Uraufführung Pfalztheater zeigt Preisträgerstück „Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)“

Kaum wieder zu erkennen: die Schauspielerinnen Jelena Kunze, Helena Gossmann, Hannelore Bähr, Nina Schopka und Ulrike Knobloch (
Kaum wieder zu erkennen: die Schauspielerinnen Jelena Kunze, Helena Gossmann, Hannelore Bähr, Nina Schopka und Ulrike Knobloch (von links) in einer Proben von »Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)«.

Was wäre, wenn die Dinosaurier wieder zum Leben erweckt würden und Birken eine Stimme hätten? Diese und andere Fragen stecken in dem Stück „Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)“ der Schweizer Autorin Ariane Koch. Am Freitag wird es auf der Werkstattbühne des Pfalztheaters uraufgeführt – unter der Regie von Simone Blattner. Ein Gespräch vorab.

Simone Blattner und Ariane Koch sind beide „Baseler Mädel“ und lernten sich 2018 kennen. Damals brachte Blattner Kochs Stück „Wer ist Walter“ am Theater Bonn zur Uraufführung. „Danach haben Ariane und ich uns immer wieder getroffen, und es ist eine schöne Verbindung entstanden“, blickt die Regisseurin zurück. „Wir teilen das Interesse für das Absurde, Musikalische, Heitere“, bestätigt Koch.

„Wir teilen das Interesse für das Absurde, Musikalische, Heitere“, sagt die Autorin Ariane Koch über ihre Zusammenarbeit mit Reg
»Wir teilen das Interesse für das Absurde, Musikalische, Heitere«, sagt die Autorin Ariane Koch über ihre Zusammenarbeit mit Regisseurin Simone Blattner.

Das neuste Koch-Werk „Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)“ ist eine eher düstere Dystopie, angesiedelt in einer 200 Millionen Jahre entfernten Zukunft, in der der Mensch ausgestorben und die Welt von Dinosauriern bevölkert wird – und von Birken. Dafür bekam die Dramatikerin den Else-Lasker-Schüler-Stückepreis, den das Pfalztheater Kaiserslautern im Auftrag der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur vergibt, verbunden mit einer Uraufführung in Kaiserslautern.

Wenn Bäume sprechen

Die Zusammenarbeit mit Blattner begann dabei früh. „Während Arianes Schreibprozess an ,Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)’ haben wir uns oft über das Stück unterhalten, und sie schickte mir immer wieder neue Fassungen zu. Insofern habe ich eine ganz besonders enge Bindung an das Stück und wollte es unbedingt inszenieren.“ Zur Freude der Autorin. Blattners Inszenierung arbeite die Themen des Stücks „sehr lustvoll heraus, insbesondere über eine ganz eigene Körperlichkeit, Musikalität und Vehemenz im Ausdruck der Dinosaurier“, lobt die Schweizerin. „Wenn wir schon alle untergehen, dann wenigstens so schön schräg!“

Schräge Episoden und Untergangsszenarien bietet das Stück der 1988 in Basel geborenen Philosophie- und Theaterwissenschaftsabsolventin zuhauf. Die Idee, eine Gesellschaft aus rein weiblichen Dinosauriern zu erschaffen, die sich mit Fragen zu Sinn und Sein, Herkunft und Ende beschäftigen, ist in den ersten Monaten der Pandemie entstanden. „Tatsächlich war es für mich auch ein Umgang mit den damaligen Umbrüchen. Die Fragilität der eigenen Spezies war plötzlich noch augenscheinlicher: Wie wollen wir zusammenleben? Was kommt nach uns? Und mit welchem historischen Blick wird man auf uns zurückschauen? Ich habe also eine Art zukünftige Geschichtsschreibung zu denken versucht.“ Zudem hat Koch Geschlechterkategorien neu gedacht, „beziehungsweise abgeschafft zu denken.“ Und all diese Fragen und Gedanken werden in Gang gesetzt, als ein unbekanntes, seltsames Wesen in der Dinosaurierwelt auftaucht.

Spiegel der Gegenwart

Aber warum gerade die alten Dinosaurier als neue Lebensform? „Mich hat interessiert, inwiefern Dinosaurier als Spiegel der Gegenwart fungieren können. Sie sind zwar schon längst ausgestorben, aber die Art und Weise, wie wir diese Wesen lesen, sagt viel über uns als Gesellschaft aus. Beispielsweise sind die meisten Dinosaurier, die wir kennen, durch Hollywood und die westliche Kultur bekannt geworden. Es gibt aber so viele andere – medial unbekannte – Arten. Gleichzeitig habe ich mir auch die verrückte Frage gestellt: Wie viel Dinosaurier steckt eigentlich noch in uns? Könnte man die Evolution oder Geschichte des Menschen auch anders denken – stammen wir selbst sogar von den Dinosauriern ab?“

Dass ihre Zukunftsvision einmal Realität werden könnte, hält die Künstlerin nicht für ausgeschlossen. „Ich halte es durchaus für eine Möglichkeit, dass unsere Spezies irgendwann durch eine nächste abgelöst wird.“ Was nicht unbedingt ein Grund zum Klagen sei. „Für mich ist es deshalb noch lange nicht nur dystopisch, schließlich haben die zukünftigen Wesen auch ihren Spaß“, vermerkt sie lachend.

Das komische Potenzial

Doch wie lässt sich ein derart düster-humoriges Stück mit philosophierenden Dinosauriern und sprechenden Bäumen auf die Bühne bringen? Eine der größten Herausforderungen für die Regie sieht Simone Blattner darin, für die assoziativen Passagen des Stücks konkrete Situationen und Konflikte zu erfinden. „Im Gegensatz zu früheren Texten hat Ariane bei den ,Dinosauriermonologen’ schon viel stärker Figuren und Dialoge in das Stück eingeschrieben“, sagt sie. „Das Schwierigste sind die Szenen, in denen die Konflikte nicht gleich auf der Hand liegen – in denen man die Konflikte und Situationen suchen muss,“ beschreibt die Schweizer Regisseurin ihre Arbeit. Und sie bestätigt, dass diese Konflikte durchaus auch komisches Potenzial haben: „Schon bei der Leseprobe wurde viel gelacht“, so Blattner.

Hat eine besonders enge Verbindung zum Stück, da Ariane Koch sie auch schon während des Schreibprozesses einbezog: Simone Blattn
Hat eine besonders enge Verbindung zum Stück, da Ariane Koch sie auch schon während des Schreibprozesses einbezog: Simone Blattner.

Humor ist für Koch ein Mittel, schwierige Themen leichter anzusprechen. „Gerade wenn das Krisenhafte angetönt wird, muss es unbedingt humoristisch getan werden, finde ich. So schaffen wir es, uns vielleicht auf eine produktive Weise mit dem Nicht-Schönen auseinanderzusetzen und es letztendlich zu bekämpfen. Zum Beispiel die Klimakrise.“

Die Kraft des Humors

Warum sich das Publikum auch in Zeiten eh schon dystopischer Ausmaße dieses Stück nicht entgehen lassen sollte, weiß die Autorin genau: „Ich glaube, es ist ja gerade die Kunst, die einen Ausgleich dazu bieten kann, wie über die schweren Themen nachgedacht wird. Das Theater ist ein geeigneter Ort, um sich auf andere Narrative einzulassen und sogar den sehr traurigen Dingen Spielerisches abzugewinnen, anstatt paralysiert in Isolation zu verfallen. Im Theater sind wir nicht allein, sondern zusammen!“

Und die Zusammenarbeit mit Simone Blattner und ihrem Team lässt auch die Vorfreude der Autorin auf die Uraufführung wachsen. „Natürlich bin ich aufgeregt und gespannt, aber auch entspannt, weil ich die Verantwortung für das Endergebnis nicht alleine trage. Ich habe nicht nur Vertrauen in alle Beteiligten, sondern freue mich auf die vielen Überraschungen und neuen Perspektiven, die ich in der Inszenierung erleben werde.“

Termine

„Die toten Freunde (Dinosauriermonologe)“ wird am Freitag, 9. Dezember, 20 Uhr, auf der Werkstattbühne des Pfalztheaters aufgeführt. Weitere Termine: 11. und 29. Dezember, 6. und 14. Januar, 1., 18. und 24. Februar. Infos: www.pfalztheater.de

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