Kreis Kaiserslautern Früh das Abenteuer Lesen für sich entdeckt

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SCHOPP. Die golden gerahmte Urkunde hat schon ihren Platz in der Küche von Walburga Bayer gefunden. 30 Jahre lang wirkte die Schopper Bürgerin als Leiterin der Gemeindebücherei. Für dieses ehrenamtliche Engagement wurde ihr in der vergangenen Woche die Ehrenbürgerwürde verliehen (die RHEINPFALZ berichtete am Donnerstag).

Schon in jungen Jahren hat Bayer das Abenteuer Lesen für sich entdeckt. Animiert wurde sie von ihrer Mutter Elisabeth Asel, die das junge Mädchen und dessen Bruder allwöchentlich zur Bücherei geleitete, nachdem diese 1952 eröffnet worden war. Seither wird sie in der Leserkartei geführt und war wohl einer der eifrigsten Bücherwürmer in Schopp. „Ich habe nicht nur Liebesromane gelesen, sondern alles“, betont die Seniorin. Fachliteratur, Sachbücher, Krimis, Gartenratgeber – Walburga Bayers Wissensdurst waren keine Grenzen gesetzt. Als Ortsbürgermeister Kurt Mayer, der die Bücherei ins Leben gerufen und geleitet hatte, 1987 bei ihr anfragte, ob sie denn bereit sei, diese Aufgabe zu übernehmen, musste sie „überhaupt nicht überlegen“. „Ich habe sofort ja gesagt“, erinnert sie sich. Da sie ihren Eltern in deren Landwirtschaft und Gasthaus half, hatte sie den nötigen Freiraum. An ihren ersten Tag als Leiterin der Bücherei kann sie sich nicht mehr erinnern. Dafür aber an eine Schulung, bei der sie 1988 bei der damaligen Staatlichen Büchereistelle in Neustadt unter anderem den Umgang mit Lesern und das Haushalten mit dem Etat erlernte. Damit die Bücher auch wieder zurückkommen, dafür hat die Schopperin ihren eigenen Dreh entwickelt. „Ich habe mich zu jedem Kind vorgebeugt und ihm erklärt, wie sich die Sache mit dem Ausleihen und dem Zurückgeben verhält“, erzählt die rüstige Seniorin und lächelt verschmitzt, denn in all den Jahren hat sie ihre Pappenheimer kennengelernt. Gerade die Kinder bereiteten Bayer in all den Jahren immer wieder Freude. „Wenn sie gesagt haben: ,Ich kann schon lesen’“, erinnert sie sich lachend, wie sich Leseanfänger – den Finger auf der Buchseite – Buchstabe um Buchstabe vorangearbeitet haben. In den drei Jahrzehnten als Leiterin hat Bayer auch einige Ausstellungen mit Exponaten und begleitender Literatur initiiert. „Die Arbeitswelt der Erwachsenen“ 1990 war noch im Untergeschoss der Kindertagesstätte zu sehen. Es folgten weitere wie „Alte Haushaltsgegenstände“, „Historische Kleider“ und eine Dinosaurier-Ausstellung als Leihgabe der Landesbibliothek. Daneben organisierte Bayer Advents- und Weihnachtsausstellungen, Tage der offenen Tür und Ehrungen der eifrigsten Leser. Der Umzug bescherte der Bücherei mehr Platz; alte Bücher wurden aussortiert und nach und nach gegen neue ersetzt. „Die Ortsgemeinde hat uns immer großzügig unterstützt“, lobt sie. Aber auch die räumliche Nähe zu Kita und Schule spielte eine Rolle. „Die Eltern haben ihre Kinder abgeholt und gebracht und sind dann mit ihnen gekommen.“ Die Büchereileiterin erweiterte die Öffnungszeiten, damit auch Schüler in ihrer Pause und Erwachsene vormittags vorbeischauen konnten. Waren es damals rund 100 Namen in der Kartei, liegt ihre Anzahl heute bei knapp 1400 – wenn auch nicht alle zu den regelmäßigen Lesern gehören. Nicht leicht gefallen ist es Walburga Bayer, Ende Januar ihre Tätigkeit an Willi Vetter-Gundacker abzugeben. Denn viele schöne Erinnerungen– etwa die Verleihung der Landesehrennadel durch Ministerpräsident Kurt Beck im April 2010 – verbindet sie mit der Aufgabe, die sie mit viel Herzblut in all den Jahren erfüllt hat. „Nur dreimal habe ich gefehlt, als ich im Krankenhaus war“, erzählt sie. Ihren Urlaub habe sie stets in die Ferienzeit gelegt, wenn die Bücherei ohnehin geschlossen war. Im Hinblick auf ihr Alter – Bayer ist Jahrgang 1938 – sagt sie aber auch, dass sich Garten und Haushalt nicht von alleine machen: „Es ist mir zu viel geworden.“ Zu tun hat sie auch jetzt noch genug: Auf der Fensterbank keimen schon Kohlrabi, Muskatsalbei und Paprika in Schalen. Auf dem Schreibtisch liegt ein Puzzle. „Auch Handarbeiten und Basteln machen mir Spaß.“ Und dann sind da noch zwei erwachsene Kinder und drei Enkel. „Langeweile kenne ich eh nicht.“ Und sollte es doch einmal soweit kommen, besorgt sie sich Lesestoff. Der Weg zur Bücherei ist ja alles andere als fremd.

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