Wirtschaft Kommentar: Über die Grenzen

Engagement für das deutsch-französische Bahnangebot ist lobenswert. Aber wichtiger als illusionäre Ausbauprojekte wäre ein besserer Regionalverkehr.

Die Verbesserung des deutsch-französischen Bahnverkehrs ist seit Jahrzehnten ein Dauerbrenner für Rheinland-Pfalz und das Saarland. Dass es nun seit fast zehn Jahren attraktive Hochgeschwindigkeitszüge von Mannheim, Kaiserslautern und Saarbrücken nach Paris gibt, ist ein Erfolg, der alles andere als selbstverständlich ist. Ohne das Engagement des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl hätte es wohl weder 1992 den deutsch-französischen Vertrag von La Rochelle gegeben, noch den Beginn des Ausbaus zwischen Ludwigshafen und Saarbrücken bei Schifferstadt kurz vor der Bundestagswahl 1998. Fast 20 Jahre nach dem Start dieser vergleichsweise bescheidenen Ausbauarbeiten sind diese immer noch nicht abgeschlossen, während in Frankreich der Neubau der über 400 Kilometer lange Ost-Schnellbahn (LGV Est) 2016 fertiggestellt wurde. Frankreich hat das, was im Vertrag von La Rochelle vereinbart wurde, umgesetzt, Deutschland dagegen auch nach Abschluss der derzeit laufenden Bauarbeiten nur teilweise. Solange die Mittel für Investitionen ins deutsche Schienennetz nicht massiv aufgestockt werden, wird sich daran wohl auch nichts ändern, weil es in Deutschland noch sehr viel dringendere Projekte gibt, die seit Jahren oder Jahrzehnten in der Warteschleife sind. Wenig Hoffnung besteht auch darauf, dass in Frankreich groß in einen Ausbau zwischen der Abzweigung Herny und der deutschen Grenze investiert wird. Wenn der SPD-Verkehrsexperte Gustav Herzog sich auf die „Verträge“ von La Rochelle und Baudrecourt beruft, ist das, gelinde gesagt, etwas irreführend. „La Rochelle“ war 1992 tatsächlich ein Vertrag zwischen der deutschen und französischen Regierung, „Baudrecourt“ 2009 dagegen nur eine Art Resolution bei einem Treffen deutscher und französischer Politiker in Metz, das von französischer Seite nicht sehr hochkarätig besetzt war. Ein Ausbau zwischen Herny und der Landesgrenze, von dem in Frankreich lediglich die Grenzstadt Forbach profitieren würde, ist für Frankreich irgendetwas zwischen extrem nachrangig und total unwichtig. Sehr viel aussichtsreicher und sinnvoller wäre das Engagement deutscher und französischer Politiker derzeit beim Thema grenzüberschreitender Regionalverkehr zwischen den beiden Nachbarländern. Hier ließen sich mit relativ geringem Aufwand erhebliche Verbesserungen erzielen.

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