasse dort der eine die Stadtsparkasse, der andere die Kuseler Kreissparkasse“ als Partner favorisiere. Auch über die Sparkassen habe er mit seinem Amtskollegen Leßmeister noch nicht geredet, obgleich er sich schon zweimal mit diesem getroffen habe, betont Rubly. Die Gespräche der Geldinstitute steckten ohnehin noch in den Kinderschuhen, auf politische Ebene werde das Thema erst später gehoben. Klar sei aber, dass sich eventuelle Verhandlungen nicht so lange hinziehen dürften wie die zwischen Kreissparkasse Kusel und Stadtsparkasse. Rubly: „Wenn es zu einer Fusion kommt, dann sollte die bis zum 1. Januar 2019 stehen.“ Es steht also vieles ganz Akutes auf dem Plan des neuen Landrats fürs kommende Jahr. Da blieb und bleibt nur wenig Zeit für Eingewöhnung. Eine Erkenntnis, die Rubly bereits gewonnen hat: Verwaltungsrechnen unterscheide sich „doch etwas von normalem Rechnen“ – weswegen er sich ab Januar oder Februar eines Controllers bedienen wolle. „Ich hatte noch nicht die Zeit, alle Verträge auf der Kreisverwaltung zu sichten“, meint er etwa, angesprochen aufs Gleis 3. Für die Gaststätte in Altenglan, die auch für die Vermietung der Draisinen zuständig ist, gebe es allerdings einen Interessenten, berichtet er. „Ich kann nicht alles von heute auf morgen machen und nicht alles von einem auf den anderen Tag“, sagt Rubly schon mal.

Lange Arbeitszeiten nicht selten

Wie viele Stunden pro Woche der noch recht frisch gewählte Landrat denn arbeiten müsse? „Ach, egal, ich komme noch zum Schlafen“, wiegelt Rubly ab. Aber Arbeitszeiten von 7 bis 21 Uhr seien zumindest keine Seltenheit. Ob er sich da nicht doch manchmal wünscht, er hätte nicht kandidiert? Kein Gedanke daran, beteuert Rubly: „Ich habe die Aufgabe bekommen, jetzt mach ich’s auch“, lautet die kurze und knappe Antwort des 60-Jährigen, als erfahrener Landwirt eher Pragmatiker denn ein Freund von Hätte, Wenn und Aber. Und so nimmt er auch die eine oder andere Altlast an, mit der er sich rumschlagen müsse. „Klar gibt es Sachen, bei denen ich denke, das hätte nicht so sein müssen“, sagt er, „aber ich habe eine Vergangenheit geerbt, und ich arbeite mit dem, was ich vorfinde.“ Dass Rubly und sein Vorgänger Winfried Hirschberger nun nicht gerade ein inniges Verhältnis pflegen, ist bekannt: „Wir haben uns unterhalten, aber nicht mehr als das Notwendigste.“ Im Dienstfahrzeug des Landrats, einem BMW mit Fahrer, habe er bislang immerhin dreimal gesessen – wenngleich auch dies nicht unbedingt zu Rublys Selbstverständnis passt. Natürlich habe er schon etliche weitere Dienstfahrten angetreten, „aber ich kann doch noch selbst Auto fahren“.

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