Wirtschaft Wenn Grünstrom Wasser zerlegt

So soll die integrierte Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff am Standort der BASF in Ludwigshafen, die der Chemiekonzern
So soll die integrierte Anlage zur Produktion von grünem Wasserstoff am Standort der BASF in Ludwigshafen, die der Chemiekonzern zurzeit mit Siemens Energy errichtet, einmal aussehen.

Was machen Wasserstoff-Elektrolyseure eigentlich? Warum sind sie für die Energiewende so wichtig? Viele Anlagen sind geplant. In Ludwigshafen hat die BASF mit dem Bau eines riesigen Elektrolyseurs begonnen. Experten halten den Betrieb der Anlagen für „weitestgehend ungefährlich“.

Klimaneutral erzeugter Wasserstoff soll künftig eine zentrale Rolle spielen. Als Energieträger soll er in neuen Gaskraftwerken Strom erzeugen, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. In der Industrie soll er bei der Stahlherstellung Kohle ersetzen und große Mengen klimaschädliches Kohlendioxid vermeiden. Denn das Abfallprodukt bei der Wasserstoff-Verbrennung ist schlicht Wasser. Das Problem: Benötigt werden riesige Mengen des Gases. Sie sollen in besonderen Maschinen erzeugt werden, sogenannten Elektrolyseuren. Die Bundesregierung will deren Bau und Betrieb erleichtern.

Was ist ein Elektrolyseur?
Ein Elektrolyseur ist ein Hightech-Gerät, in dem ein Stoff mithilfe von Strom in seine Bestandteile zerlegt wird. Geht es um die Gewinnung von Wasserstoff, wird Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Die chemische Formel für Wasser lautet H 2 O, das bedeutet, jeweils ein Sauerstoff-Atom ist mit zwei Wasserstoffatomen verbunden. Wurde der eingesetzte Strom klimaneutral erzeugt, spricht man von grünem Wasserstoff.

Was ist der Unterschied zu einer Brennstoffzelle?
Ein Elektrolyseur ist quasi eine umgekehrte Brennstoffzelle. Eine Brennstoffzelle nutzt Wasserstoff und Sauerstoff, um Strom und Wärme zu produzieren, erklärt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

In welchen Größen gibt es Elektrolyseure?
Für die Größenordnung wird meistens angegeben, wie viel Strom eine Anlage aufnehmen kann. Die Leistungsaufnahme misst man in Watt. Auf dem Gelände des Shell Energy und Chemical Parks bei Köln etwa steht eine Zehn-Megawatt (MW)-Anlage, die mit erneuerbaren Energien läuft. Das Projekt heißt Refhyne.

Wie viel Wasserstoff können Elektrolyseure erzeugen?
Die Refhyne-Anlage kann jährlich bis zu 1300 Tonnen Wasserstoff produzieren. Der Anlagenbauer Thyssenkrupp Nucera geht nach früheren Angaben davon aus, dass sein 20-Megawatt-Modul bis zu 3100 Tonnen Wasserstoff jährlich produzieren kann.

Wie viel Wasserstoff wird gebraucht?
Wenn von Wasserstoffmengen die Rede ist, wird gerne der Energiegehalt in Wattstunden genannt. 100.000 Tonnen Wasserstoff haben dabei einen Energiegehalt von 3,33 Terawattstunden (TWh), also 3,33 Milliarden Kilowattstunden.

Zurzeit werden in Deutschland jährlich rund 55 Terawattstunden Wasserstoff benötigt. Er wird vor allem durch ein Verfahren namens Dampfreformierung etwa aus Erdgas gewonnen. Das dabei anfallende Kohlendioxid entweicht in die Atmosphäre. Der so hergestellte Wasserstoff wird „grau“ genannt. Die Bundesregierung geht davon aus, dass im Jahr 2030 weitere 40 bis 75 Terawattstunden Wasserstoff nötig sind, insgesamt also 95 bis 130 Terawattstunden, das sind bis zu 3,9 Millionen Tonnen Wasserstoff. In der Menge sind auch Wasserstoffderivate enthalten, also Energieträger, die auf Wasserstoff basieren wie Ammoniak, Methanol oder synthetische Kraftstoffe. Ein großer Abnehmer von Wasserstoff wird die Stahlindustrie sein. So wird etwa die geplante Direktreduktionsanlage von Thyssenkrupp in Duisburg, die in der Stahlherstellung einen Hochofen ersetzen soll, jährlich 143.000 Tonnen brauchen.

Woher soll der Wasserstoff kommen?
Vor allem aus dem Ausland, aber auch aus dem Inland. So soll Deutschland bis 2030 laut Nationaler Wasserstoffstrategie zehn Gigawatt Elektrolyse-Kapazität aufbauen. „Der damit erzeugbare Wasserstoff reicht aus, um rund 30 bis 50 Prozent des deutschen Wasserstoff-Bedarfs 2030 zu decken“, erklärt die Bundesregierung. Den Rest soll Deutschland importieren etwa aus Afrika oder Australien. Dazu wird aktuell eine Wasserstoff-Importstrategie erarbeitet.

Von diesen zehn Gigawatt ist Deutschland allerdings weit entfernt. Laut Wasserstoffbilanz des Energiekonzerns Eon waren im August 2023 33 Elektrolyseure mit einer installierten Leistung von 62 Megawatt in Betrieb. Für das Jahr 2030 waren zugleich 111 Anlagen mit einer Gesamtleistung von 8,7 Gigawatt (8712 Megawatt) geplant. Große Elektrolyseure mit 100 Megawatt oder auch deutlich mehr sollen etwa in Wilhelmshaven oder Rostock entstehen.

Was passiert bei der BASF?
Der Chemiekonzern BASF will 2025 eine große Wasserstoff-Produktionsanlage in Betrieb nehmen, mit deren Bau schon begonnen wurde. Sie soll durch die klimafreundliche Wasserstoff-Erzeugung die Treibhausgas-Emissionen am Standort in Ludwigshafen um jährlich bis zu 72.000 Tonnen senken. Mit einer Leistung von 54 Megawatt und einer Kapazität von bis zu 8000 Tonnen Wasserstoff pro Jahr ist der Protonenaustausch-Membran-Elektrolyseur einer der größten seiner Art in Deutschland.

Wer baut Elektrolyseure?
Die vom bayerischen Wirtschaftsministerium geförderte Beratungs- und Informationsorganisation Carmen hat eine Marktübersicht veröffentlicht. Im Juli 2023 umfasste sie 96 Systeme von 19 Anbietern. Die größten Anlagen hatten dabei eine Leistung von 20 MW, die kleinste von sechs Kilowatt, also 0,006 Megawatt.

Sind Elektrolyseure gefährlich?
„Sie sind technologisch beherrschbar und weitestgehend ungefährlich“, sagt Thomas Kattenstein von der Tüv Nord-Tochter EE Energy Engineers. Er hält es für „sehr unwahrscheinlich“, dass an einem Elektrolyseur ein zündfähiges Luft-Wasserstoff-Gemisch entsteht, das eine Explosion verursachen könnte. „Wasserstoff ist leichter als Luft und steigt sofort hoch. Wenn irgendwo ein Leck ist, dann wird sich der Wasserstoff sehr schnell verflüchtigen.“

Fallen beim Betrieb von Elektrolyseuren gefährliche Stoffe an?
Nein, nur Sauerstoff und Wasserstoff. Allerdings brauche man bei großen Anlagen Kühlmittel, sagt Kattenstein. Verwendung fänden etwa Wasser-Glykolmischungen. „Da müssen natürlich entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, dass die nicht ins Erdreich kommen.“ Bei dem Elektrolyse-Verfahren der alkalischen Elektrolyse komme ätzende Kalilauge zum Einsatz, erklärt Jan Simoneit von Energy Engineers. „Für den Fall, dass etwas ausläuft, gibt es auch hier Auffangwannen.“

Gibt es auch kleinere Elektrolyseure für den Hausgebrauch?
Ja. Das Berliner Unternehmen HPS etwa bietet wasserstoffbasierte Energiespeichersysteme an, bei denen der auf dem Hausdach produzierte Solarstrom in einem Elektrolyseur grünen Wasserstoff erzeugt. Der ist mit einer Brennstoffzelle wieder für die Stromerzeugung verwendbar.

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