Wattenheim Wattenheim geht voran

Alle Wattenheimer, die sich am Programm des Dorfjubiläums 800+1 Jahre beteiligt hatten, wurden beim Neujahrsempfang in der Festh
Alle Wattenheimer, die sich am Programm des Dorfjubiläums 800+1 Jahre beteiligt hatten, wurden beim Neujahrsempfang in der Festhalle von Bürgermeister Carsten Brauer (rechts) geehrt.

In Wattenheim werden Maßstäbe gesetzt. Die Gemeinde, die in früheren Zeiten eine zentrale Funktion im Leiningerland innehatte, nimmt auch weiterhin in einigen Punkten eine Vorreiterrolle ein. Darauf hat der Ortschef beim Neujahrsempfang mit Stolz verwiesen.

Rund 1625 Einwohner zählt Wattenheim aktuell. Vor rund 200 Jahren war die Gemeinde mit 1475 Bürgern nicht viel kleiner – und damals sogar größer als Eisenberg. In Wattenheim stand auch die größte Volksschule der Region. Zudem befanden sich dort so wichtige Einrichtungen wie Forstamt und Post, Einnehmerei (Vorläufer des Finanzamts), Gendarmerie (Polizeistation) und ab 1867 die weit und breit einzige Apotheke.

Im Dorf wird auch heute noch Geschichte geschrieben, wie Ortsbürgermeister Carsten Brauer (CDU) beim Neujahrsempfang am Samstag in der Festhalle deutlich machte.

Vorbild: Breitbandausbau

Da wäre die Sache mit dem Breitbandausbau. Landauf, landab quälen sich die Kommunen mit Telekommunikationsunternehmen, die eigentlich ein Glasfasernetz anlegen sollen, aber bestenfalls Vereinbarungen nicht einhalten und schlimmstenfalls eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. In Wattenheim ließ sich vor einigen Jahren Mawa-Bau, eine Firma aus Hannover, nieder. Der Tiefbauer benötigte einen Zugang zur Datenautobahn, doch niemand wollte ihn schaffen. Also brachte das Unternehmen das High-Speed-Kabel selbst in die Erde und begann, den ganzen Ort gleich mitanzuschließen.

Mit Mawacon wurde kurzerhand ein Provider gegründet und inzwischen liegen Ausbaupläne für acht Ortschaften in der Verbandsgemeinde Leiningerland vor – in einigen wurde auch schon gebuddelt. Mit der Arbeit zeigt man sich allgemein zufrieden. Nörgler gibt es natürlich überall, und die guckte Brauer in seiner Neujahrsansprache verbal scharf an: „Dass mal hier ein Loch in der Straße ist und dort ein Pflasterstein wackelt, muss kurzfristig in Kauf genommen werden.“ Der Anschluss ans Glasfasernetz sei ein sehr wichtiges Projekt für die nächsten Jahrzehnte, betonte er und sagte: „Wir freuen uns, dass wir unseren Nachbardörfern zu schnellem Internet verhelfen können. Darauf bin ich stolz.“

Maßstab: Bebauungsplan

Maßstäbe werden in Wattenheim auch in anderer Hinsicht gesetzt, wie Brauer erläuterte. Der Plan für das Neubaugebiet „Am Bild“, gegen das sich schon 2016 eine Bürger-Initiative gegründet hatte, wurde im September 2020 vom Oberverwaltungsgericht kassiert. Damit hatte der Kläger, ein Anwohner und Mitglied der damaligen BI, Recht bekommen. Und dieses Urteil sei seither für alle Bebauungspläne bindend, machte Brauer die Bedeutung des Richterspruchs klar. „Sehr, sehr gute Anwälte“ hätten Festsetzungen infrage gestellt, über die sich zuvor niemand Gedanken gemacht habe und die insofern in unzähligen B-Plänen zu finden seien.

„Zum Beispiel wurde die Angabe zur maximalen Gebäudehöhe als nicht hinreichend bestimmt gerügt“, erinnerte der Bürgermeister. Als Bezugsgröße dafür genannt war im Bebauungsplan die Mitte der Erschließungsstraße. Das Gericht hatte jedoch festgestellt, dass diese Formulierung nicht eindeutig sei, solange die Höhenlage der (bislang nicht existierenden) Verkehrsfläche nicht feststehe. „Jetzt muss im Plan die Firsthöhe für jedes einzelne Haus bezogen auf Normalnull angegeben werden“, beschrieb Brauer die Konsequenz des Urteils, das nun Allgemeingültigkeit habe.

Vorreiter: Aufforstung

Auch bei einem dritten Thema haben die Wattenheimer die Nase vorn. Als Ortschef des größten Waldeigentümers im Forstzweckverband Jerusalemsberg-Leiningerland hat Brauer den Verbandsvorsitz übernommen und leitet somit die Versammlungen der im Januar 2017 gegründeten Zweckgemeinschaft für eine effizientere Holzvermarktung und Pflege des Waldes. „Wir haben schon etliche Kahlflächen, die durch das Absterben von Fichten entstanden sind, aufgeforstet“, verkündete der 44-Jährige. Vieles sei mit Hilfe der Bevölkerung verwirklicht worden. Es sei weiterhin sehr viel zu tun, denn der Wald verändere sich aufgrund des Klimawandels eklatant.

Brauer berichtete bei der Veranstaltung, die vom Neuleininger Peter Müller und dem Hettenleidelheimer Wolfgang Breitwieser musikalisch umrahmt wurde, von ehrenamtlichem Engagement auch an anderer Stelle. So sei beispielsweise der ehemalige Grünschnittplatz in der Almende zu einem Ort der Erholung umgestaltet worden, wo Bienen Honig produzieren und Weihnachtsbäumchen gezüchtet werden.

VG-Bürgermeister Frank Rüttger (CDU) bekräftigte in seinem Grußwort: „Wattenheim ist beispielgebend.“ Dann überreichte er Brauer ein Gemälde der katholischen Kirche, die der Leipziger Künstler Heinrich Mauersberger auf Leinwand gebannt hat.

Ehrung für Ehrenamtler

Geehrt wurden (zum Teil in Abwesenheit) Dieter Halling, Altbürgermeister Wilhelm Hemmer, Emil Kraft sowie Elmar, Gerhard und Julius Langenstein, die 1992 den touristisch wichtigen Hammersteig zwischen Hetschmühle und Görlesgrund (Leininger Straße) angelegt haben. Gewürdigt wurden auch der 80-jährige Friedrich Diebold, der sich um die Webseite der Ortsgemeinde kümmert, und Claudia Hoffmann, die seit 1989 eine Turnstunde leitet.

Mit Präsenten bedankte sich Brauer zudem bei allen, die sich am Programm des Dorfjubiläums 800 +1 Jahre beteiligt haben. Abschließend segnete Pfarrerin Monica Minor die Anwesenden.

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