Kusel „Das do is net mei Wetter“

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Rothselberg. Gestern Nachmittag, 15 Uhr. Unerbittlich brennt die Sonne vom Himmel – ein Glück, dass die Rothselberger einen schattigen Dorfplatz haben! Dort sind zur Redaktion vor Ort etwa 25 Menschen zusammengekommen, um unter anderem über Wetterkapriolen, den „Brexit“ und den örtlichen Bauerngarten zu plaudern.

Ilse Burkhart wartet schon. Die 82-Jährige ist die erste Besucherin des Tages, und sie ist extra vom Dorfrand zum RHEINPFALZ-Stand „im Mitteldorf“ gekommen. Burkhart erzählt, dass der Dorfplatz viel von der Jugend genutzt wird: „Ich komme normalerweise nicht hierher.“ Sie bezeichnet sich als „echte Reererin“, in Rothselberg wurde sie geboren, hier will sie auch einmal beerdigt werden. Edgar Klein, der frühere und langjährige Ortsbürgermeister, ist auch schon da. 23 Jahre lang stand er an der Spitze der Gemeinde, bis im Jahr 2009 Reiner Mohr das Amt übernahm. Allmählich füllen sich die Bänke unter dem hölzernen Pavillon in der Ortsmitte. Inge und Horst Molter treffen ein, dann Erwin Jochum und Horst Schmidt. Ein schöner Platz sei es geworden, aber: „Ab und zu hat es auch Ärger gegeben“, sagt Edgar Klein. Anwohner hätten sich damals über junge Leute beschwert, die den Pavillon als Treffpunkt auserkoren hatten. Mehrmals sei er von Anwohnern angerufen worden, um dann abends noch vor Ort vorbeizuschauen, erinnert sich der ehemalige Ortsbürgermeister. Aber das seien eben normale Zwischenfälle und schon lange her. Hartmut Wilking braucht unbedingt Milch im Kaffee und „zwar zuerst die Milch und dann den Kaffee“, klärt er auf. So ist er’s gewohnt. Die Rede kommt schnell auf seinen Sohn. Der habe seinen bereits eingeschlagenen Berufsweg zum Realschullehrer plötzlich eingetauscht gegen ein Dasein als Landwirt. Schon als Kind habe er auf dem elterlichen Hof ein Faible für die Landwirtschaft entwickelt. Und so habe er gegen den Trend einen eigenen Milchviehbetrieb aufgebaut „in einer Zeit, in der andere aufhören“, erzählt Hartmut Wilking. Es war ein harmonischer Nachmittag, an dem viel geplaudert wurde. Nur eine Kritik wurde geäußert: Die Brücke über den Breitenbach am Bauerngarten sei für Kinder gefährlich, denn das beidseitige Geländer habe große Lücken. Auch seitlich könnten Kinder in den Bach fallen. Nach und nach treffen weitere Rothselberger ein: „Das do is net mei Wetter“, sagt eine Besucherin und stöhnt. Zustimmung aus der Runde. Hella Bonenberger stößt dazu, hat gerade Marmelade gekocht: „Aprikose und Erdbeere.“ Letztere stammen von einem Feld bei Rodenbach: „Da waren aber auch ganz schön viel faule Erdbeeren an den Stöcken.“ Viel Lob gibt’s aus der Runde am RHEINPFALZ-Pavillon für den Zeitungsausträger im Ort. „Gegen 3 Uhr wird uns jeden Tag die Zeitung gebracht“, berichtet Horst Molter, „ganz zuverlässig.“ Wieder gibt’s zustimmendes Nicken der Umstehenden. „Direkt nach dem Frühstück die Zeitung zu lesen, das gehört für uns einfach dazu“, ergänzt ihr Ehemann Horst Molter. Rafaela Koch schaut am Stand vorbei, um für sich und Tochter Sandra eine RHEINPFALZ-Dubbetasse mitzunehmen. Kurz plaudert sie ein wenig aus dem Nähkästchen; die Tochter hat Museologie studiert, sucht gerade in der Vorderpfalz nach einer Anstellung: „Wenn man damit zu tun hat, sieht man erst mal, wie viele Museen es doch gibt.“ Der rührige Kindergartenförderverein, dessen Vorsitzender Mathias Paul jahrelang war, ermögliche es dem kirchlichen Träger und der Ortsgemeinde, „auch mal Anschaffungen außer der Reihe“ zu tätigen, freut sich Ortsbürgermeister Rainer Mohr. Paul ergänzt: „Beispielsweise haben wir vor einigen Jahren einen Spielturm angeschafft und eine Sonnenmarkise gekauft.“ Paul ist auch Pressewart des Selbergvereins und nutzt die Gelegenheit für das Sommernachtsfest des Vereins am 9. Juli zu werben. Es ist das erste Sommernachtsfest nach etwa 40 Jahren. „Wir haben es jetzt wiederbelebt“, sagt Paul, „und wir hoffen auf viele Besucher. Es gibt pfälzische Küche und Musik in pfälzer Mundart. “ „Ihr hättet am Montag kommen sollen“, sagt ein Besucher grinsend, „da war bei uns einiges geboten: Neben Kerwefrühschoppen gab’s hier mitten im Ort einen großen Polizeieinsatz. Da war richtig was los!“ Die genauen Hintergründe für den publikumswirksamen Einsatz sind aber auch Ortschef Mohr nicht bekannt: „Wegen ein paar unbezahlten Rechnungen waren die aber bestimmt nicht hier.“ Auch der „Brexit“ war kurz Thema. „Also Großbritannien kommt schneller und einfacher aus der Europäischen Union raus, als wir aus dem Kreis Kusel“, sagt jemand. Und niemand verhehlt, dass man in Rothselberg eigentlich lieber der Verbandsgemeinde Weilerbach – und damit dem Landkreis Kaiserslautern – angehören würde. |bgi/dgg

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