Rheinland-Pfalz Kita-Gesetz: Zahlenschlacht im Landtag

Rund 2700 Kindertagesstätten gibt es landesweit.
Rund 2700 Kindertagesstätten gibt es landesweit.

Bei der Debatte über das neue Kita-Gesetz ging es gestern im Landtag so laut zu wie in einer Kindertagesstätte. Die Regierungsseite warf der Opposition vor, falsch zu rechnen; die CDU sprach von Schönrechnerei. Macht das Gesetz Eltern Versprechungen auf Kosten der Erzieherinnen und der Kinder?

Nachdem schon fast ein Jahr über die Neuregelung des Kindertagesstättengesetzes gestritten wird, ist nun der Gesetzgeber am Zug. Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) hat ihren zweiten Entwurf am Donnerstag in den Mainzer Landtag eingebracht. Die Opposition ist immer noch unzufrieden, in der parlamentarischen Beratung wird noch viel zu klären sein.

Worum geht es in dem Gesetz?

Alle Kita-Kinder in Rheinland-Pfalz sollen künftig einen Anspruch darauf haben, sieben Stunden am Stück betreut zu werden und dabei auch ein warmes Mittagessen zu erhalten. Damit werden sich die letzten zehn Prozent der Kindergärten, in denen es bisher kein Mittagessen gibt, eine Küche einrichten müssen. Bei den übrigen Kitas, von denen etliche sowohl Teilzeit- als auch Ganztagsplätze anbieten, sind je nach Kapazität der Küche und der Schlafräume für die Kleinen ebenfalls Erweiterungen nötig. Das Modell, wonach Kinder bis 12 Uhr in der Kita sind und dann noch einmal um 14 Uhr gebracht werden können, soll abgelöst werden, weil es nicht mehr zeitgemäß ist. Eine weitere Neuerung betrifft die Zweijährigen, die in einer Krippe betreut werden. Für sie müssen künftig keine Gebühren mehr gezahlt werden. Sie werden allen Kita-Kindern gleichgestellt. Das Gesetz regelt erstmals landesweit die Freistellung für Aufgaben der Kita-Leitung, außerdem soll die Finanzierung umgestellt werden. Das Land zahlt künftig nicht mehr pro Gruppe, sondern pro Kita-Platz. Nachdem Bildungsministerin Hubig für ihren ersten, vor knapp einem Jahr vorgestellten Entwurf vielfach kritisiert wurde, erhöhte die Regierung die zusätzlichen Finanzmittel um 18 auf 80 Millionen Euro im Jahr. Neben einer Sockelförderung sieht das Gesetz eine „Sozialraumförderung“ vor, etwa für das Erlernen der Sprache. Hubig sagte, dies sei die „vielleicht modernste Kita-Gesetzgebung Deutschlands“.

Was kritisiert die Opposition?

Die CDU bemängelt, dass es zu einer Arbeitsverdichtung in den Kindertagesstätten komme, wenn künftig nahezu alle Kinder beim Mittagessen betreut werden müssten. Das zusätzliche Geld reiche nicht für das notwendige Personal. Sie beruft sich auf Musterberechnungen, wonach Träger von Kitas, etwa Kommunen, zu dem Ergebnis kommen, dass sie sich personell verschlechtern. Die CDU-Abgeordnete Simone Huth-Haage sprach vom „großen Kita-Schwindel“. Viele Mittel gingen in administrative Ausgaben und kämen nicht den Kindern zugute. Die CDU forderte eine Gesetzesfolgenabschätzung, das lehnten SPD, FDP und Grüne aber ab.

Was hält die Regierung dagegen?

Ministerin Hubig sagte, sie rechne nichts schön. Ein Leiter eines Jugendamtes rechne falsch. Ohne seinen Namen zu nennen, beschuldigte Hubig damit den Jugendamtsleiter des Kreises Südliche Weinstraße, Peter Lerch. Er rückt in den Landtag nach, wenn die CDU-Abgeordnete Christine Schneider ins EU-Parlament einzieht. „Rechnen Sie ruhig weiter, aber Sie rechnen nicht richtig“, rief Hubig der CDU zu. Die SPD-Abgeordnete Bettina Brück warf der Opposition vor, das Gesetz schlechtzureden, um es für den Wahlkampf auszuschlachten. Sie wies darauf hin, dass der erste Entwurf unter anderem deshalb nachgebessert wurde, weil damit dem erhöhten Betreuungsbedarf der Zweijährigen Rechnung getragen werde.

Was kann das Parlament tun

Das Plenum hat den Gesetzentwurf gestern in die Fachausschüsse des Landtags zur Beratung verwiesen. In den Ausschüssen muss die Landesregierung Fragen der Parlamentarier beantworten. Es ist zudem wahrscheinlich, dass während der Beratung eine Experten-Anhörung beantragt wird. Jede Fraktion hat dabei die Möglichkeit, Fachleute zu benennen, die sich zu dem Gesetz äußern. Das können zum Beispiel Landräte oder Kirchenvertreter sein, die sagen, wie sich das Gesetz auf Kitas in ihrer Trägerschaft auswirkt. Damit lässt sich möglicherweise transparenter als bisher darstellen, ob die zusätzlichen Mittel für die weiteren Aufgaben reichen. Am Ende entscheidet der Landtag, ob das Gesetz in dieser oder in abgeänderter Form in Kraft tritt.

x