Donnersbergkreis Voller Charme und Temperament

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Kirchheimbolanden. Brillant, sinnlich, rhythmisch federnd, hochemotional. In Kopf und Blut steigend wie Champagner, zum Abheben schön. So lautet das Resümee des Konzerts am Samstagabend im gut besuchten Bolander Blauen Haus. Dort führte das Joscho-Stephan-Trio Gypsy Swing vom Feinsten auf. Veranstalter waren der „Neue Landweg“ und der Arbeitskreis „Kiboer Friedenstage“.

Vom ersten Takt an interagierten hier drei nahtlos miteinander verwachsene Vollblutmusiker, als Erster unter Gleichen Joscho Stephan an der akustischen Gitarre. Seine Spieltechnik ist fabelhaft: Mit filigraner Fein- und Schnellfingrigkeit zupft er plastisch Mehrstimmigkeiten, jagt schwindelerregend rasante Läufe über die Saiten – durch und durch ein Jazzer. Und das alles mit einer traumtänzerischen Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, als sei er mit der Gitarre zur Welt gekommen. Kongenialer Partner am Kontrabass ist Volker Kamp, der in zahlreichen virtuosen Soli sein Instrument sensibel und bravourös zum Klingen bringt – sonor in der Tiefe „schürfend“, melodisch singend und samtig warm. Günter Stephan, der Vater Joschos, hält das kammermusikalisch konzertante Ensemble an der Rhythmusgitarre zusammen. Am legendären Django Reinhardt kommt in diesem Genre niemand vorbei. Auch das Trio ließ ihn mit seiner Version des „Minor-Blues“ auferstehen – mit wundervollem Bass-Solo. Und später mit dem Farbenspiel von „Nuage“ (Wolke): Zarte, glasklare Gitarren-Arpeggien (Harfentöne) gehen über in bluesige Melancholie, die zuletzt in hardrockigen Akkorden powert. Gypsy Swing, das bedeutet Schwerelosigkeit und setzt künstlerische Klasse voraus. Und genauso Weltläufigkeit, ein schier unbegrenztes Einfühlungsvermögen für alles, was in der Musik „gut“ ist und die Seele berührt. Anleihen an französische Chansons oder Jazz aus New Orleans und quer durch Stile und Rhythmen: Die Facetten scheinen endlos. Im Blauen Haus war beispielsweise Mozarts „Rondo alla Turca“, atemberaubend schnell gespielt, ein besonderes Schmankerl. Im Kontrast dazu stand „Hey Joe“ als Hommage an Jimmy Hendrix, ein weiteres Idol. Mitreißend blieben einmal mehr die Klassiker, etwa Cole Porters „Night and day“ oder Dean Martins Schmusehit „Sway“. Aufhorchen zwischen diesen neu aufgelegten Evergreens ließen verschiedene Eigenkompositionen Joscho Stephans. Eingangs der „Créateur Immobilier“ – angeblich eine Auftragsarbeit für eine Wohnungsbaugenossenschaft – ideenreich arrangiert: Die Bandbreite der sechs Saiten wird raffiniert ausgereizt. Ein von italienischer Folklore eingefärbtes Stimmungsbild steigt mit „San Vincenze“ auf. Sprühend vor Charme und Temperament, dabei zündend frech, wirken die „Swinging Strings“. In nonchalanter Selbstironie frotzelnd – mit Vorliebe auch gegen den Bassisten („so gut wie heute hat er noch nie gespielt“) – moderiert der Jazzgitarrist das Programm. Nach der unverwüstlichen „Sweet Georgia Brown“ und stürmischem, nicht enden wollenden Schlussapplaus kommt das Trio nicht ohne zwei Zugaben von der Bühne. Finaler Höhepunkt ist Django Reinhardts „Minor Swing“- mit ansteckendem Witz und überschäumender Musikalität wurde da quer durch die Musikgeschichte gewildert („Besame Mucho“, „Pink Panther“, „Jalousie“ bis hin zu Mozart und der „Habanera“). Noch einmal tobte Stephan furios wie ein Orkan in Tonleitern über die Saiten, um zuletzt in einen wunderschönen nachhaltigen Dialog mit dem Bassisten zu treten. Zum „Runterfahren“ der aufgeheizten Stimmung war schließlich die Eigenkomposition „Ballade pour Django R.“ angelegt – mit romantischem Gitarrenvorspiel, etwas wehmütig und ruhig fließend. Unterm Strich einfach zauberhaft.

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