KÜCHEN-PLAUDEREI Nur manchmal noch Heimweh

Kocht gerne nach alten Familienrezepten: Holger Jacobs.
Kocht gerne nach alten Familienrezepten: Holger Jacobs.

Er kochte bereits für Staatsmänner und gekrönte Häupter, seit vier Jahren betreibt er in der Lauterer City das Stadthotel mit angeschlossenem Bistro. Das klingt unprätentiös – und das soll es auch. Denn Patron Holger Jacobs ist keiner, der ständig mit seiner Kochkunst prahlt. Geplaudert wurde trotzdem – zu heimischem Landschweinerücken und einer süßen Überraschung.

Holger Jacobs versucht erst gar nicht, dem Idiom der Pfälzer nachzueifern und sich der Region anzubiedern. Er ist Norddeutscher, ein „Fischkopp“, wie er augenzwinkernd anmerkt, geboren und aufgewachsen in Bremerhaven. Dabei hat der 62-Jährige bereits viele Jahre seines beruflichen Lebens in der Pfalz verbracht, bevor er 2018 das alt-ehrwürdige Stadthotel unter dem Namen „herr jacobs“ eröffnete.

Nach seiner Ausbildung im Nordsee-Hotel Naber in Bremerhaven und einer Zwischenstation in Hannover verpflichtete sich Jacobs für zwei Jahre zum Militärdienst, „obwohl ich eigentlich Pazifist bin“. Als NATO-Soldat war er eineinhalb Jahre in Ramstein und später in Holland stationiert. Es dauerte weitere zehn Jahre, ehe Holger Jacobs nach Zwischenstationen im Harz und in Kampen auf Sylt die Pfalz so richtig kennenlernen durfte. Im „Deidesheimer Hof“ von Sterne-Koch Manfred Schwarz bekochte er zahlreiche Staatsgäste von Alt-Kanzler Helmut Kohl. Der hatte bekanntermaßen eine Vorliebe für Saumagen – und hat dies die ganze Welt wissen lassen.

Dampfnudeln und Weinsoße sind nicht seins

Wer aber jetzt glaubt, Jacobs habe sich in dieser Zeit assimiliert und sich mit Haut und Haaren der pfälzischen Küche verschrieben, der irrt. So „fremdelt“ er beispielsweise bis heute mit Dampfnudeln und Weinsoße. „Das liegt mir so gar nicht“, erzählt er. Immer wieder holt er sich Anregungen aus teils uralten Aufzeichnungen seiner Großmutter und einer Mappe mit Heimatrezepten: Matjes, Räucherfisch, Hummer, Grünkohl, Rote Grütze. Daran änderte auch die Zeit in Johann Lafers „Stromburg“ nichts, wo er Mitte der 1990er Jahre als Küchendirektor arbeitete und die Kochschule des Fernsehkochs leitete. In dieser Funktion betreute er 120 Fernsehsendungen und fungierte als Co-Autor bei zehn Kochbüchern Lafers.

Mit den „Stromberg“-Köchen kochte Jacobs 1996 anlässlich der Vollversammlung der Vereinten Nationen im Plaza Hotel New York für mehr als 1200 Gäste. „Das war natürlich ein ganz besonderes Erlebnis“, erinnert er sich noch heute gerne zurück. Weitere Stationen führten ihn nach England, Sri Lanka, Japan, Thailand, Mexiko und Brasilien.

Einkauf mit Lastenrad

Der Kontrast könnte kaum größer sein. Heute erledigt Jacobs seine Einkäufe auf dem Lauterer Wochenmarkt oder beim lokalen Bäcker mit einem stilvollen Lastenrad. Auch zur Küchen-Plauderei bleibt der Chefkoch bodenständig und regional. „Landschweinerücken aus Breunigweiler“, wird mir avisiert. Dazu Spargelgemüse aus Gönnheim mit einer Bärlauch-Hollandaise und neuen Kartoffeln aus Maxdorf. Er genieße den Kontakt zu seinen regionalen Erzeugern, zu den vielen Lieferanten, die er zum Teil schon jahrzehntelang kennt.

Auch aus seiner Zeit im „Freinsheimer Hof“. Von 1999 bis 2017 entwickelte Jacobs das Haus zu einer feinen und angesagten Adresse in der Vorderpfalz. Stammgäste aus Kaiserslautern hätten ihn immer wieder versucht zu überreden, sein Domizil in die Barbarossastadt zu verlegen. Und tatsächlich ergab sich eines Tages die Chance. Ein Hotel mit 21 Zimmern, dazu eine Showküche mit jeder Menge Charme. Ohnehin liege ihm die Rolle des Gastgebers im Blut, merkt er an. Bereits sein Urgroßvater führte Anfang des 20. Jahrhunderts ein Hotel in der Nähe von Hannover, das sein Großvater übernahm. „Mir blieb doch gar nichts anderes übrig“, schmunzelt er rückblickend. „Ich wollte nie etwas anderes werden als Koch.“

Überraschung für die Gäste

Die Gastgeberrolle steht ihm. Nach dem „Ersten Mahl“, wie Jacobs seine einzelnen Gänge in der Speisefolge nennt, überrascht er seinen Gast mit einem italienischen Nougat-Mousse an pfälzischen Erdbeeren und Rhabarber. Frisch vom Lauterer Wochenmarkt. Selbst waschen, schälen und Stäbchen schneiden erfordert unter den kritischen Augen des Küchenchefs höchste Konzentration. Das Blanchieren und Einkochen überlasse ich dann doch lieber dem Profi. Schließlich soll das unerwartete Dessert auch schmecken. Und es hat geschmeckt. Übrigens findet sich in Jacobs Bistro keine feste Karte, sondern ein Überblick der saisonal verfügbaren Zutaten. Daraus kann sich dann jeder sein ganz individuelles Menü zusammenstellen. „Wenn jemand was nicht mag, kann er es abwählen, der Rest ist Freestyle“, umschreibt er das ungewöhnliche Konzept.

Manchmal kommt das Heimweh

Holger Jacobs scheint angekommen, auch wenn ihn ab und an noch immer das Heimweh packt. „Zurück werde ich wohl nicht mehr gehen, aber ich trage die Heimat im Herzen.“ Den Pfälzer würde ihm in Kaiserslautern ohnehin niemand abnehmen, auch wenn er mittlerweile ein glühender Anhänger der Roten Teufel ist und die Region lieben und schätzen gelernt hat.

Die knapp bemessene Freizeit nutzt er zu Ausflügen in die Natur. „Wenn ich auf der Anhöhe der Haardt im Pfälzerwald stehe und hinunterblicke, sehe ich flaches Land, wo früher alles voller Wasser war.“ Dann lässt er sich den Wind um die Nase wehen, schließt seine Augen und fühlt sich für einen kurzen Moment an Weser und Nordsee. Mehr braucht’s nicht, um für ein paar Momente nach Hause zu kommen.

INFO

Stadthotel und Bistro „herr jacobs“

Inhaber: Holger Jacobs

Chefkoch: Holger Jacobs

Friedrichstraße 39

67655 Kaiserslautern

Telefon 0631/362630

www.stadthotel-kl.de

Öffnungszeiten: Donnerstag, Freitag und Samstag ab 18.00 Uhr, an allen anderen Tagen mittags und abends auf Anfrage möglich

DIE SERIE

In unserer Küchen-Plauderei reden, diskutieren und fachsimpeln wir gemeinsam mit einem Lauterer Koch über dessen Lokal, gutes Essen und den Reiz des Verwöhnens. Während des Gesprächs bereitet der Küchenchef eines seiner für ihn typischen Lieblingsgerichte zu. Guten Appetit!

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