Kreis Germersheim Richter: „Verabredung zum Faustkampf nicht strafbar“

Justitia ist trotz der verordneten Blindheit sehr scharfsichtig. Also muss sie auch niemanden verurteilen, der sich in strafrechtlicher Hinsicht nichts hat zuschulden kommen lassen, obwohl ein Verfahren gegen ihn eröffnet wurde. Deshalb entließ sie gestern einen 25-Jährigen als freien Mann aus dem Gerichtssaal, nachdem der erste Tag der Hauptverhandlung ergeben hatte, dass ihm die Verletzungen des Opfers nicht zuzurechnen seien.

Das Verfahren gegen den Mann wurde gegen eine Geldbuße von 1500 Euro vorläufig eingestellt. Er hatte sich im August 2014 mit dem späteren Opfer zu einem Kampf Mann gegen Mann verabredet – zur Unterstützung aber noch drei andere Männer mitgebracht, unter ihnen seinen fünf Jahre älteren Bruder. Nach nur wenigen Fausthieben stürzte sich der ältere Bruder ins Getümmel und verletzten den Kontrahenten mit acht Messerstichen in Beine und Bauch. „Die Verabredung zu einem Faustkampf ist nicht strafbar, wer darin einwilligt, nimmt ein Verletzungsrisiko in Kauf“, sagte der Richter, als er die Einstellung des Verfahrens gegen den jüngeren Bruder anregte. Der Mann habe dem Opfer keine bemerkenswerten Verletzungen zugefügt und sich später bei diesem entschuldigt. Die Staatsanwältin stimmte der Einstellung zu, der vormalige Angeklagte konnte der Verhandlung im Anschluss als Zuschauer folgen. Zeugen bestätigten die Angaben des Angeklagten: Man sei zu einer Tankstelle in Wörth gefahren, weil sich der jüngere Bruder dort mit jemandem schlagen wollte, der seine Familie beleidigt habe. Zwar habe er einen anderen Gegner erwartet. Aber betrunken wie alle waren, habe er möglicherweise nicht mitbekommen, dass er mit einem anderen Mann, dem späteren Opfer, am Telefon gestritten hat. Als Gegner sei er ihm ebenso recht gewesen. Die Zeugen bestätigten, dass kurz nach Beginn der Schlägerei der ältere Bruder mit dem Messer auf das Opfer losging und zurückgezogen werden musste. Das psychiatrische Gutachten bescheinigte dem Angeklagten eine langjährige Drogenabhängigkeit. Zuletzt habe er sich regelmäßig Heroin in die Halsvene gespritzt. Seine Entzugserscheinungen in der Haft wurden medikamentös behandelt. Trotz seiner Drogenabhängigkeit sei er für seine Handlung aber voll verantwortlich. Der Angeklagte sei bereit zu einer Drogen-Therapie, die mindestens zwei Jahre dauern würde. Die Verhandlung wird heute um 9 Uhr fortgesetzt, Plädoyers und Urteil werden am Montag erwartet. (sma)

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