Karlsruhe Gemeinde ohne Imam

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Seit Wochen ist die Islamische Gemeinde Neustadt ohne Imam. Amtsinhaber Rasit Altindag darf nicht aus der Türkei ausreisen, zudem wurde ihm gekündigt. Während eines Heimaturlaubs waren ihm Verbindungen zu Fethullah Gülen nachgesagt worden, dem die türkische Regierung vorwirft, den Putschversuch vom 15. Juli organisiert zu haben. Der türkische Prediger lebt seit 1999 in den USA.

Nach RHEINPFALZ-Informationen war Altindag in den Sommerferien zu einem längeren Urlaub in die Türkei aufgebrochen. Dort erwarteten ihn Schwierigkeiten: Offenbar wegen einer angeblichen Kontobewegung zugunsten Gülens wurde ihm unterstellt, diesen zu unterstützen. Von einer kurzzeitigen Inhaftierung ist die Rede. Sicher ist, dass ihm die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) gekündigt hat. Der Dachverband zählt bundesweit rund 900 Gemeinden, darunter Neustadt. Ditib entsendet die Imame für fünf Jahre. Altindag war seit vier Jahren in Neustadt im Amt. Salih Yaras ist der Vorsitzende der Islamischen Gemeinde. Auf Anfrage bestätigte er, dass dem bisherigen Imam eine gewisse Nähe zu Gülen unterstellt werde, er deshalb gekündigt worden sei und auch nicht ausreisen dürfe. Dass an den Vorwürfen etwas Wahres sein könnte, ist für Yaras undenkbar: Altindag sei ein integerer Mann und ein guter Imam. Der Vorsitzende hofft darauf, dass der Widerspruch Altindags erfolgreich sein wird. Das aktuelle Problem der Islamischen Gemeinde würde das allerdings nicht lösen. Denn Yaras hält es für unwahrscheinlich, dass Altindag im Erfolgsfall wieder nach Neustadt zurückkehrt. Schließlich seien ohnehin schon vier der fünf Jahre vorbei. Yaras’ Gemeinde hat rund 200 Mitglieder. „Wir warten dringend auf einen neuen Imam“, beschreibt er die Situation. Das betrifft nicht nur das Freitagsgebet in der Moschee in der Europastraße, sondern beispielsweise auch den Koranunterricht für Kinder und Jugendliche. Bereits vor Wochen habe er Ditib darum gebeten, einen neuen religiösen Führer zu entsenden. Das Schicksal Altindags wurde zwischenzeitlich auch im Neustadter Rathaus bekannt. „Der Imam hat sich immer wieder und vielfältig für ein gutes Miteinander in unserer Stadt eingebracht“, so Oberbürgermeister Hans Georg Löffler (CDU). Als Beispiele nennt er Altindags Beteiligung an der Friedenskundgebung im Januar 2015 und dem Willkommensfest für die Asylbewerber in der Moschee. Ebenso sei der Sprachförderunterricht der Ausländerbeauftragten mit einer Spende bedacht, seien in der Moschee Deutschkurse angestrengt worden. Altindag sei der erste Imam gewesen, der versucht habe, Brücken in die Neustadter Gesellschaft zu bauen, sagt Bürgermeister Ingo Röthlingshöfer (CDU). Dabei habe er sich persönlich Mühe gegeben und den direkten Kontakt gesucht, zum Beispiel als Teilnehmer an Sprachkursen oder beim Runden Tisch Asyl. Er habe sich für Neustadt interessiert und seine Gemeinde vorsichtig öffnen wollen. Von Ditib-Dachverband war wegen der Terminlage des zuständigen Ansprechpartners keine Stellungnahme zu erhalten. |ahb

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