Kultur Südpfalz Ein liebenswürdiger Rebell

Ein ganz armer Kerl, diese Herr Taschenbier. Die Vermieterin schubst ihn herum, sein Vorgesetzter nutzt ihn aus, keiner nimmt ihn ernst. Wenn da nicht eines Tages das Sams auftauchen würde, sähe es finster aus für diesen Loser. Die Schlossfestspiele Ettlingen zeigen nun in einer turbulenten Aufführung von Paul Maars Kinderstück „Eine Woche voller Samstage“, wie Herr Taschenbier den Mut findet, sich selbst aus seiner Misere zu retten.

Dabei wirkt das koboldartige Zwitterwesen Sams wie ein entfernter Verwandter etwa der unverwüstlichen Pippi Langstrumpf oder des spitzbübischen Pumuckl. Der Autor Paul Maar hat um seine populäre Sams-Figur zahlreiche Geschichten gestrickt und ihr einen festen Platz in unseren Kinderzimmern geschaffen – als Bücher, Filme oder Hörkassetten. Auch im Ettlinger Schlosshof stößt der 75-minütige Bühnenspaß auf ein fachkundiges Publikum von einschlägig bewanderten Dreikäsehochs, denen die garstige Frau Rotkohl, der autoritäre Bürochef Herr Oberstein, der allzu gestrenge Oberstudienrat Groll oder auch der lächerliche Schuldirektor längst bekannt sind. Und so kann denn Regisseur Joerg Bitterich, der die Eulenspiegeleien des drolligen Sams im kargen Bühnenbild von Steven Koop temporeich in Szene setzte, sich ganz auf die Effekte und grelle Unterhaltsamkeit des Geschehen konzentrieren, ohne sich mit der Nacherzählung der Geschichten lange aufhalten zu müssen. Wer da dem Treiben des liebenswürdigen Rebellen zuschaut, fragt nicht nach dem Warum dieser lustigen Streiche, sondern freut sich vor allem über den schieren Jux dieser Episoden. Das führt nun freilich bisweilen dazu, dass die Inszenierung sich allzu sehr auf den blanken Klamauk verlegt und im Schielen auf die spontane Gaudi im Parkett das Stück und seine (immer noch amüsante) Botschaft ein wenig unter Wert verkauft. Vor allem Melanie Tóth in der Rolle des frechen Tausendsassas Sams gibt ihrem komödiantischen Affen so ausgiebig Zucker, dass seine aufmüpfigen Drolligkeiten den Betrachter bei allem Verständnis für „kindgerechtes Spiel“ alsbald zu nerven beginnen. Da wäre weniger gewiss mehr gewesen. Daneben bewahrt sich Steffen Wilhelm als hölzerner Herr Taschenbier köstlich seine linkischen Verklemmtheiten, und seine schließliche Wendung zum zivilen Widerstand gelingt überzeugend. Auch Sylvia Nentwig als zickige Frau Rotkohl entwirft ein professionelles Bild dieser grotesken Figur und führt vor, dass Komik nicht zwingend mit exaltierter Verzerrung zu tun hat. Wolfgang Grindemann als schräge Karikatur des pingeligen Paukers, Lutz Bembenneck als lachhaft pompöser Chef und der Rest des hochtourigen Ensembles steuern der Aufführung grellfarbene Chargen bei, und zum abschließenden Sams-Lied spendet das aufgekratzte Publikum im Schlosshof lebhaften Beifall. Termine Die nächsten Vorstellungen von „Eine Woche voller Samstage“ bei den Schlossfestspielen Ettlingen sind für den 4./5. Juli vorgesehen. Karten, Anfangszeiten und weitere Termine bis in den August unter Tel. 07253 101380 sowie im Internet: schlossfestspiele@ettlingen.de. (rkr)

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