Kandel Naturfreunde feiern 100 Jahre Ortsverein

Naturfreundehaus.
Naturfreundehaus.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt es die Naturfreunde-Bewegung. In Kandel wurde der Verein 1922 gegründet. Und am Sonntag wird groß gefeiert.

„Den arbeitenden Menschen den Zugang zur Natur zu erschließen“, ist das eigentliche Ziel der Gründergeneration der Naturfreunde-Bewegung gewesen, heißt es auf dem Geschichtsportal des Naturfreundeverbandes Deutschland. Das war schon 1895, als sich erste Naturfreunde entschlossen, gemeinsam in einem Verein die Natur als Quelle der Erholung zu erkunden und sich fortzubilden. Ganz wichtig war damals das Recht des freien Zuganges zur Natur für alle, nicht nur für die bürgerlich-privaten Großgrundbesitzer und die bereits existierenden Wander-, Bergsteiger und Sportvereine, in die einfache Arbeiter erst gar nicht aufgenommen wurden, weil sie – aber nur die Männer– im deutschen Kaiserreich zwar ein Wahlrecht hatten, nach wie vor aber um ihre gesellschaftliche Anerkennung ringen mussten.

Das hatte sich nach dem Ersten Weltkrieg schon gewaltig geändert. Auch in Kandel war man auf die Aktivitäten der Naturfreunde aufmerksam geworden, interessierte sich doch einige Bürger für deren Ziele. So kam es schließlich im Jahre 1922 zur Gründung einer eigenen Ortsgruppe der Naturfreunde. Obwohl die Unterlagen darüber nur sehr spärlich sind, kennt man das genaue Gründungsdatum: Es war am 8. März 1922 im Gasthaus „Zum Schlüssel“, wohin Kaufmann Willy Hopp eingeladen hatte. Schon hierzu erschienen 30 Teilnehmer, die die Ortsgruppe der „Naturfreunde“ gründeten.

Wiedergründung 1947

Doch schon unmittelbar nach der Machtergreifung Hitlers im Jahre 1933 und der erfolgten Gleichschaltung der Parteien und Vereine wurde auch die Ortsgruppe der Naturfreunde aufgelöst und deren Vermögen beschlagnahmt. Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bat man die Besatzungsbehörden um Genehmigung zur Wiedergründung, die schließlich am 19. März 1947 im Gasthaus „Zur Eintracht“ erfolgte. Eine Woche schon, nachdem man die Genehmigung hierzu von der Militärregierung erhalten hatte. Es ging bald aufwärts, denn schon zur Generalversammlung im kommenden Jahr sollte über 150 Mitglieder berichtet werden.

Der Verein suchte nach einem Domizil für sich, natürlich draußen in der Natur. Fündig wurde man am Oberkandeler Deichweg nahe der Hardtmühle. Hier standen noch Trümmer eines gesprengten Notlazarettbunkers. Auf dessen Grundmauern wurde eine Holzbaracke montiert. Sie stammte vom einstigen Lager des Reichsarbeitsdienstes, wurde am Bahnhof abgebaut und den Naturfreunden überlassen. Diese griffen zu und packten an, und schon am 10. Mai 1953 wurde mit 800 Wandergästen die „Bienwaldhütte“ eingeweiht.

Vereinshaus aus Stein und Beton

Von da aus führte der Weg nach einigen Jahren zu einem neuen Heim, das nun in Massivbauweise errichtet werden sollte. Schon 1965 war der erste Bau aus Beton und Steinen bezugsfertig. Das Naturfreundehaus, wie man es heute kennt, konnte dann 1977 bezogen und in den folgenden Jahren weiter ausgebaut werden. Erst ganz am Ende wurde im Obergeschoss noch ein Geschäftszimmer für den Vorstand eingerichtet. In fünf Gästezimmern mit 22 Betten, ausgestattet mit Dusche/WC, können Besucher auch übernachten und von hier aus ihre Touren beginnen.

Aber nicht nur der Ausbau des „Naturfreundehauses“ beschäftigte die Mitglieder. Das Programm, um das sich ein rühriger Vorstand kümmert, weist seit Jahrzehnten immer wieder attraktive Freizeitangebote aus: Geführte Wanderungen und mehrtägige Wanderurlaube, 2022 beispielsweise nach Ramsau in Österreich, ermöglichen den „Menschen den Zugang zur Natur“, wie es bei Gründung der Vereinigung schon hieß. Dass das alles klappt, dafür sorgt derzeit ein Vorstand mit Wilfried Winstel als Vorsitzendem. Zu seinen Vorgängern, die die Ortsgruppe jeweils über einen längeren Zeitraum führten, gehörten etwa Franz Gölz oder Lisa Picot. Sie war 25 Jahre lang Vorsitzende und wurde schon 2020 zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Ihr Nachfolger Winstel und seine Vorstandsmitglieder wollen dafür sorgen, dass die Ortsgruppe Kandel auch eine gesicherte Zukunft hat.

Jüngere Mitglieder fehlen

Derzeit gehören dem Verein noch 135 Mitglieder an, allerdings, und das ist nicht nur das Problem bei den Naturfreunden, fehlt vor allem der Nachwuchs. Um ihn muss man sich verstärkt bemühen, und da bietet sich auch das Vereinsjubiläum an. Denn viele nutzen das gastronomische Angebot des Naturfreundehauses, erkennen aber nicht, dass hier noch weitere Angebote bereitgehalten werden, die Wandersleute oder Radtouristen begeistern könnten. Dass man das 100-jährige Bestehen erst mit einjähriger Verzögerung feiern kann, ist auf die Corona-Pandemie zurückzuführen.

Doch feiern will man im großen Rahmen, und zwar am Sonntag, 11. Juni ab 10 Uhr. Als Festredner eingeladen hat man mit Kurt Beck nicht nur den früheren Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, sondern auch einen Mann, der sich gut in Kandel auskennt und dem das Naturfreundehaus nicht fremd ist. Und auch sonst gibt es ja viele Querverbindungen zwischen der SPD und den Naturfreunden, die den „demokratischen Sozialismus“ übrigens in ihrer Satzung stehen haben, sich für Bildung und Aufstieg, Frieden und Klimaschutz einsetzen und engagieren. Und mit Michael Müller ist ein SPD-Politiker seit mehr als 25 Jahren deren Bundesvorsitzender. In früheren Jahren fand hier zu Pfingsten immer wieder Treffen der Naturfreunde statt. Für die musikalische Unterhaltung sorgt ein Mandolinenorchester. Und zum 100. Geburtstag eines Vereins gibt es natürlich auch Ehrungen verdienter Mitglieder, ehe nachmittags dann das „Steinzeit-Trio“ musikalisch unterhält und Kinder in einer Ecke geschminkt werden.

Naturfreundehaus.
Naturfreundehaus.
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