Donnersbergkreis Der doppelte Gast am Nachbartisch

Es ist eine schöne und lange Tradition in unseren Dörfern in der Nordpfalz: Die älteren Damen gehen gerne zu ihren Frauenkreisen in die Gemeindehäuser oder Kirchenräume - und die Herren der Schöpfung treffen sich zum Skat spielen in den örtlichen Gaststätten oder in den Dorfgemeinschaftshäusern. Hier wie dort wird allerlei erzählt, diskutiert und manchmal auch gestritten. Während die Damen gerne zu Kaffee und Kuchen greifen, bevorzugen die Herren der Schöpfung eher die Hausmacher Wurstbrote und einen guten Schluck Wein, Bier oder Schnaps zum Herunterspülen.

In den Ferien ist der kleine Anton aus Bayern zu Gast bei seinen Großeltern in der Nordpfalz. Leider verfügen diese weder über einen schnellen Internet-Anschluss noch über diverse Zuzahlsender bei den Fernsehprogrammen. Die Kinder in der Nachbarschaft sind alle in der Ganztagsschule in Rockenhausen oder zu klein für den coolen Toni, der immerhin schon zwölf Lenze zählt und zu Hause in Bayern bereits eine Freundin hat. So kommt es, wie es kommen musste: Der Enkelsohn aus Bayern langweilt sich und wird von Stunde zu Stunde missmutiger. Letztlich würde er gerne wieder nach Hause fahren, aber seine Großeltern bestehen auf der ausgemachten Besuchslänge und drohen mit drastischen finanziellen Verlusten für den Enkel aus Bayern. Schließlich laden sie Toni zu ihren diversen Kreisen ein. Zwar kann dieser der Oma die Idee mit dem gemeinsamen Besuch im Frauenkreis noch ausreden, aber Opa besteht auf seine Teilnahme am wöchentlichen Stammtisch in der Dorfkneipe.

Nach dem Mittagessen und -schlaf der Senioren ziehen alle los. Oma schwenkt nach rechts in Richtung Dorfgemeinschaftshaus zu ihrem geliebten Frauenkreis, den Großvater mit Enkel zieht es in die linke Richtung zur Dorfschenke. Dort werden die beiden mit großem Hallo begrüßt, der Opa und sein Enkel. Natürlich muss Toni einmal wieder beteuern, dass er beileibe kein Fan des großen FC Bayern und somit kein erbitterter Gegner aller eingefleischten FCK-Fans ist. Sein Herz schlägt für die 1860er aus München, die ja eher freundschaftlich mit dem Club aus Kaiserslautern verbunden sind. Dann geht’s weiter mit den Späßen über die vielen Feiertage und Ferien im fernen Bayern, so dass Toni ein ums andere mal genervt die Augen verdreht.

Die alten Herren bestellen eine alkoholische Runde nach der anderen, während Toni sich an einem Glas Cola festhält. Die Stimmung wird immer ausgelassener, die Gesichter röter und die Stimmen lauter. Schließlich wird es dem Toni zu bunt. Er fragt seinen Großvater mit Unschuldsmiene, woran man eigentlich bemerkt, dass man einen Rausch bekommt oder bereits einen gewaltigen

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