Donnersbergkreis Fußball ist Kopfsache

„Oft ging es auf ein Tor, und plötzlich liegen wir hinten“, sagt Christoph Scharfenberger vom ASV (Mitte).
»Oft ging es auf ein Tor, und plötzlich liegen wir hinten«, sagt Christoph Scharfenberger vom ASV (Mitte).

«Winnweiler.» Er war „dauernd über dem Strich“, wie Jürgen Giehl hervorhebt, trotzdem entpuppte sich die Endphase als marterndes Punkteringen und Herzschlag-Drama: Der ASV Winnweiler hat in seiner zweiten Verbandsliga-Saison mit Müh’ und Not den Abstieg abgewendet – mit 29 Punkten und Rang zwölf. Auswärts Flop, zuhause top: Die Heimstärke der Giehl-Elf war Versicherung und Rettungsanker zugleich. Allerdings machte sich der ASV das Verbandsliga-Dasein selbst zur Qual.

Fußball „ist Kopfsache“. Es sei wie mit allen anderen Drucksituationen im Leben. Nicht nur mit den Füßen, weiß Jürgen Giehl, werde ein Spiel entschieden, sondern erst recht mit dem Kopf. Sprich: Durch Nerven, durch Coolness, durch die Selbstverständlichkeit, die Qualität zur rechten Zeit abzurufen. Welcher Streifen sich zwischen den Ohren abspielt, richtet über Erfolg und Versagen. Klingt ganz simpel. Nun spielte Giehls ASV Winnweiler beileibe keine sorgenfreie zweite Verbandsliga-Runde, oft strauchelte er. Eben „Kopfsache“, betont der Trainer. Eng war es hinten raus, knifflig und haarscharf. „Es hätte können“, meint Jürgen Giehl, „besser werden.“ Zwei Punkte trennten sein Team vom Fall in die Landesliga, das überraschende 4:0 am drittletzten Spieltag über den TB Jahn Zeiskam besaß überlebenswichtige Bedeutung. Alles nur Nervensache, so der 51-jährige Coach. An vier, fünf Partien erinnere er sich, die sein ASV „locker hätte gewinnen müssen“. Ludwigshafener SC, SV Herschberg, SV Rodenbach. Chancen boten sich mehr als genug. „Wenn man aber drei, vier Hundertprozentige nicht macht, dann wird das irgendwann zu einem psychischen Problem. Wenn der Erste rein geht, geht alles. Wenn nicht, kommt das Zweifeln“, redet Giehl über die Psychologie des Scheiterns. Meistens zappelte das Leder nicht im Netz. Selbstzweifel, Zaudern. „Wir haben die Spiele selbst aus der Hand gegeben. Oft ging es auf ein Tor und plötzlich liegen wir hinten“, spricht auch Abwehrchef und Innenverteidiger Christoph Scharfenberger das Manko an. Fakt ist: Kaum rutschte der ASV unter den roten Strich, der die Abstiegszone markiert. Saisontief war zwar mal ein 15. Platz, der jedoch direkt zu Saisonbeginn. Ein Unterschied zur Verbandsliga-Premiere, als Winnweiler fast zur Rundenmitte noch durch die Abstiegssektion irrte. Dennoch: Stand der ASV im Vorjahr nach 30 Spieltagen bei – gerade für einen Neuling – starken 41 Zählern, waren es in der abgelaufenen Spielzeit nur 29. Gründe für die zwischenzeitlich deprimierenden Phasen müssen nicht lange gesucht werden. 77 Gegentore kassierte der ASV, nach Schlusslicht FSV Offenbach (86) Liga-Tiefstwert. Magere fünf Auswärtspunkte waren das Ergebnis des wuchernden Kopfproblems. „Auf unserem kleinen Platz haben wir unsere Dreierkette gut umsetzen können. Auswärts standen wir zu weit weg von den Leuten“, erklärt Scharfenberger. Bälle, so der Verteidiger, wurden im Vorwärtsgang verstolpert, die Winnweilerer liefen in Konter wie ins offene Messer. Kuriose Ergebnisse wie ein 0:9 gegen Hassia Bingen kamen zustande. Glücklicherweise waren solche blamablen Pannen nicht an der Tagesordnung. Und dem ASV muss angerechnet werden, dass er sich permanent mit Personalproblemen herumplagte: Regisseur Waldemar Schneider, Stürmer Marco Petrusch, Abräumer Christian Vollmer, um ein paar zu nennen – Mannschaftssäulen, die in einem dünnen Kader kaum ersetzt werden können. „Wir mussten immer neu zusammenbauen“, blickt Giehl zurück. „Uns hat ein Brustlöser gefehlt. Wir können eben nicht die ganz großen Schritte machen, nicht sagen „Wir holen jetzt den, den und den“. Scharfenberger unterstreicht: „Wenn alle da sind, ist alles gut. Wenn man aber 0:9 in Bingen verliert, dann hängt das natürlich im Hinterkopf.“ In der Fremde habe jenes Quantum gefehlt, das den ASV Winnweiler zuhause auszeichnete: Aggressivität. Die Gründe, warum Giehl genug Steigerungspotenzial sieht, sammeln sich an. Fitness, Chancennutzung, brüchige Automatismen, Defensivverbund. Immerhin, dass der ASV als Abstiegskandidat die zweitfairste Elf der Liga stellt, ist ein fettes Ausrufezeichen. Mangelnde Disziplin, gar Unsportlichkeit kann Giehl gar nicht ab. Im Tableau bringt ihm das natürlich nichts. Giehl weiß: „Wir müssen die Spiele, in denen wir im Vorteil sind, einfach gewinnen.“ Den Knoten im Kopf gilt es zu lösen. Unbeschwertheit ist Trumpf… Der Kader ASV Winnweiler Tor: Robin Assel (23 Jahre/19 Einsätze/0 Tore), Gerd Hanauer (52/10/0), Nico Häberle (20/1/0) Abwehr: Lukas Dreger (34/30/3), Christian Geißler (27/29/0), Christoph Scharfenberger (30/28/0), Yannic Orschiedt (24/21/1), Jakob Siebecker (28/21/1), Markus Steigerwaldt (22/21/0), Elias Hühn (20/6/0), Sascha Ahrens (31/1/0), Artur Schönmajer (24/2/0), David Maurer (25/1/0), Jan Giehl (25/1/0) Mittelfeld und Angriff: Waldemar Schneider (29/29/12), Tim Giehl (23/28/10), Hendrik Schwab (20/21/1), Alexander Matinski (25/22/3), Christian Vollmer (24/21/3), Bastian Steer (20/21/2), Pascal Hertel (24/18/0), Marcello Salice (31/2/1), Fabian Schmitt (27/29/14), Marco Petrusch (27/18/6), Sebastian Doll (24/2/0), Jonas Windecker (26/1/0) Trainer: Jürgen Giehl (51).

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