Kirchheimbolanden Vor der Wahl: Wer soll in der Stadt den Hut aufhaben?

Beide streben den den Stadtbürgermeisterposten an: Der jetzige Stadtbürgermeister Marc Muchow (rechts) und sein Herausforderer A
Beide streben den den Stadtbürgermeisterposten an: Der jetzige Stadtbürgermeister Marc Muchow (rechts) und sein Herausforderer Alexander Groth.

Alexander Groth (FWG) will Stadtbürgermeister werden – Marc Muchow (CDU) möchte es bleiben. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ sprechen beide über ihre Pläne für die Residenzstadt.

Am 9. Juni haben die Bürgerinnen und Bürger von Kirchheimbolanden die Wahl zwischen zwei Kandidaten für das Amt des Stadtbürgermeisters. Die RHEINPFALZ hat mit den beiden – Marc Muchow für die CDU und Alexander Groth für die FWG – über ihre Pläne gesprochen und dabei viele Gemeinsamkeiten, aber auch einige Unterschiede ausgemacht.

Pläne und Wünsche sind das eine, die aktuelle finanzielle Situation das andere. Der Stadtrat hat sich in dieser Woche ja gerade mit dem Haushalt beschäftigt, in dem derzeit 4,4 Millionen fehlen. Was also wollen Sie als Stadtchef tun, um daran etwas zu ändern?
Groth: Der Zustand, in dem unser Haushalt heute ist, kann uns nicht überraschen. Das kam mit Ansage. Man muss ja bedenken, dass die Haupteinnahmequellen für unsere Stadt die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer sind. Und wir von der FWG mahnen schon seit vielen Jahren, dass wir mehr dafür tun müssen, weiteres Gewerbe anzusiedeln. Nur so lassen sich die Gewerbesteuereinnahmen verbessern. Allerdings geht das nicht kurzfristig. Man wird also nicht umhinkommen, sich den Stadthaushalt immer genau nach Sparmöglichkeiten anzuschauen. Aber dabei ist auch klar, vieles muss einfach sein, wie beispielsweise die Erneuerung der Brunckstraße. Daran führt kein Weg vorbei.

Muchow: Wir haben heute beim defizitären Haushalt eine Situation, für die die Stadt wenig kann. Sicher, es ist richtig, dass wir immer mit den Schwankungen bei der Gewerbesteuer umgehen müssen. Aber damit stehen wir natürlich nicht alleine. Und man muss sich ja klarmachen, dass manche Gemeinden überhaupt keine Gewerbesteuereinnahmen haben, und die müssen ihre Aufgaben schließlich auch erfüllen. Im Übrigen sind im jetzigen Haushalt die Hauptpunkte sogar die steigenden Umlagen und die fehlenden Zuweisungen. Aus meiner Sicht zeigt sich hier aber ein ganz grundlegendes Problem, nämlich die unzureichende Finanzausstattung der Gemeinden durch das Land. Hier muss sich aus meiner Sicht dringend etwas ändern. Der Verfassungsgerichtshof hat es ja auch so verkündet: Die auskömmliche Finanzierung der Kommunen ist nicht gegeben. Unser Haushalt beinhaltet keinerlei Luxusausgaben. Das zeigt sich auch daran, dass es von keiner Seite Vorschläge gab zu Einsparmöglichkeiten. Ich denke also, wir müssen irgendwie mit dieser Situation umgehen und können uns jetzt nicht kaputtsparen. Investitionen wie in die Sanierung der Brunckstraße oder den Kitaneubau, das muss einfach sein, daran führt kein Weg vorbei.

Sind Sie da mit Marc Muchow einer Meinung?
Groth: Ich gehe da nur teilweise mit. Man kann sich als Stadt auch nicht auf Landeszahlungen verlassen. Man nehme das Beispiel Mainz. Früher hatte die Stadt hohe Schulden, dann gab es durch Biontec plötzlich rosige finanzielle Zeiten. Man sieht also, was Gewerbe bringt. Wenn es uns gelingt, hier Gewerbe anzusiedeln, dann haben wir einen ganz anderen Spielraum. Und es liegt allein in unserer Hand, Gewerbeflächen bereitzustellen und Gewerbe hierher zu locken. Ich gebe allerdings Marc Muchow recht damit, wir sind unterfinanziert, was die Pflichtaufgaben betrifft. Da lässt man uns vom Land absolut im Regen stehen. Wenn dann ein Innenminister Ebling zu uns kommt und sagt, ihr müsst jetzt die Grundsteuer auf 775 Prozent erhöhen, dann ist das aus meiner Sicht eine Frechheit. Dennoch: das Gewerbe ist der Schlüssel für eine gesunde Stadt. Und da wurde aus meiner Sicht in den letzten Jahren einiges versäumt. Das Gewerbegebiet Kaiserstraße alleine reicht einfach nicht.

Muchow: Jetzt muss ich vehement widersprechen. Wir haben mit Hochdruck an diesen Themen gearbeitet, aber Gewerbeansiedlungen kann man nicht erzwingen. Wir sind aber gut vorbereitet. Zugrunde liegt eine Studie, die vom Kreis und der Planungsgemeinschaft Westpfalz in Auftrag gegeben wurde. Demnach haben wir drei Hochpotenzialflächen, beim Bahnhof in Morschheim, bei Bischheim und zwischen Bolanden und Kirchheimbolanden. Zwar gibt es dazu noch keine Ratsbeschlüsse, aber ich bin mit den Ortsbürgermeistern im Gespräch. Vielleicht können wir schon in Kürze in die Vermarktung gehen. Es ist also falsch, dass nichts getan wurde. Wir haben uns vielmehr mit Hochdruck dafür eingesetzt, dass hier etwas geschieht. Und ich setze schon ein bisschen drauf, dass sich hier Zulieferer ansiedeln könnten. In Rheinhessen gibt es nämlich kaum noch Gewerbeflächen. Ich bin jedenfalls in ständigem Austausch mit dem Stadtbürgermeister von Alzey, Steffen Jung.

Welche Impulse möchten Sie außerdem setzen für die Stadt? Was muss aus Ihrer Sicht Priorität haben in den kommenden Jahren?
Groth: Was mich bewegt und was ich mit aller Kraft verhindern möchte ist, dass sich Kirchheimbolanden zu einer Schlafstadt entwickeln. Gemeint ist damit, dass die Leute hier wohnen und schlafen, aber anderswo einkaufen, essen gehen, ausgehen. Damit würde das gesellschaftliche Leben hier in der Stadt zum Erliegen kommen. Eine ganz wichtige Rolle, wenn man so eine Entwicklung verhindern möchte, spielt die Gastronomie. Wir haben schöne Gaststätten, aber was aus meiner Sicht fehlt, ist ein Angebot für junge Leute, seit das Café Bahnhof zu ist. Schade finde ich auch, dass die Cocktailbar im Hotel Braun zu ist. Hier sehe ich es als Aufgabe der Stadtspitze, mit den Gastronomen im Austausch zu bleiben und ein offenes Ohr für deren Anliegen zu haben. Ich nehme als Beispiel mal die Außenbestuhlung. Da müssen wir versuchen, Lösungen zu finden, die den Gastronomen entgegenkommen, ohne sie finanziell zu belasten. Und was den Fachkräftemangel in der Gastronomie betrifft, da ließe sich vielleicht zusammen mit dem Jobcenter eine Initiative starten.

Muchow: Das Thema Gastronomie ist auch für mich sehr wichtig. Wir haben ja deshalb bereits einen Workshop mit den Gastronomen auf den Weg gebracht zum Thema „Kirchheimbolanden – kulinarische Hauptstadt der Nordpfalz“. Wir wollen erreichen, dass es mehr Absprachen untereinander gibt. Dass es im Sommer eine Woche gibt, in der alle Lokale gleichzeitig geschlossen haben, so etwas darf künftig nicht passieren. Aber wenn wir unsere Gastronomie mit der unserer Nachbarstädte vergleichen, stehen wir hervorragend da. In Kirchheimbolanden kann man 14 Tage lang an jedem Abend in einem anderen Lokal hervorragend essen gehen. Wo kann man das sonst noch? Ein Highlight ist sicher die Orangerie, jetzt müssen wir noch das Weiße Ross unter die Haube kriegen. Was noch fehlt ist eine Bar, in die gerade Jugendliche gehen können, nur um etwas zu trinken. In den stadteigenen Gebäuden, das sind das Café Enkler, die Orangerie, die Jahnstube und Café Mandala, versuchen wir auf jeden Fall immer positiv einzuwirken. Was die Außenbestuhlung anbelangt, das ist übrigens gar nicht in erster Linie das Problem der Kosten. Es ist vielmehr so, dass die Feuerwehr nicht durch die Straßen fahren kann, wenn bestuhlt ist. Da besteht einfach ein Konflikt.

Sie sprechen davon, die Innenstadt zu beleben. Wie soll das aussehen?
Groth: Eine Rolle bei der Entwicklung der Innenstadt spielt natürlich auch der Tourismus. Wir haben mit der Entwicklung von Terrassengarten und Schlossgarten den richtigen Weg ja bereits eingeschlagen, hier müssen wir unbedingt weitermachen. Ich denke, wenn wir da etwas auffälliger werden, mehr Werbung machen, dann können wir auch noch mehr Gäste anlocken. Und wir müssen mit dem Tourismus auch das kulturelle Leben vorantreiben. Ich halte es auf jeden Fall für einen falschen Weg, an Festen, am Residenzfest, am Christkindlmarkt zu sparen. Dabei muss man auch eingestehen, dass die Ansiedlung von Kleingewerbe heute einfach problematisch ist. Hier haben wir in den zurückliegenden zehn Jahren, seit ich im Stadtrat bin, einiges probiert. Aber das wird wohl weiterhin schwierig sein.

Muchow: Natürlich entwickelt sich die Innenstadt auch bei uns immer mehr in Richtung Wohnen, aber das ist der Zeitgeist. Und das muss auch nicht unbedingt schlimm sein aus meiner Sicht. Beispielsweise ist aus unserer Apotheke in der Schlossstraße eine schöne Wohnung geworden. Mir ist es wichtiger, dass wir wenige Leerstände haben.

Welche Themen muss der künftige Stadtchef außerdem bearbeiten?
Muchow: Ein Thema, das wir aus meiner Sicht gar nicht oft genug ansprechen können, ist die Gesundheitsversorgung. Sie ist überdurchschnittlich gut in Kirchheimbolanden, wesentlich besser als in Nachbargemeinden. Dabei spielt sicher das Klinikum eine wichtige Rolle. Dafür können wir uns natürlich nicht rühmen. Aber wir haben als Stadt in Windeseile die nötige Vorarbeit geleistet, wir haben in Rekordzeit die Bebauungspläne zur Verfügung gestellt und unsere Hausaufgaben gemacht, denn das Klinikum ist für uns ein absoluter Glücksfall. Aber mit den Medizinischen Versorgungszentren, die wir jetzt mit der Praxis Barth haben, und der Praxis Hütt und natürlich dem Gesundheitszentrum, sind wir auf einem sehr guten Weg. Aber das ist ja nur eine mittelfristige Entspannung. Wir werden weiterhin Gespräche führen müssen und schauen, dass wir für nachfolgende Ärzte attraktiv sind.

Groth: Wir haben einfach das Problem, dass einige Ärzte in unserer Stadt an die Altersgrenze kommen. Wir müssen also überlegen, wie wir junge Ärzte als Nachfolger hierher locken. Und deshalb muss die Stadt unbedingt attraktiv bleiben. Ich denke, das alles geht Hand in Hand. Dass wir mit dem Klinikum hier großes Glück haben, das sehe ich ebenso. Wir müssen schauen, dass wir etwas daraus machen.

Was dürfen die Kirchheimbolander von ihrem neuen Stadtoberhaupt, die bauliche Weiterentwicklung der Stadt betreffend, erwarten?
Groth: Ich denke, dass wir mittlerweile gut dastehen, was die Stadtentwicklung anbelangt. Wir sind an vielen Baugebieten dran, und was unsere Kosten für die Bauplätze betrifft, werden wir von etlichen umliegenden Gemeinden überholt. Aber wir müssen auch daran denken, dass wir bezahlbaren Wohnraum anbieten müssen. Schlossgarten II, Konrad-Adenauer-Ring, Kurt-Schumacher Straße, es tut sich einiges. Natürlich müssen wir auch schauen, dass die Verkehrszuleitung entsprechend angepasst wird.

Muchow: Wir haben da viel getan, aber wir müssen auch schauen, dass wir einige Bauplätze auf Vorrat haben. Im Schlossgarten II wollten wir eigentlich zu dieser Zeit schon weiter sein, aber da macht uns die Haselmaus noch zu schaffen. Wir haben aber schon mehrere Interessenten für dieses Baugebiet. Ich lege großen Wert darauf, dass da auch Wohnungen gebaut werden, die im sozialen Bereich vergeben werden. Klar ist, dass wir in der Stadt nachverdichten müssen, wir werden künftig nicht jedem Interessenten ein 1000-Quadratmeter-Grundstück bieten können. Ich betrachte es bei allen Bauangelegenheiten immer als die Aufgabe der Stadt, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Bauen und vermarkten sehe ich nicht als unsere Aufgabe. Das können andere besser.

Sie beide sind beide beruflich ordentlich eingespannt. Lässt sich das mit dem Job eines Stadtchefs überhaupt vereinbaren?
Muchow: Na ja, eigentlich ist das ja ein Ehrenamt, das sollte man ja neben seinem regulären Beruf erledigen können. Aber ich gebe zu, das ist beim Stadtbürgermeister nicht der Fall. Da muss man einfach ab- und zugeben. Das kann ich, weil ich selbstständig bin und gute Mitarbeiter habe, die mich unterstützen. Das hat bisher gut funktioniert, und das würde es auch in einer zweiten Amtszeit.

Groth: Ich weiß, wie aufwendig die ganze Geschichte ist. Da mache ich mir nichts vor. Dieses Amt „nebenbei“ auszufüllen, das halte ich für nicht machbar. Deshalb habe ich mit meiner Familie und meinem Arbeitgeber abgesprochen, dass ich, falls ich gewählt werde, beruflich kürzertreten und für das Amt nachmittags schon zur Verfügung stehen würde. Es wäre sozusagen ein Halbtagsjob, für den ich auf Gehalt verzichten würde.

Und was würden Sie Ihren Wählern sagen, warum sollte man Sie wählen?
Groth: Mit ist bewusst, dass dieses Amt eine große Verantwortung der Stadt und den Bürgern gegenüber bedeutet. Und ich denke, dass ich wichtige Voraussetzungen mitbringe, die man dafür braucht. Ich lerne schnell und lerne nicht aus. Ich würde auch mutige und auch unangenehme Entscheidungen treffen, ich bin ein Teamplayer, und ich habe ein starkes Team hinter mir. Außerdem wäre ich als Stadtbürgermeister ein verlässlicher Ansprechpartner für die Verwaltung. Man kann sich in diesem Amt nicht als König sehen, sonder vielmehr als Diener der Stadt.

Muchow: Ich habe in den letzten fünf Jahren bewiesen, dass ich der richtige Mann am richtigen Platz bin. Ich möchte alles weiterentwickeln, was ich angefangen habe. Ich bin ein nahbarer Mensch, die Leute kennen mich. Das ist auch eine meiner großen Stärken, und aus dieser Position kann man die Stadt weiterentwickeln. Auch die Stimmung im Rat ist gut. Ich hatte keine Mehrheit, und wir haben es dennoch geschafft, alle wichtigen Entscheidungen zu treffen, wir haben zusammengearbeitet.

Gibt es auch eine Herzensangelegenheit, die Sie als Stadtbürgermeister angehen wollten?
Muchow: Das ist der Abenteuerspielplatz, über den ich ja schon öfter gesprochen habe. Aus meiner Sicht etwas ganz Wichtiges, wenn wir eine Stadt sein wollen, die auch für junge Familien attraktiv ist. Über die Finanzierung habe ich mir auch schon Gedanken gemacht. Ich denke jedenfalls, es sollte nicht sein, dass unsere Familien nach Morschheim fahren müssen, um so einen Spielplatz zu finden.

Groth: Meine Herzensangelegenheit ist das Ehrenamt. Ohne die Menschen, die anpacken und gestalten, geht in einer Stadt wie der unseren nichts. Man kann das nicht hoch genug schätzen. Ich würde mit Sicherheit sehr viel Energie darin setzen, sie zu stärken.

Marc Muchow
Marc Muchow
Alexander Groth.
Alexander Groth.
Beide Kandidaten wollen sich einsetzen für eine lebendige Innenstadt.
Beide Kandidaten wollen sich einsetzen für eine lebendige Innenstadt.
x