Kultur Neues vom Neustadter Impressionisten
Nach dem Tod von Max Slevogt war Otto Dill der einzige wirklich bedeutende Impressionist in der Pfalz. Viel genutzt hat das seinem Renommée nicht. Trotz der monografischen Abhandlungen von Hans-Jürgen Imiela (1960) und Wilhelm Weber (1992) pappte die Aura des Heimatmalers an ihm wie die Krätze. Immerhin fand 2002 die Sammlung des ins Neustadt geborenen Dill-Sammlers und Kenners Manfred Vetter am Bachgängel, gleich hinter der Neustadter Stiftskirche, eine nach langen Querelen privat finanzierte und von ehrenamtlichem Engagement am Leben erhaltene museale Heimat. Und jetzt also eine vom Landesmuseum Mainz verantwortete Ausstellung auf Schloss Villa Ludwigshöhe, die allerdings wenig mehr ist als eine Versammlung mal so hingehängter Bilder. Nein, wir wollen trotz zusammengebissener Zähne mal nicht mäkeln. Eine ungenannt bleiben wollende Pfälzer Privatsammlung stellt das Hauptkontingent, aus Mainzer Besitz gibt es im Flur im Wortsinn „abgehängte“ Zeichnungen und keinen Katalog; stattdessen die kräftig verteuerte Publikation zur Eröffnung des Neustadter Dill-Museums, für das während der Ausstellungsdauer immerhin eine gemeinsame Eintrittskarte gilt. Dill also, der wegen seiner Vorliebe für die schönen Tiere auch als „Löwen-Dill“ bekannte Pfälzer aus Neustadt, der alles andere war als nur ein Provinzmaler. Er kam aus kleinen Verhältnissen, war spät dran. Nach einer Lehre als Verlagskaufmann ging er 1908, als 24-Jähriger, in München beim Tiermaler Heinrich von Zügel in die Lehre, war früh erfolgreich und richtete sich ein in dem, was man etwas ungenau als „deutschen Impressionismus“ bezeichnet. Seinen malerischen Traditionalismus gab er bis zu seinem Tod anno 1957 nicht auf, ebenso wenig die lebenslange Verehrung für Géricault, Manet, Max Liebermann und natürlich Max Slevogt, der auf der Ludwigshöhe nun seine direkter Nachbar ist. Und natürlich Delacroix, dessen Vorbild in vielen seiner Löwenjagden herumspukt. Nächst Kühen von vorne und hinten im Stall und auf der Weide waren Pferde und der Pferdesport eine weitere große Leidenschaft des Ex-Kavalleristen und hervorragenden Reiters Otto Dill. Die schweren, auf den Äckern fronenden Kaltblüter-Porträts der 1910er, 1920er Jahre gehören zum besten, was der Maler hinterlassen hat. Aus den Dreißigern sehen wir Historisches zur „Reiterschlacht bei Kaiserslautern 1793“ ebenso wie berittene Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg. Bis Paris sprach sich der Ruf des Tiermalers herum: 1932 erwarb das inzwischen im Centre Pompidou aufgegangene Musée d`Art Moderne in Paris ein „Pferd und Jockey auf dem Rennplatz“. Rennplätze, ob Aachen, Zweibrücken oder Iffezheim, waren ein Thema, auch die bessere Gesellschaft bei Ausritt und Kutschfahrt, seien diese auf den Champs-Élysées, dem Corso in Rom, in Wiesbaden oder auf der Lichtentaler Allee in Baden-Baden. Auch Fuchsjagden, in denen sich die roten Röcke der Reiter delikat in passend vorhandenen Tümpeln spiegeln. Die pastose, von deftigen Pinselhieben bestimmte Malweise und die erdige Farbigkeit seiner frühen Jahre (und leider auch die aufregenden, von „informeller“ Nonchalance geprägten Bildpartien) der frühen Jahre hatte Dill spätestens in den 30er-, 40er-Jahren zugunsten einer hellen und durchsichtigen, flächig lavierenden „impressionistischen“ Farbigkeit begradigt, was manches Bild dann doch eher flau und konventionell aussehen lässt. So gehören die ausgestellten Hundeporträts nicht unbedingt zu den Sternstunden der Dill’schen Muse. Porträts (in denen das Vorbild Slevogt brilliert) waren seine Sache nicht. Dill war offensichtlich kein Großstadtmensch. Er stammte aus der Provinz, es zog ihn dahin zurück. 1930 verließ er München und kehrte in die Geburtsstadt Neustadt zurück, die ihm drei Jahre zuvor einen Bauplatz geschenkt hatte. 1941 wird Bad Dürkheim sein letzter Wohnort. Dort richtet er sich ein Gartenatelier ein, beginnt seinen Arbeitstag wie immer mit Zeichnen, das lockert die Hand. Er reist viel, auch wenn es am Ende nicht Tunis und der Orient, sondern eher bescheidende Ziele sind, Italien, das Tessin, der Schwarzwald. 1965 wird er Ehrenbürger von Bad Dürkheim, den bayerischen Professor und die Mitgliedschaften verschiedener Sezessionen hat er da schon lange. Ein Blick auf Genua und die Haardt, blühende Gärten, der Gutshof in Limburgerhof, eine Kirschblüte mit schemenhaft implantierter Frau, auch das ist der in fünf Räumen auf der Ludwigshöhe vorgeführte Otto Dill, ein interessanter, aber nicht der ganze. Ja vielleicht nicht einmal der halbe. Die Ausstellung „Otto Dill – Tier und Landschaft“, bis 28. Juli auf Schloss Villa Ludwigshöhe, Edenkoben; Eröffnung morgen, 11 Uhr.