Rheinpfalz „Wir sind keine Quertreiber“

Im evangelischen Kirchenbezirk Kusel kommt die Debatte über eine Neuordnung von Kirchengemeinden nicht zur Ruhe. Unter den knapp 1200 Mitgliedern der Kirchengemeinde Quirnbach soll es in absehbarer Zeit eine Erhebung geben über die Frage, ob an der bisherigen Kooperation mit Hüffler festgehalten oder eine Zusammenarbeit mit der evangelischen Gemeinde Glan-Münchweiler angestrebt wird.

Dieses Vorgehen unterstützten am Montag die rund 70 Teilnehmer einer Informationsveranstaltung in Henschtal nach einer zweistündigen, streckenweise lebhaften Debatte bei nur einer Gegenstimme. Vor dieser Befragung soll das Quirnbacher Presbyterium unterrichtet werden. Am Tag zuvor hatte das Pfarramt Hüffler-Quirnbach (wir berichteten) eine Gemeindeversammlung für die Zeit nach dem 16. Juni angekündigt. Diese sei „der angemessene und rechtlich zulässige Ort“, um über Struktur und Arbeit der Kirchengemeinde zu diskutieren. Das Treffen in Henschtal am Montag sei keine kirchliche Veranstaltung, stellte das Pfarrerehepaar Daniela und Daniel Macchini klar, das ab 1. Januar eine Auszeit von einem Jahr nehmen wird. Presbyter der Kirchengemeinde Quirnbach nahmen an der Info-Veranstaltung nicht teil. Hintergrund des Konfliktes ist die vom Bezirkskirchenrat geplante Neugliederung der Kirchengemeinde Konken. Danach sollen Herchweiler im Ostertal und Selchenbach der Kirchengemeinde im saarländischen Niederkirchen zugeordnet, Konken und Albessen von einer neu zugeschnittenen Pfarrstelle Kusel-West betreut werden. Als Alternative dazu gibt es Überlegungen, die eine Zusammenarbeit von Konken und Hüffler favorisieren. Die Kirchengemeinde Quirnbach mit den Dörfern Henschtal, Quirnbach, Rehweiler und Steinbach könnte sich dann nach Glan-Münchweiler orientieren, wohin ohnedies engere Verbindungen bestünden. Ohne Quirnbach würde die Kirchengemeinde Glan-Münchweiler mit 1500 Protestanten Richtung Ramstein tendieren, um die erforderliche Gemeindegröße zu sichern, wird argumentiert. Über ihre Vorstellungen zur anstehenden Strukturreform im Kirchenbezirk Kusel hatten Mitglieder der evangelischen Kirchengemeinde Quirnbach, darunter auch Ortsbürgermeister und Beigeordnete aus den betroffenen Dörfern, im Februar das Presbyterium in einem Schreiben informiert. Zudem gab es Gespräche darüber mit Dekan Lars Stetzenbach und Oberkirchenrat Michael Gärtner von der Kirchenleitung in Speyer, wie Ulrike Becker in einer Chronik der bisherigen Ereignisse bei der Henschtaler Veranstaltung informierte. Allerdings habe sich das Presbyterium einem sachlichen Gespräch über die Vorschläge nicht gestellt. Um Versachlichung bemüht, räumte Quirnbachs Ortsbürgermeisterin Steffi Körbel es als einen Fehler ein, dass sie und andere Kommunalpolitiker das Schreiben mit Funktionsbezeichnung unterschrieben hätten. Wie Steinbachs Ortsbürgermeister Jörg Fehrentz sei sie jedoch von evangelischen Christen auf die Strukturveränderungen angesprochen worden. Keineswegs habe man Unruhe in die Gemeinde tragen wollen, versicherte Körbel: „Wir sind keine Quertreiber.“ Ihr gehe es um die Sache, nicht um Personen, sagte die Ortsbürgermeisterin. Kritik aus der Kirche am Vorgehen der Kommunalpolitiker wurde aus den Reihen der Teilnehmer mit dem Hinweis gekontert, kirchliche Stimmen riefen Christen immer wieder zur Einmischung in die Politik auf. Nach zweistündiger Diskussion, in der es um Briefwahl, Datenschutz und Kirchenvolksbegehren nach Schweizer Vorbild ging, plädierten die Teilnehmer nahezu einstimmig dafür, sich ein Stimmungsbild unter den evangelischen Christen in Henschtal, Quirnbach, Rehweiler und Steinbach zu verschaffen, ob sie eher zu Hüffler oder Glan-Münchweiler tendierten. An der Auswertung sollten Presbyter beteiligt werden. Nicht ausgeschlossen wurde eine Unterschriftenaktion pro Glan-Münchweiler als nächster Schritt. Mehrfach wurde deutlich, dass der Kirchenstreit offensichtlich nicht frei von persönlichen Verletzungen blieb. So wurde etwa die Umpfarrung des langjährigen Quirnbacher Presbyters Karl Klein, der zurückgetreten ist, nach Glan-Münchweiler mit der Bemerkung kommentiert: „Ist der Gott in Glan-Münchweiler ein anderer als in Quirnbach?“ Andere Teilnehmer warnten, der Zwist zöge Kirchenaustritte nach sich, oder führten an, durch Umpfarrungen nach Glan-Münchweiler löse sich der Streit zahlenmäßig von alleine. Mehrfach wurde mehr Mitsprache der Kirchenbasis gefordert. Wie komplex jedoch die kirchliche Landschaft ist, illustrierte Ute Emrich an ihrer Biografie: Geboren ist sie in Rehweiler und getauft in Quirnbach, die Konfirmation erfolgte in Glan-Münchweiler, kirchlich getraut wurde sie in Konken. Ihre Kinder wurden in Glan-Münchweiler getauft und in Quirnbach konfirmiert. Hüffler liege ihr ziemlich fern, bekennt sie. (rac)

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