Eisenberg Die Grünen lassen sich umgarnen

Die gelbe Sonne auf dem grünen Transparent strahlt über den voll besetzten Stammtisch, an dem etwa je zur Hälfte gut zwei Dutzend Grüne und FWG’ler sitzen. Auf Einladung der Grünen werden sich nacheinander die beiden Bürgermeister-Kandidaten vorstellen: Amtsinhaber Bernd Frey (SPD) und Herausforderer Markus Fichter (FWG). Ein Ortstermin.

Man konnte erahnen, wie es laufen würde: Fichter würde umreißen, was er als Bürgermeister machen möchte und Frey würde vortragen, was er schon gemacht hat. So weit, so erwartbar. Und doch ist der Stammtisch gut besucht. Ernst Groskurt, der für die Grünen in Stadt- und VG-Rat sitzt, freut sich – und gibt das Wort direkt an Markus Fichter. Dieser ist sichtlich erfreut über die Einladung, auf die in diesem Falle keine Ausladung folgte, und erzählt munter von seiner beruflichen Laufbahn, seiner Erfahrung als Lehrer und Leiter der Grundschule und wünscht sich, Ideen auf- und mitzunehmen. Seine Kandidatur begründet er damit, dass er die von der SPD angestrebte Personalunion von Stadt- und VG-Bürgermeister verhindern wolle. Gewundert habe er sich, beim Neujahrsempfang der Stadt nichts über das wichtige Thema Jugendarbeit gehört zu haben und skizziert dann gleich, wie er sich diese vorstellt. „Seine“ beiden Schulsozialarbeiterinnen an der Grundschule würde er gemeinsam mit deren IGS-Kollegin in die außerschulische Jugendarbeit einbinden, erhält aber aus dem Publikum den Hinweis, dass dies daran scheitert, dass „seine“ beiden Kräfte in Diensten der VG stehen und die IGS-Kollegin vom Land angestellt ist. So nebenbei streichelt er auch grüne Themen, wie den geplanten Vortrag über Insekten und die gewünschte Beschäftigung eines Klimamanagers. Das hören die natürlich gerne, sind aber trotz der Streicheleinheiten nicht vollends blind vor Liebe: Der soziale Wohnungsbau in der VG habe ihm bei Fichter gefehlt, beginnt Groskurt die Aussprache. Für Fichter ist dies eine „ganz heikle Frage“. Als Anwohner der Straße, in der die VG ein Haus mit bezahlbarem Wohnraum plant, sei er „nicht besonders glücklich“, da dort schon ein „Mischgebiet“ vorhanden sei und ergänzt: „Sozial Benachteiligte“ sollten nicht in „einem Block untergebracht werden.“Die weitere Frage nach der Schuldenhöhe der VG könne er erst beantworten, wenn er VG-Beigeordneter sei. Dem Chronisten gegenüber wundert er sich anschließend, dass es keine Rolle gespielt habe, dass er „nur“ Lehrer sei. Nach seinen Ausführungen und etwas Leerlauf mit Gesprächen quer über den Tisch wird Essen aufgetragen. Nein, das berühmte Bürgermeister-Bernd-Frey-Schnitzel ist nicht dabei. Dafür erscheint dessen Namensgeber pünktlich. Im Gefolge lediglich der Vorsitzende des SPD-Gemeindeverbandes, Reinhard Wohnsiedler. Fichter und seine Fans bleiben und warten gespannt auf den Auftritt. Auch Frey beginnt mit seinem beruflichen Werdegang und versucht, mit seiner Verwaltungserfahrung zu punkten, erwähnt selbstironisch seine sportliche Vergangenheit als Badminton-Spieler mit Meistererfolgen und geht dann in die Vollen. Mit Details und Zahlen untermauert er den Tätigkeitsbericht seiner bisherigen Amtszeit: Kläranlage, Grundschulen, Sportstätten, Keep und Feuerwehr sind wesentliche Bestandteile. Besonders Energieeffizienz, Eisbach-Renaturierung, erschwinglicher Wohnraum stoßen bei den Grünen auf offene Ohren. Frey spricht über geplante Kooperationen mit der Verbandsgemeinde Göllheim. Digitale Dörfer, Feuerwehr und Wasserversorgung sind hier die Themen. Geschickt bindet er seinen zustimmend nickenden Herausforderer mit ein, indem er an den gescheiterten Versuch erinnert, die Leitung der Kerzenheimer und Eisenberger Grundschulen in eine Hand zu legen: „Markus, damals haben wir gemeinsam Schiffbruch erlitten.“ Dass er nie einen Hehl aus seinem Wunsch gemacht habe, in Personalunion auch ehrenamtlicher Stadtbürgermeister zu werden, antwortet Frey auf die Frage von Groskurt. Es sei ihm aber bewusst, dass diese Konstellation neben Vor- aber auch Nachteile habe, so Frey weiter. Darauf geht er aber nicht weiter ein. Nach gut zweieinhalb Stunden endet der sachliche und von gegenseitigem Respekt geprägte Info-Abend. Eine gute Idee der Grünen, die sich nicht scheuten, Andersdenkende zu sich einzuladen.

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