Wirtschaft IT-Startup aus Kaiserslautern: Realitäten als Geschäftsmodell

Die Microsoft Hololens macht holografische Anwendungen möglich, wie sie ZReality entwickelt.
Die Microsoft Hololens macht holografische Anwendungen möglich, wie sie ZReality entwickelt.

Kaiserslautern. Das junge Kaiserslauterer IT-Unternehmen ZReality GmbH tummelt sich bereits erfolgreich in einem Geschäft, das mancher noch für Zukunftsmusik hält: Cross Reality.

Auf dem Tisch des Konferenzzimmers steht ein Profi-Mischer für industrielle Anwendungen, der in Wirklichkeit mit 500 bis 6000 Liter Fassungsvermögen wohnzimmerfüllende Maße annimmt. Doch hier kann die Maschine einem potenziellen Käufer – verkleinert auf die Größe eines Fondue-Geräts – anschaulich auf dem Tisch vorgeführt werden. Der Betrachter kann mit einer Spezialbrille auf dem Kopf oder auch einem Tablet das virtuelle Gerät von allen Seiten genau inspizieren. Es erscheint so, als stünde es tatsächlich da. Tritt eine andere Person zwischen Betrachter und Gerät, verdeckt sie den Mischer. Wird der Tisch gerückt, bewegt sich das Gerät mit, als stünde es darauf. Nur wer nach dem Mischer greift, der greift ins Leere. Augmented Reality nennen das IT-Experten (siehe Stichwort). Mit dem Software-Produkt von ZReality kann der Hersteller der Mischer seine Produkte den Kunden plastisch vorführen.

Individuelle Virtual-Reality-Lösungen

„Wir glauben, dass sich Virtual, Augmented und Mixed Reality schnell entwickeln werden“, sagt Michael Neidhöfer, Chief Operating Officer (COO) von ZReality. Denn alle großen Player seien auf diesem Gebiet engagiert – mit hohen Investitionen, wie beispielsweise Microsoft oder Google. Und hier gebe es auch immer mehr Inhalte und Anwendungen. ZReality trägt kräftig dazu bei und bietet standardisierte Softwareprodukte für Cross Reality und individuelle auf den Kunden zugeschnittene Lösungen in Virtual (VR), Augmented (AR) und Mixed Reality (MR).

1,5 Millionen Euro Umsatz geplant

Das Kaiserslauterer Unternehmen gibt es seit 2015, es beschäftigt heute 26 Mitarbeiter und plant für das laufende Geschäftsjahr 1,5 Millionen Euro Umsatz. ZReality sei eines der führenden Unternehmen in Deutschland auf dem Gebiet Cross Reality, sagt Neidhöfer. Die Liste der Kunden scheint ihm Recht zu geben: Dazu gehören beispielsweise der deutsche Batterie-Hersteller Hoppecke, der Optikkonzern Zeiss, der US-Rüstungskonzern General Dynamics, aber auch Pfälzer Unternehmen, wie der Kaiserslauterer Wägetechnik-Spezialist Wipotec oder der Kaiserlauterer Maschinenbauer Loomis Products Kahlefeld.

Für die AOK eine Spiel-App entwickelt

Für den Industriekonzern Atlas Copco hat ZReality eine Virtual-Reality-App entwickelt, mit der Produkte präsentiert werden und sogar an Maschinen trainiert werden kann, für den Pfälzer Mischanlagenhersteller Pemat eine VR-App für die Präsentation ganzer Anlagen, für einen österreichischen Motorrad-Hersteller eine VR-App für Ingenieuranwendungen, für die AOK eine Spiel-VR-App. Weitere VR-Anwendungen,die ZReality für Kunden entwickelt hat, präsentieren Immobilien, Museumsexponate oder Mode. In einem VR-Bad-Konfigurator können Kunden mit spezieller VR-Brille in einem virtuellen Bad schnell mal das Badewannen- oder Waschbecken-Modell austauscht, den Bodenbelag oder die Wandfliesen. Ein Klick auf ein fernbedienungsähnliches Handgerät macht es möglich.

Gäste sehen den Ort, wie er 1867 ausgesehen hat

Für die Stadt Luxemburg haben die Kaiserslauterer IT-Spezialisten Augmented-Reality-Anwendungen entwickelt: beispielsweise eine App für das Smartphone, das erkennt an welcher Haltestelle in der Stadt sich der Nutzer befindet und im Kamera-Bild der Haltestelle einblendet, wann und wohin die nächsten Busse abfahren. Oder eine App, die an Sehenswürdigkeiten auf dem Mobilgerät Informationen oder historische Ansichten einspielt. In einer VR-Anwendung für Touristen in Luxemburg fährt ein spezieller Kleinbus durch die Stadt und die Gäste sehen in ihren VR-Brillen den Ort, an dem sie sich gerade befinden, so wie er 1867 ausgesehen hat – im individuellen Rundumblick versteht sich.

Liveübertragung zum Experten möglich

ZReality Remote Eye ist ein weiteres Produkt, das Servicetechnikern hilft, etwa bei dem Kaiserslauterer Wägetechnik-Experten Wipotec. Damit überträgt eine AR-Datenbrille die Sicht des Technikers vor Ort per Online-Live-Video direkt zum Experten in der Zentrale. Der kann über Sprachverbindung und virtuelles Zeigen Anweisungen etwa zur Reparatur eines Fahrzeugs, einer Anlage oder Maschine direkt an den Servicetechniker vor Ort übermitteln.

Virtuelle Objekte frei im Raum

Holocadview wiederum ist eine Software von ZReality, mit der 3D-Modelle in der jeweiligen Umgebung der Nutzer präsentiert werden können. Dazu verwendet ZReality die Microsoft Hololens, ein Headset, das es ermöglicht mit Hologrammen und anderen digitalen Inhalten in der jeweiligen Umgebung zu interagieren. Dabei können virtuelle Objekte, etwa Maschinen oder Bauteile, frei in einem Raum realistisch positioniert und von allen Seiten betrachtet werden – auch von mehreren Betrachtern gleichzeitig. Die Objekte können gedreht oder gezoomed werden.

VR-Auftritt für jede Firma möglich

So wie heute jedes Unternehmen über seine eigene Internet-Seite oder App verfüge, erläutert ZReality-COO Neidhöfer, so werde künftig jede Firma einen Auftritt in Virtual Reality haben – virtuelle Räume, in denen beispielsweise Produkte präsentiert werden. Dafür biete das Kaiserslauterer Unternehmen bereits ZReality Sphere an, womit sich Kunden „kinderleicht virtuelle Räume“ erstellen, sie mit Kunden und Kollegen teilen und darin Inhalte in 3D präsentieren können.

Mutterkonzern strebt 3 Millionen Euro Umsatz 2018 an

ZReality gehört zu einer Unternehmensgruppe unter dem Dach der Digital Devotion Group GmbH (DDG), ebenfalls in Kaiserslautern angesiedelt, die sich als „Ökosystem“ für Cross-Reality-Technologien versteht. Dazu gehört die Urban Timetravel SA in Luxemburg, eine VR-Plattform für virtuelle Zeitreisen, und die Digital Transformation Hub GmbH (DT Hub) in Kaiserslautern. Dieses Unternehmen betreibt dort einen sogenannten Startup Hub & Inkubator. Dabei geht es darum, junge Digitalfirmen (Startup) mit erfolgversprechendem Geschäftsmodell unter einem Dach räumlich zusammenzubringen (hub, englisch unter anderem: Drehscheibe, Zentrum) und ihnen in einer Art betrieblichem Brutkasten (Inkubator) anregende Bedingungen für den Unternehmensstart zu bieten. Die Startups sollen von der Kooperation mit etablierten Unternehmen, Investoren und der Wissenschaft profitieren durch die Generierung von Synergien und der Vernetzung kreativer und innovativer Ideen sowie durch den Erfahrungsaustausch. Die Pfalzwerke haben sich 2017 mit 1 Millionen Euro an DT Hub beteiligt. DDG strebt in diesem Jahr nach Angaben ihres Gründers und Geschäftsführers Alexander Fridhi mit ihren aktuell 30 Mitarbeitern einen Umsatz von 2,5 bis 3 Millionen Euro an.


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Augmented Reality: Die Handy-App erkennt nicht nur die Haltestelle vor den Augen des Benutzers, sondern blendet gleich mit ein, wann die nächsten Busse wohin abfahren.
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