Kreis Germersheim Nach drei Jahren klappt es mit der Sprache

Verkehrssicherheitsberatung für junge Flüchtlinge bei der Polizei in Germersheim.
Verkehrssicherheitsberatung für junge Flüchtlinge bei der Polizei in Germersheim.

Viele Araber haben einen Deutschkurs besucht und ein gutes Sprachniveau erreicht. Aber trotzdem haben viele Verständnisprobleme und sind enttäuscht, weil sie den pfälzischen Dialekt, den besonders ältere Menschen sprechen, nicht verstehen. Sie fühlen sich dann als ob sie gerade erst in Deutschland ankommen – trotz der Sprachkurse.

Trotzdem versuchen sie, Kontakt mit Deutschen zu knüpfen. Sie sehen nur deutsche Fernsehsendungen und hören oft die Nachrichten und Programme im Radio und surfen im Internet nur auf deutschen Seiten, um die Sprache besser zu lernen. Manche lesen hin und wieder die Zeitung und auch Bücher, auch wenn das sehr anstrengend ist. Das zeitigt aber Erfolge. Dafür gibt es viele erfolgreiche Beispiele in Germersheim. Einer meiner Landsleute hat in sehr kurzer Zeit die Sprachkurse mit C1 abgeschlossen, eine Ausbildung als Schweißer gemacht und direkt danach mit der Arbeit begonnen. Er hat deshalb bei der Aufenthaltsverlängerung die Niederlassungserlaubnis bekommen. Andere sind für ein Maschinenbaustudium nach Koblenz umgezogen. Einer der hiesigen Flüchtlinge studiert Elektrotechnik und Informatik an der Universität Karlsruhe. Ein Arzt macht Hospitationen, um als Allgemeinmediziner in Deutschland arbeiten zu können. Viele Syrer haben schon in Syrien eine Ausbildung gemacht oder an der Universität studiert und nach der Anerkennung ihres Zertifikats – in meinem Fall ein Bachelor-Abschluss – bekommen sie hier eine Arbeitserlaubnis. Es sind Ingenieure und Apotheker dabei. Andere machen Weiterbildungen in ihren Bereichen. Im Krankenhaus in Germersheim kümmert sich ein Auszubildender um die Kranken und einer schneidet Haare in einem Friseursalon in Germersheim, einer macht in Speyer eine Ausbildung zum Elektriker. Dutzende Schweißer arbeiten nach dem Abschluss in den verschiedenen Unternehmen in der Umgebung von Germersheim. Eine große Gruppe will einfach nur arbeiten gehen und nicht zu Hause bleiben. Sie arbeitet in den verschiedensten Firmen im Kreis Germersheim als Verpacker, Helfer, Zusteller. Arbeiten wolle alle, einige wenige haben sogar den Sprung in die Selbstständigkeit und Firmengründung gewagt. Es gibt eine hoch qualifizierte Gruppe, die schon in Syrien eine Ausbildung gemacht und viel berufliche und soziale Kompetenz erworben hat. Wegen der Armut und des Krieges haben diese Männer und Frauen ohne Deutschkurse sofort zu arbeiten begonnen, um Geld zu Ihren Familien in Syrien oder in den Lagern in der Türkei, im Libanon oder in Jordanien zu schicken. Aber warum sprechen einige Flüchtlinge auch einige Jahre nach ihrer Ankunft in Deutschland noch kein oder nur ganz schlecht Deutsch? Die Hauptursache ist die relativ hohe Zahl der Analphabeten, obwohl es in Syrien verpflichtend ist, bis zur 9. Klasse in der Schule zu lernen. Viele Syrer kämpfen auch mit der anderen Schreibweise: Sie schreiben mit ganz anderen Buchstaben und nicht wie in Europa üblich von links nach rechts, sondern von rechts nach links. Die meisten Frauen kamen circa ein Jahr später zu ihren Männern nach Deutschland dank der Familienzusammenführung. Sie kamen ohne Ahnung, ohne Wissen über Deutschland und bleiben meistens zu Hause und kümmern sich um die Kinder. Aber sie haben nicht aufgegeben und sie besuchen einen Intergationskurs. Die Kurse werden vom Jobcenter angeboten, aber sie sind nicht verpflichtend. Viele Frauen haben trotz verschiedener Schwierigkeiten die Entscheidung getroffen zum Kurs zu gehen. Die Frau bringt morgens das Kind zum Kindergarten und geht weiter mit dem zweiten, das noch nicht im Kindergarten angemeldet werden darf, zum Kurs. Das Kind kann im Unterricht bei der Mutter bleiben. Außerdem gehen einige weiter an der Universität Germersheim, wo der Unterricht fast täglich kostenlos für die Flüchtlinge stattfindet, in verschiedenen Gruppen: Anfänger, Fortgeschrittene, Frauenkurse und Alphabetisierungskurse. Die Studenten vermitteln Deutschkenntnisse und helfen auch bei Behördengängen oder rechtlichen Fragen. Kostenlose Kurse gibt es auch bei der Volkshochschule. Die meisten Flüchtlinge wissen, wie wichtig die Sprache ist obwohl man in vielen Fällen die Sprache gar nicht braucht. Beim Lebensmittelkauf im Supermarkt zum Beispiel muss man nicht mit dem Kassierer diskutieren, weil der Preis auf einem Kassendisplay angezeigt wird. Ähnlich einfach ist es beim Geld abheben, Tanken und dem Kauf eines Zugtickets am Fahrscheinautomaten oder online. Und dank der modernen Navigationsgeräte, die mit dem Autofahrer in seiner Muttersprache „sprechen“, kann der Araber beispielsweise problemlos durch ganz Europa reisen, ohne jemanden nach dem Weg fragen zu müssen. Aber es gibt auch Fälle, in denen man Deutsch können müsste, beim Besuch des Arztes, des Jobcenters oder der Ausländerbehörde etwa. Hier verlassen sich einige Männer ganz auf ihre Kinder, die täglich zur Schule gehen und durch den Kontakt mit Gleichaltrigen leicht und schnell Deutsch sprechen lernen. Die Kinder begleiten ihre Eltern und übersetzen, das gilt auch für Telefonate und Briefwechsel. Das erste gemeinsame Kind eines Syrers und einer deutschen Mutter in Germersheim ist übrigens bereits vor paar Monaten auf die Welt gekommen. Die Frage bleibt aber immer, ob die Flüchtlinge sich in Deutschland einleben und integrieren können oder ob eine neue Gesellschaft innerhalb der Gesellschaft entsteht. Zur Person Bahaa Abou Asaly lebt seit drei Jahren in Germersheim. Er hat in Syrien Kommunikationswissenschaften mit dem Hochschulabschluss der dem deutschen Bachelor entspricht, studiert. Bei einer Zeitarbeitsfirma hat er als Personalberater gearbeitet. Zurzeit macht Bahaa Abou Asay ein Praktikum in der Lokalredaktion Germersheim der RHEINPFALZ und ist auf der Suche nach einem festen Arbeits- oder Ausbildungsplatz.

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