Wörth In einer Trümmerwüste überleben
Die südtürkische Stadt Antakya ist eine Trümmerwüste. „Ich kenne keine Familie, die nicht irgendjemanden verloren hat“, erzählt Nebihe Tacioglu-Allert. Die 37-Jährige bekommt täglich Nachrichten, Fotos und Videos aus der Erdbebenregion. Das Ausmaß der Verwüstung sei unbeschreiblich, die Schicksale der Menschen furchtbar. „Wir sind alle da, wo es keine Worte mehr gibt“, sagt Tacioglu-Allert. Sie ist in Deutschland geboren, ihre Eltern leben hier. „Der Rest der Familie ist dort.“ Ihr Großonkel, seine Frau und ihre zwei Söhne sind unter den Todesopfern. Viele Bekannte haben ihr Leben verloren. „Die Dramen dort sind so heftig“, erzählt Nebihe Tacioglu-Allert. „Die Menschen sind plötzlich allein, sie sind aus dem Leben gerissen.“
Familie tot, Arm amputiert
Unterstützt vom Beirat für Migration und Integration (BMI) Wörth, deren Vorsitzende sie ist, organisiert Tacioglu-Allert am Sonntag eine Benefizveranstaltung für die Erdbebenopfer in der Festhalle. Es wird einen Flohmarkt geben, Kuchenverkauf, ein Bühnenprogramm mit Folkloretänzen und einer DJane und Unterhaltung für Kinder. Der Erlös geht an den Mannheimer Kulturverein Defne, der Hilfe für die Erdbebenregion organisiert. Mit ihm zusammen entscheidet die BMI-Vorsitzende, wohin die Spenden direkt fließen. Der Verein unterstütze beispielsweise einen 23-jährigen Mann aus Adana, der seine ganze Familie verloren hat und dessen Arm amputiert wurde. „Wir sorgen für Unterkunft und Ausstattung“, sagt Tacioglu-Allert. Ihr ist wichtig, dass die Hilfe direkt ankommt. Dafür nutzt die ehrenamtlich engagierte Frau ihr deutschlandweites Netzwerk und Kontakte zu Helfern in der Türkei. Mit einem Teil des Geldes werden zudem Dinge des täglichen Bedarfs oder Kleider vor Ort gekauft.
Geld für den Wiederaufbau
Spenden für den Flohmarkt – sie selbst bietet ihr Hochzeitskleid an – können ab Mittwoch in der Halle abgegeben werden. Angenommen werde alles, was gut erhalten ist, außer Elektrogeräte. Was nicht verkauft wird, gehe zum Teil an die Tafel Wörth. Gespendete Lebensmittel, Hygieneartikel und kleine Spielzeuge gehen an Hilfstransporte. Es gehe aber nicht in erster Linie darum, Sachspenden in die Türkei zu bringen. „Die Menschen brauchen Geld. Sie müssen ihre Häuser wieder aufbauen, sich Wohnungen suchen“, sagt Tacioglu-Allert. Viele Menschen leben in Zeltlandschaften oder Häuserruinen, Hotels wurden zu Sammelunterkünften. „Es ist nicht das erste Erdbeben in der Türkei. Aber es ist das verheerendste.“ Allein in Antakya wurden mehr als 500 Kinder zu Waisen. Die Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben, sind im ganzen Land verteilt. Darunter ist auch eine Familie mit vier Kindern, alle jünger als zehn, die bei Aufräumarbeiten entdeckt wurde. Ein Bekannter habe ihnen seine Wohnung in Istanbul angeboten, wo sie mietfrei leben können. „Es ist eine Familie von vielen“, sagt Tacioglu-Allert. Ein kleiner Beitrag der Hilfsaktion am Sonntag soll auch dieser Familie zugutekommen.
Info
„Hand in Hand“, Benefizveranstaltung für Erdbebenopfer am Sonntag, 5. März, 13 bis 18 Uhr, Festhalle Wörth, mit Speiseangeboten und Kuchen. Flohmarkt-Artikel können zu folgenden Zeiten an der Halle abgegeben werden: Mittwoch, 1. März, 13 bis 16 Uhr; Donnerstag, 2. März, 10 bis 15 Uhr und Freitag, 3. März, 10 bis 12 Uhr. Info bei Nebihe Tacioglu-Allert, E-Mail bmi@woerth.de, Telefon 0176 82059706.