Kultur Südpfalz Anregender Spaziergang

Neben einer Europäischen und einer Deutschen Erstaufführung prägte das erstmalige Engagement einer Dirigentin am Pult der Badischen Staatskapelle das jüngste Sinfoniekonzert. Auf dem Programm standen Vivian Fungs „Dust Devils“, das Violinkonzert von Weinberg und die „Bilder einer Ausstellung“ von Mussorgsky.

Bislang ist die Dirigentin Mei-Ann Chen in Deutschland noch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Die aus Taiwan stammende und in den USA ausgebildete Musikerin ist seit 2011 Musikdirektorin des Memphis Symphony Orchestra und der Chicago Sinfonietta. Ihr glanzvolles Debüt am Pult der Badischen Staatskapelle könnte ihr vielleicht einige Türen auch in Europa öffnen. Schon mit der Europäischen Erstaufführung von Vivian Fungs „Dust Devils“ unterstrich sie im Großen Haus des Karlsruher Staatstheaters ihren Sinn für eine wirkungsvolle Inszenierung des Orchesterklangs. Das Werk der kanadischen Komponistin ist recht effektvoll und wurde nicht umsonst an einem Abend mit Mussorgskys „Bildern einer Ausstellung“ in der Orchestrierung Ravels aufgeführt. Hier treibt Mei-Ann Chen die Klangwucht, aber auch die erzählerischen Qualitäten, die sie dem Orchester entlocken kann auf die Spitze. Es verbinden sich bei der Dirigentin handwerkliche Souveränität mit einer bestimmenden Körpersprache. Chen fordert das Potenzial der Staatskapelle und erzeugt eine farbenreichen, dynamisch weitgefächerten Klang, nicht nur das solistische Potenzial der Bläser ausschöpfend. So kommt ein höchst anregenden Spaziergang durch die Gemäldeausstellung des früh verstorbenen Mussorgsky-Freundes Hartmann zustande, die den Komponisten zu seinem Meisterwerk inspirierte. Mit der Deutschen Erstaufführung von Mieczyslaw Weinbergs a-Moll Violinkonzertes op. 67 mit dem fulminanten Geiger Linus Roth wird die späte Ehrenrettung für einen bedeutenden Komponisten des 20. Jahrhunderts, der 1996 starb, auf hohem Niveau fortgesetzt. Weinberg wurde 1919 in Warschau geboren, musste vor den Nationalsozialisten in die Sowjetunion fliehen, wo er als Jude erneuter Verfolgung ausgesetzt war. Weinbergs 1961 von Leonid Kogan uraufgeführtes Violinkonzert fordert den Interpreten manuell, Roth stellt sich dem mit makelloser Technik, noch mehr aber ist das a-Moll-Konzert Ausdrucksmusik, gebändigt durch die sinfonisch bestimmte Form. Die gestalterische Intensität von Roth, sein ungemein klares Spiel, die emotionale Kraft der Interpretation, die Beleuchtungswechsel ebenso wie die dem Konzert innewohnende Tragik und der melancholische Blick zurück liegen bei dem Geiger in suggestiven Händen. (gt)

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