Rheinpfalz „Dieser Minister ist das Problem“

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MAINZ. Zum Schluss der dreistündigen Debatte über das Rechnungshofgutachten zum gescheiterten Verkauf des Flughafens Hahn im Sommer 2016 ging Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) doch noch selbst ans Rednerpult. „Selbstredend hätte das niemals passieren dürfen“, sagte sie, stellte sich aber hinter Innenminister Roger Lewentz: „Ich sage sehr, sehr klar: Natürlich hat der Innenminister Konsequenzen gezogen.“ Er habe das Verkaufsverfahren neu gestartet, nun sei mit dem chinesischen Konzern HNA ein Käufer gefunden, der für den Flughafen hoffen lasse. „Deshalb ist und bleibt Roger Lewentz mein Innenminister“, sagte Dreyer. Es war CDU-Fraktions- und Parteichefin Julia Klöckner, die Dreyer herausgefordert hatte. Die Ministerpräsidentin solle Lewentz entlassen, wenn er nicht freiwillig zurücktreten will. „Dieser Minister ist nicht die Lösung des Problems, er ist das Problem“, sagte Klöckner. Sie warf der Regierung „routinierte Dreistigkeit“ vor und eine „überhebliche, fahrlässige Art, mit dem Vermögen des Landes umzugehen“. Am Flughafen Hahn habe sich die Geschichte des Nürburgrings wiederholt. 2012 hatte die landeseigene Nürburgring GmbH Insolvenz angemeldet, weil die EU-Kommission nach Wettbewerbsklagen die dauerhafte Subventionierung durch das Land gestoppt hatte. Zuvor war die Privatisierung an nicht existenten Investoren gescheitert, danach fand das Land einen Käufer, der die zweite Kaufpreisrate schuldig blieb. Inzwischen gehört der Ring einem russischen Unternehmer. Für den Flughafen Hahn schloss das Land im Juni 2016 einen Kaufvertrag mit der weithin unbekannten Shanghai Yiquin Trading (SYT). Nachdem kein Geld einging, stoppte die Regierung den Verkauf. „Wie häufig kann man Fehler bedenkenlos wiederholen?“, fragte Klöckner. Ihr Stellvertreter Alexander Licht warf der Regierung vor, der Erfolgsdruck habe „alle Sinne benebelt“. Die Regierung habe das Parlament und die Öffentlichkeit hinters Licht geführt. In der Tag bestand Erfolgsdruck: Dem Flughafen drohte die Insolvenz, die zwischenzeitlich durch Grundstücksverkäufe und durch ein Gesellschafterdarlehen abgewendet wurde. Das Scheitern und die Umstände, die zum Abbruch des ersten Verkaufsverfahrens geführt hätten, bedaure er sehr, sagte Lewentz. Er stehe zu diesem „für mich schmerzlichen Eingeständnis“. Die Ursachen sieht er nach wie vor überwiegend in der Zeit „vor den Verhandlungen mit direkter Beteiligung des Landes“ – also bei den Beratern von KPMG. Der Opposition warf Lewentz vor, vergangene Woche gegen den Verkauf des Flughafens an den HNA-Konzern gestimmt zu haben. Den Rechnungshof kritisierte Lewentz, wie zuvor schon SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer in seiner betont sachlichen Rede, weil die Prüfer in Speyer nicht würdigten, dass das Land aus Fehlern am Nürburgring gelernt und beispielsweise eng mit der EU-Kommission zusammengearbeitet habe. Tatsächlich listet der Rechnungshof nur auf, welche Lehren die Regierung nicht gezogen hat: So fehlte es wiederholt an der sorgfältigen Auswahl der Geschäftspartner. Im Auftrag des Rechnungshofs haben Gutachter von Freshfields, Bruckhaus, Deringer aufgezeigt, dass mindestens zwei der drei Banknachweise, die SYT vorgelegt hatte, offensichtlich gefälscht waren – ein Auszug wies die utopische Summe von 200 Milliarden Dollar aus. Das hätte den Wirtschaftsprüfern auffallen müssen. Der Rechnungshof führte Warnungen durch das Finanzministerium an, denen das Innenministerium nicht gefolgt ist. AfD-Fraktionschef Uwe Junge verglich den gescheiterten Verkauf mit einem Fallschirmsprung. „Wenn man aus dem Flugzeug springt und unterhalb von 550 Metern die Reißleine zieht, schlägt man trotzdem auf.“ Er als Verantwortlicher hätte versucht, „von der Finanzierungsmöglichkeit über die Sockengröße“ alles über die Käufer zu erfahren. Der Fraktionschef der FDP, Thomas Roth, sagte: „Es wurden Fehler gemacht, wenn auch nicht immer klar erkennbar ist, von wem.“ Für die Grünen sagte Daniel Köbler: „Wir leisten Pionierarbeit.“ Es gebe keine Blaupause für den Verkauf eines Flughafens in einem diskriminierungsfreien Veräußerungsverfahren nach EU-Recht. Kommentar

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