Grünstadt Siegertreppchen fast ganz hinaufgestürmt
Ihren „Durchmarsch“ erfolgreich zum Abschluss gebracht haben die Kicker der Hans-Zulliger-Schule Grünstadt: Beim Bundeswettbewerb „Jugend trainiert für Paralympics“ in Berlin haben sich die rheinland-pfälzischen Landesmeister im Fußball geistig behinderter Schüler bis zum Deutschen Vizemeister durchgekämpft. „Damit hätten wir niemals gerechnet“, so die begleitenden Trainer Christine Weyh und Michael Werner-Scheid.
Auch Rektorin Dorothee Braun-Stickel hatte es sich nicht nehmen lassen, mit ihrer Mannschaft in die Bundeshauptstadt zu fahren. Schließlich ist die kleine Grünstadter Einrichtung mit Förderschwerpunkt Ganzheitliche Entwicklung nicht jedes Jahr auf so einem Turnier, und es ist absehbar, dass es sich auch in näherer Zukunft nicht wiederholen wird. Bedingt durch Abgänge etlicher starker Spieler muss erst einmal wieder eine schlagkräftige Elf aufgebaut werden. Schon nach Berlin ist nicht das komplette Team gereist, das im Juni in Bad Kreuznach den Landesmeistertitel holte (wir berichteten): Zwei junge Erwachsene sind zwischenzeitlich ins Berufsleben entlassen worden. „Wir mussten zwei jüngere Schüler als Ersatz mitnehmen“, erzählt Werner-Scheid. Im Zug auf der Hinfahrt trafen seine Schützlinge nicht nur jede Menge Nichtbehinderte, die sich für „Jugend trainiert für Olympia“ qualifiziert hatten, sondern auch auf Sänger Andreas Bourani. „Das war gleich das erste Highlight der Reise“, sagt Braun-Stickel. Kein Höhepunkt dagegen war die Akkreditierung der Sportler am Bahnhof. „Das hat ewig gedauert“, stöhnt die Schulleiterin. Danach ging es ins Sporthotel Kolumbus, aber nur zum Frischmachen, denn schon 20 Minuten später stand ein Besuch der Show der Blue Man Group auf dem Programm. Der maßgeblich über den Bund finanzierte sowie durch den Förderverein, Spenden und einen Elternbeitrag unterstützte Aufenthalt in Berlin sei eine gute Mischung aus Sport und Kultur gewesen, so Braun-Stickel. Gekickt wurde auf Kleinspielfeldern im Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Die Ergebnisse wurden aktuell über Whatsapp nach Grünstadt an die Mitschüler geschickt, die derweil ihre Sportwoche im Rudolf-Harbig-Stadion absolvierten. Zur Klassifizierung waren Fußballteams aus 13 Bundesländern angemeldet, die ersten acht qualifizierten sich für die nächste Runde. „Wir waren die fünften“, verkündet Christine Weyh stolz. Das habe die Schüler mächtig vom Druck befreit und man habe entspannt einen Ausflug zu Sehenswürdigkeiten wie Fernsehturm oder Brandenburger Tor unternehmen können. Bei der Vor- und Zwischenrunde am nächsten Tag „waren unsere Kinder wie im Rausch“. Da ging es auf und ab: ein 4:2 gegen Nordrhein-Westfalen, ein 1:1 gegen Hamburg, ein 1:3 gegen Hessen. Im Endspurt entschieden die Rheinland-Pfälzer die Partie gegen Brandenburg mit 1:0 für sich und trafen im Finale noch einmal auf „Angstgegner“ Hessen, aus deren Elf zwei Schüler in der Behinderten-Nationalmannschaft spielen. „Wir verloren 0:6 – ein absoluter Frust“, berichtet Werner-Scheid. Die Rektorin meint schmunzelnd: „Für die Laune unserer Schüler wäre es besser gewesen, sie hätten sich erfolgreich um Platz drei geschlagen.“ Bei der Abschluss-Gala in der Max-Schmeling-Halle mit allen rund 4000 behinderten und nicht behinderten Turnierteilnehmern war die Niederlage bald vergessen: Zu erleben waren unter anderem Comedian Sascha Grammel und die Zirkusschule Berlin. Die Sportler, die Bronze, Silber oder Gold erzielt hatten, wurden auf der Bühne geehrt. Ein tolles Gefühl! (abf)