Kusel Kusel/Kappeln: Wald soll wieder Gewinn abwerfen

Forstamtsleiterin Gabi Hempel warnt vor einer „Störung des Waldökosystems“.
Forstamtsleiterin Gabi Hempel warnt vor einer »Störung des Waldökosystems«.

Erste Gemeinde im Kreis verpachtet Wald an Forst-Firma – Nachbargemeinde berichtet von guten Erfahrungen

Jedes Jahr dasselbe Lied: Bei der Vorstellung der Forstwirtschaftspläne verdunkeln sich in vielen Gemeinderäten die Gesichter, wenn der Förster erneut ein Minus kalkuliert. Doch mit Wald lässt sich auch Geld verdienen, zeigen Beispiele der Verpachtung. Als erste Gemeinde im Landkreis hat Kappeln seinen Wald jetzt privat verpachtet – und beschert dem Forstamt damit erstmals ernsthafte Konkurrenz. „Wir haben es uns nicht leicht gemacht“, schildert Kappelns Ortsbürgermeister Otfried Buß den Prozess, sich von der staatlichen Beförsterung zu lösen. Der Beschluss fiel einstimmig im März. Beim Thema Wald konnte Kappeln auch aufgrund zahlreicher Brennholzabnehmer zwar immer noch ein leichtes Plus erwirtschaften. Dennoch mutierte die Forstwirtschaft laut Buß zum Minusgeschäft. „Man wird ja fast bestraft, dass man Wald hat“, moniert er. Dabei böten die 72 Hektar in Kappeln neben dem Verkauf von Holz doch auch „Leistung“ für die Allgemeinheit, sagt er mit Blick auf Erholung, gute Luft und Naturerleben. Honoriert wurde dies laut Buß bislang nicht. „Für die Gemeinde bleibt nichts hängen“, sagt er. Dies soll nun anders werden. Nur kurz hinter der Kreisgrenze, bei Kappelns Nachbar Schweinschied, da ist es schon anders. Der 154-Einwohner-Ort war nach Großsteinhausen die zweite Gemeinde in Rheinland-Pfalz, die ihren Wald verpachtete. Wie künftig in Kappeln wirtschaftet in Schweinschied ebenfalls die Firma Schmitz aus Ormont, und zwar bereits seit anderthalb Jahren. Ortsbürgermeister Gerhard Fritz schildert, warum: „Seit mehr als 30 Jahren haben wir immer ein Minus im Wald gemacht.“ Bei 220 Hektar beliefen sich die roten Zahlen auf „5000 bis 10.000 Euro pro Jahr“. Ein Grund seien die hohen Betriebskostenbeiträge von Landesforsten. Durch die Verpachtung könnten diese Kosten reduziert werden. „Jetzt machen wir ein saftiges Plus“, freut sich Fritz. Er spricht von „durchweg positiven Erfahrungen“ durch die Waldverpachtung. Auch die Gemeinden Odernheim und Abtweiler haben ihren Wald verpachtet, ebenso Nohfelden und Freisen. Wie hoch die jährliche Pacht für Kappeln genau ist, darüber ist laut Buß Stillschweigen vereinbart. Doch so viel sagt er: „Es ist fast der dreifache Betrag, den wir durchschnittlich in den vergangenen zehn Jahren erwirtschafteten.“ All das vollzieht sich vor dem Hintergrund, dass das Land ab 2019 auf Druck des Kartellamtes die Holzvermarktung neu regeln muss und kommunale wie private Waldbesitzer ihr Stammholz nicht mehr über Landesforsten verkaufen dürfen. Das Forstamt Kusel beobachtet die Vorgänge sehr genau. „Waldpachtfirmen sind Wirtschaftsbetriebe und somit ausschließlich gewinnorientiert“, stellt Leiterin Gabi Kleinhempel klar. Sorge, dass der Wald nun vom Pächter ausgeräumt wird, hat sie aber nicht. Denn in puncto Nachhaltigkeit müsse die Firma ihr Vorgehen mit dem Landeswaldgesetz in Einklang bringen. Kleinhempel weist allerdings darauf hin, dass der Blick auf die Nachhaltigkeit nicht nur auf die Masse Holz, sondern auch auf Erholungswirkung sowie Stabilität und Naturschutzwirkung des Waldes gerichtet sein müsse. Auch wenn Gemeinden wie jetzt Kappeln aus der Beförsterung aussteigen, werde man weiter in Kontakt bleiben. Denn die Forstaufsichtspflicht werde weiterhin von Kusel ausgeübt. „Hier wird noch Arbeit auf uns zukommen, die wir noch nicht einschätzen können“, meint Kleinhempel. Sie erklärt, dass sich die Gemeinde Kappeln nach der Abgabe des Revierdienstes nun auch von der Revierleitung befreien lassen will. Dann müsse der Pächter keine Betriebskosten mehr ans Forstamt zahlen, Kappeln wäre dann ein neues Kleinstrevier. Dieses Verfahren könne sich aber hinziehen. Denn alle 22 waldbesitzenden Kommunen des Reviers Lauterecken müssen damit einverstanden ein. In Großsteinhausen war es wegen der Betriebskostenbeiträge übrigens zum Rechtsstreit gekommen. Die Gemeinde muss nach einem Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt knapp 5800 Euro für zwei Jahre an Landesforsten zurückzahlen. Das hatte gegen die Kommune geklagt, die nach der Verpachtung des Waldes 2014 erst 2016 aus der Revierleitung ausgestiegen war. Dass Kappeln jetzt viele Gemeinden im Forstrevier mitzieht, erwartet die Forstamtsleiterin nicht unbedingt. Lohnweiler hat wohl Interesse, auch in Homberg befasst sich der Rat mit diesem Thema. Weitere „Kandidaten“ verrät die Firma Schmitz auf Nachfrage der RHEINPFALZ nicht. Immerhin, die Firma hat alle Gemeinden im Kreis angeschrieben. „Einige haben schnell abgelehnt, einige haben aber auch Interesse“, schildert Geschäftsführer Udo Schmitz. Im Waldgeschäft sei die Familie in der vierten Generation. 2014 startete das Pachtmodell für Gemeindewälder; bisher für 3000 Hektar in Rheinland-Pfalz und im Saarland. Im aktuellen Jahr sollen 3000 hinzukommen. „Wir wollen langfristig die Alternative zu Landesforsten werden“, erklärt Schmitz. Die Firma, die auch große Parzellen Privatwald betreut, beschäftigt sechs Förster und erzielte 2017 einen Umsatz von 5,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: Das Kuseler Forstamt ist aktuell mit neun Förstern auf einer Fläche von 16.500 Hektar unterwegs. „Wir sind derzeit wohl die best beobachtete Firma im rheinland-pfälzischen Wald“, sagt Schmitz, wenn man ihn auf das Thema Nachhaltigkeit anspricht. Sowohl die Massen- als auch die Wertnachhaltigkeit seien gewährleistet. „Laut BGB sind wir als Pächter verpflichtet, den Wert zu erhalten“, betont er. Wie realisiert das Unternehmen dennoch höhere Erträge aus dem Wald? Schmitz: „Wir arbeiten deutlich effizienter und leistungsorientierter. Zudem haben wir strukturelle Vorteile im Vergleich zu Landesforsten“, weist Schmitz etwa auf die hohen Betriebskostenbeiträge der Forstämter hin. Weniger Verwaltung und eine gebündelte Holznutzung sind Schmitz zufolge weitere Kriterien. So seien Zwei- und Drei-Jahrespläne keine Seltenheit. Die Abnehmer seien hingegen weitgehend die gleichen. Schmitz: „Die Holzwelt ist klein.“ Nach Erfahrungen in Schweinschied arbeitet die Firma tatsächlich schneller. Laut Fritz haben dort „zwei Mann in 14 Tagen 600 Festmeter“ mit einem Harvester und einem Rücker gemacht. „Dafür hätten die Arbeiter früher ein Vierteljahr benötigt.“ Zudem würden die Wege in Ordnung gebracht und nicht mehr zu viel Brennholz geschlagen. Das sei zudem günstiger geworden. Dass der Wald unter möglichem, nicht-nachhaltigem Handeln leide, hält er für „den größten Unsinn“. Auch Buß weist Befürchtungen vor möglichen Kahlschlägen zurück. Er ist überzeugt, dass die Nachhaltigkeit nicht berührt wird. Im ersten Moment sehe es nach einem Einschlag vielleicht wild aus. Dann sei aber zwei, drei Jahre Ruhe im Wald. Doch gerade bei einer Vertragsoption, in einem Jahr bis zu drei Hiebsätze zur optimalen Gewinnerzielung einschlagen zu können, ist Forstamtsleiterin Kleinhempel zufolge nicht auszuschließen, „dass es zu Störungen im Waldökosystem“ kommt. Außerdem warnt sie davor, dass Gemeinden, die ihren Wald verpachten, jegliche Möglichkeit der Einflussnahme auf dessen Bewirtschaftung verlieren.

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