Schwimmen Wenn Wasser verbindet

Im Kaiserslauterer Sport- und Freizeitbad MonteMare läuft das Training der Wettkampfgruppe des Kaiserslauterer SK auf Hochtouren. Cheftrainerin Bianca-Mara Stief hat im wahrsten Sinne des Wortes alle Hände voll zu tun: Koordinieren, wer wann wo was trainiert. Für die jungen amerikanischen Schwimmer im Team immer schnell noch ins Englische übersetzen. Die Uhr im Blick halten, die Trainingszeiten sind bislang pandemiebedingt noch recht begrenzt, und dann braucht es noch das Handy, genauer den Google-Übersetzer, der von Deutsch ins Ukrainische und zurück übersetzt.
Seit kurzem sind die Kriegsflüchtlinge Milena (2007) und Miroslava (2009) mit im Team. Die ukrainischen Schwestern aus Charkiw, nahe der russischen Grenze, sprechen neben ihrer Muttersprache zwar auch sehr gut Russisch, aber kein Englisch und erst recht kein Deutsch. „Mit Vormachen, Händen und Füßen und dem Übersetzungsprogramm kriegen wir das hin“, sagt die Trainerin, für die der Aufwand überhaupt kein Thema ist. Außerdem sind schon länger drei Mädels aus Russland im Team, die mit Freude alles auf Russisch übersetzen.
„Wenn keins der drei im Training ist, dann ist es manchmal schon interessant, aber es klappt“, ist die Trainerin ehrlich und froh, dass alle aus ihrem Team regen Kontakt mit den Schwestern auch außerhalb des Trainings über die sozialen Netzwerke halten – mit Übersetzungsprogrammen.
Bomben, Verletzte und die Flucht
Was genau hinter den Schwestern liegt, kann sich kaum einer vorstellen. Sie erzählen mit gedrückter Stimme vom Alarm, den Bomben, die aufs Haus gefallen sind, von Verletzten und davon, dass sie sich mit der Mutter auf den Weg zu Oma und Opa weiter ins Innere der Ukraine in Sicherheit bringen wollten. Kaum dort angekommen, fielen auch hier Bomben. Während Vater und Onkel zurückbleiben mussten, flohen sie mit Mutter, Tante, Cousin und Cousinen in zwei Autos nach Polen. Von dort ging es dann wieder im Auto nach Deutschland. „Freunde haben uns nach Kaiserslautern gebracht“, erzählen sie davon, wie sie in die Westpfalz gekommen sind. „Dem Papa geht es gut“, sagen sie. Mehr als einen Kontakt übers Handy haben sie nicht mehr.
In Kaiserslautern leben sie seitdem mit ihrer Mutter und vielen weiteren Flüchtlingen in der Burgherrenhalle in Hohenecken. Keine Privatsphäre, keine Schule, kein vertrautes Zuhause und auch kein Schwimmen mehr. Auch das ein harter Einschnitt für die Schwestern. Sie waren in ihrer Heimat Leistungsschwimmerinnen. „Milena hatte daheim zwölf Wassereinheiten, die jüngere Schwester zehn“, spricht die KSK-Trainerin an, was in den Mädels steckt, die im KSK ganz vorne mitschwimmen.
Der russische Busfahrer
Es war übrigens ein russisch stämmiger Busfahrer, der Milena und Miroslava mit dem KSK zusammengebracht hat. Die Mädels hielten ihm beim Einstieg in den Bus von Hohenecken rein in die Stadt Kaiserslautern als Fahrberechtigung mit traurigem Blick den ukrainischen Pass entgegen. Er hat sie spontan auf Russisch angesprochen, sich mit ihnen unterhalten und von ihrer Leidenschaft, dem Schwimmen, gehört.
Manchmal sind es schöne Zufälle – die Tochter des Busfahrers schwimmt im KSK-Nachwuchsbereich, die Kontaktwege waren plötzlich sehr kurz. Der Verein hat die Mädels ausgestattet, was gefehlt hat, wurde über Sponsoren organisiert, und seitdem können sie wenigstens wieder ihrem Sport nachgehen. „Es ist so schön zu sehen, wie den beiden das Schwimmen gut tut und sie einen Hauch von Normalität erleben dürfen“, freut sich die Trainerin. Mitsamt ihrem Verein ist sie auf der Suche nach einer Wohnung für die Mädchen und ihre Mutter. Nach den Osterferien hofft Bianca-Mara Stief, dass dann auch im Schulzentrum Süd wieder die Schwimmzeiten wie vor der Pandemie sein werden und Milena und Miroslava, genau wie alle anderen im Wettkampfteam, auf wenigstens sechs Schwimmeinheiten die Woche kommen.
Kontakt
zum Verein bekommen Sie über die Homepage des KSK unter http://www.ksk1911.de/kontakt/