Sporthelden der Corona-Krise TuS Steinbach: Fußballer stellen Impf-Taxi auf die Räder
Nur sieben Saisonspiele durfte der TuS Steinbach in der Nordstaffel der Landesliga West absolvieren. Zwölf Punkte bedeuteten Rang drei – bei fünf Zählern Rückstand auf Spitzenreiter SV Rodenbach. „Wir waren sehr zuversichtlich, dass wir im Aufstiegsrennen eine gute Rolle spielen werden. Die Runde ohne Wertung zu beenden, das ist aber auch für unsere zweite Mannschaft sehr bitter“, betont Spielertrainer Timothy Hanauer. Die Zweite stand in der B-Klasse ganz oben.
Akteure schaukeln sich gegenseitig hoch
Die Hoffnung, dass es im April doch noch weitergehen könnte, keimte bis zur offiziellen Absage Mitte März. Davon zeugt die Art, wie die Spieler sich mit internen „Corona-Challenges“ über die verordnete Trainings-Pause hinweg fit hielten. Angefangen mit „Wer läuft am weitesten?“, entwickelten die Wettbewerbe eine Eigendynamik – die Teamkollegen schaukelten sich gegenseitig hoch.
So galt es, jede Woche neue Herausforderungen in den Bereichen Ausdauer, Kraft, Geschicklichkeit und Koordination sowie Stabilität zu meistern. Am Ende kamen die Steinbacher Kicker auf mehr als 7500 gelaufene Kilometer. Dabei überwanden sie 5000 Höhenmeter – denn nicht nur der Donnersberg, auch das rheinhessische Hügelland wurde für die Challenges genutzt. Eine weitere Marke: Mehr als 2500 Liegestütze wurden bewältigt.
Kapitän übertrumpft Trainer
„Natürlich war das Ziel, dass wir, wenn es wieder los geht, nicht viel im physischen Bereich trainieren müssen“, sagt Hanauer. Dennoch sei das alles freiwillig gewesen. Anfangs nahmen noch mehr als 20 Spieler teil, mit zunehmender Dauer wurden es weniger. Für den 35-Jährigen verständlich: „Das war schon alles ziemlich herausfordernd. Wir sind alle müder geworden.“ Der Coach wertete täglich die Ergebnisse über Apps und Videos aus, verkündete Verlierer und Sieger und die damit verbundenen Belohnungen in Form von Essens- und Getränkegutscheinen.
Vereinzelt gab es Überraschungen, meist kamen die Gewinner aber aus dem Kreis dreier Spieler. Einer von ihnen ist TuS-Spielführer Dawid Szaszorowski, der auch die letzte Challenge „Schlag den Trainer“ für sich entscheiden konnte. Hanauer legte einen durchschnittlichen Wert von 3:58 Minuten pro absolviertem Kilometer auf einer Gesamtstrecke von 7,5 Kilometern hin. Der gebürtige Pole Szaszorowski übertrumpfte ihn allerdings, er brauchte nur 3:51 Minuten je Kilometer. „Ich hätte nicht gedacht, dass einer das schafft“, sagt Hanauer lachend, der den Preis – ganztägiger Freiverzehr in der TuS-Pizzeria Bellavista – gern an seinen Kapitän zahlt.
„Insgesamt bin ich von der Teilnahme und den Ergebnissen sehr überrascht. Die Jungs haben sich gegenseitig gepusht. Auch durch unsere wöchentliche Videokonferenz und den allgemeinen Austausch konnten wir das Mannschaftsgefühl in dieser trainingsfreien Zeit aufrechterhalten“, zieht Hanauer ein positives Fazit der vergangenen Monate.
Taxi-Nachfrage noch gering
Damit aber nicht genug: Der TuS Steinbach engagiert sich auch im sozialen Bereich. Allen Steinbacher Bürgern, Fans, Freunden und Gönnern des Vereins wird Unterstützung im Rahmen von Fahrdiensten und einem Einkaufsservice angeboten. Weil die Landesregierung beim Transport von über 80-Jährigen in die Impfzentren in erster Linie auf das private Umfeld setzt, war die Idee schnell geboren. Die Fahrten werden mit einem Kleintransporter durchgeführt, Abstandsregelungen und Hygienevorschriften dabei berücksichtigt.
„Wir hoffen, dadurch in der fußballlosen Zeit einen Beitrag zum Allgemeinwohl zu leisten – auch wenn wir uns mehr erwartet haben“, verweist Fußball-Abteilungsleiter Markus Buhl-Bohlander auf die bislang (noch) geringe Nachfrage. Der fehlende Impfstoff könnte ein Grund sein.
Die Wettbewerbe des Hanauer-Teams ruhen nun und sollen auch so schnell nicht wieder aufgenommen werden. Denn der Wunsch nach einem „normalen“, geregelten Spielbetrieb in der Saison 2021/2022 ist auch in Steinbach groß …