Rheinpfalz Auf Umwegen zum Gemeindepfarrer

Wolfstein. Seit dem 1. April hat die protestantische Gemeinde Wolfstein wieder einen Pfarrer. Für Benjamin Leppla ist es die erste Stelle als Gemeindepfarrer – nach einem ungewöhnlichen beruflichen Werdegang, zu dem vor allem Tätigkeiten in der Landwirtschaft gehörten.

Leppla wurde in Kaiserslautern geboren und begann nach dem Abitur mit dem Theologiestudium, zuerst an der Kirchlichen Hochschule in Wuppertal-Bethel und später an den Universitäten Kiel, Marburg und Göttingen. 1994 legte er in Speyer das erste kirchliche Examen ab. Als Vikar war er in Niederkirchen (Kreis Kaiserslautern) eingesetzt, wo er auch ordiniert wurde. Nach dem zweiten Examen sah die Evangelische Kirche der Pfalz „trotz festgestellter Eignung“ keine Möglichkeit, ihn als Gemeindepfarrer zu übernehmen, denn es gab mehr Pfarrer als offene Stellen. Das war der Beginn eines wechselvollen Berufslebens. Leppla erfuhr, dass im niederösterreichischen Gmünd ein protestantischer Pfarrer als Vertretung gesucht wurde. Dort betreute er ein Jahr lang die Diasporagemeinde, die an der Grenze zu Tschechien liegt. „Auf 1400 Quadratkilometer gab es 760 Gemeindemitglieder, zum Teil die Nachkommen von zugewanderten Deutschen“, berichtet Leppla im Gespräch mit der RHEINPFALZ. An diese Zeit denkt er gerne zurück. „Eine sehr positive Erfahrung war die ökumenische Arbeit, die war Klasse“, erzählt er. Bei wichtigen Ereignissen wie der Einweihung eines Kindergartens war es für die politischen Organe und die katholischen Kollegen selbstverständlich, auch den evangelischen Pfarrer einzuladen. Es gab sogar eine ökumenische Beerdigung, da der Verstorbene evangelisch getauft, aber in der katholischen Gemeinde integriert war. Danach war Leppla mehrere Jahre lang Gemeindediakon in Otterberg. Zu seinen Aufgaben gehörte die Jugendarbeit, für die er zusammen mit der Stadt einen „offenen Jugendtreff“ einrichtete. Daneben war er für die Kindergartenarbeit oder für Gottesdienstvertretungen zuständig. Da die Landeskirche noch immer keine Pfarrstelle für ihn hatte, ließ er sich vom kirchlichen Dienst beurlauben und war die nächsten zehn Jahre in verschiedenen landwirtschaftlichen Bereichen tätig. Die Landwirtschaft war ihm vertraut, weil er schon als Kind oft bei den Bauern in Morlautern mitgeholfen und sich später in den Semesterferien Geld durch Stall- oder Erntearbeit verdient hatte. Am Anfang war er als Geschäftsführer bei der Gesellschaft für Landwirtschaftliche Beschäftigung (GLB) in Bad Dürkheim angestellt. Neben der Mitarbeit in der Geschäftsführung plante er zusammen mit der Agentur für Arbeit Projekte und Maßnahmen, durch die Langzeitarbeitslose in landwirtschaftlichen Berufen beschäftigt werden sollten. Außerdem beriet er Landwirte bei der Einstellung und Personalführung von Saisonarbeitern. Auf Dauer war er mit dieser Tätigkeit nicht zufrieden und gründete deshalb zusammen mit einem Freund einen Landhandel für die Produkte der Landwirte und die von ihnen benötigten Güter. Die letzte landwirtschaftliche Station war als Verkaufsberater in einem Landhandelsunternehmen in Freinsheim. Während dieser Zeit begann er mit einem eigenen Betrieb in Morlautern, wo er seitdem auf einer Fläche von sechs Hektar Geflügel züchtet. „Ich spezialisierte mich von Anfang an auf Hühnerrassen, die auf der ,Roten Liste’ stehen“, erklärt Leppla: „Dazu gehören zum Beispiel Ostfriesische Möwen, die wegen der Zeichnung der Küken so heißen, oder Augsburger Hühner. Es sind ,Zweinutzungshühner’ und sie liefern, wie es früher üblich war, Eier und Fleisch. Ich habe zwischen 100 und 200 Hühner, die ich auch auf Ausstellungen zeige und über die ich mich mit anderen Züchtern austausche.“ Seit dem 1. Mai 2013 arbeitete Leppla wieder im kirchlichen Dienst. „Ich war knapp zwei Jahre lang Mitarbeiter in der ,Evangelischen Arbeitsstelle Bildung und Gesellschaft’,“ berichtet er. „Diese Einrichtung versteht sich als Schnittstelle zwischen Kirche und Gesellschaft und unterstützt die Gemeinden in vielen Bereichen, zum Beispiel bei der Erwachsenenbildung.“ Hier war er Referent in der Geschäftsführung und betreute mehrere überregionale Projekte, darunter das Jugendfestival Standup, das während des ökumenischen Kirchentages in Speyer am 23. und 24. Mai stattfindet. Inzwischen war aus dem Überschuss an Gemeindepfarrern ein Pfarrermangel geworden. Deshalb wurde Leppla von der Landeskirche angesprochen, sich auf die vakante Pfarrstelle in Wolfstein zu bewerben. Seit Anfang des Monats ist er dort tätig und wird am 19. April offiziell in sein Amt eingeführt. Benjamin Leppla sieht seiner Aufgabe mit viel Optimismus entgegen und verspricht sich von ihr neue Gestaltungsmöglichkeiten. Fertige Konzepte hat er aber noch nicht: „Dazu muss ich die Gemeinde erst kennen“, sagt er. Aber ein wichtiges Ziel steht für ihn bereits fest: Er will die Erfahrungen aus seinen bisherigen Berufen nutzen. Dazu kann er spontan zwei Beispiele nennen: das Verständnis für Probleme der modernen Arbeits- und Berufswelt und die besondere Form des demografischen Wandels in der Westpfalz. (Foto: privat)

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