Politik Russlands Retourkutsche: Auflagen für ausländische Medien

Russland plant im Streit mit den USA um die stärkere Kontrolle ausländischer Medien eine Gesetzesänderung, die auch deutsche Akteure betreffen könnte.

Die russische Staatsduma arbeitet mit Hochgeschwindigkeit: Gestern stimmten Vertreter aller vier Parlamentsfraktionen im Medienausschuss die gerade erst eingebrachten Änderungen zu einem neuen Gesetz über Informationssicherheit ab, heute will das Plenum sie verabschieden. „Diese Änderungen erlauben es, Massenmedien zu ausländischen Agenten zu erklären, die aus dem Ausland finanziert werden“, erklärte Duma-Vizesprecher Pjotr Tolstoi gegenüber der Agentur Ria Nowosti. Die betroffenen Medien sollen dazu verpflichtet werden, sich und ihre Produktion als „ausländische Agenten“ zu markieren. Am Vortag hatte Tolstois Kollege Andrei Isajew erklärt, unter das neue Gesetz könnten die Radiosender Radio Swoboda und Stimme Amerikas, der Fernsehkanal CNN, aber auch die Deutsche Welle fallen. Das Justizministerium soll entscheiden, welche ausländischen Medien auf die Liste der „Auslandsagenten“ kommen. Mit dem Gesetzentwurf reagiert Russland darauf, dass die USA unter anderem dem russischen Auslandsstaatssender RT vorgeschrieben haben, sich als „ausländischer Agent“ zu registrieren. Auch japanische oder südkoreanische Sender werden in den USA als „ausländische Agenten“ geführt. Aber RT, in Medienkreisen für Verschwörungstheorien und Fake-News bekannt, hat in Amerika seit einiger Zeit Problem. Der US-Kongress startete eine Untersuchung über mögliche Einflussnahme des russischen Kanals auf die US-Präsidentschaftswahlen, das soziale Netzwerk Twitter verbannte RT-Werbeanzeigen. Google und Youtube strichen dem russischen Fernsehsender den Status privilegierter Partnerschaft. „Eine Attacke auf die Pressefreiheit“, kommentierte Russlands Präsident Wladimir Putin. Als „ausländischer Agent“ muss sich RT in den USA in Untertiteln als solcher kenntlich machen, dem US-Justizministerium die Wohnadressen und Telefonnummern seiner Mitarbeiter mitteilen sowie die Finanzierung offen legen. Entsprechende Auflagen werden nun umgekehrt für Radio Swoboda oder CNN in Russland erwartet. Außerdem denkt der russische Senator Alexei Puschkow laut darüber nach, den Zugang der US-Medien ins russischen Kabelfernsehnetz einzuschränken. „Radio Swoboda und andere amerikanische Medien finden in Russland praktisch nur im Internet statt“, sagt Anastasija Kirilenko, freie Journalisten und langjährige Reporterin bei Radio Swoboda, der RHEINPFALZ. „Schon 2012 wurde dem Sender die Mittelwelle abgeschaltet.“ Und die Oppositionszeitung „Nowaga Gaseta“ räsoniert: „Um die Gegenmaßnahmen wirklich spiegelbildlich zu gestalten, müsste Russland dem US-Fernsehen zuerst die Möglichkeit geben, seine Sendungen in russischer Sprache in dem Umfang und mit der Erreichbarkeit auszustrahlen wie RT in den USA.“ Bisher ist unklar, wie sich der Status des „ausländischen Agenten“ auf die Arbeit der Redaktionen auswirken wird. Kirilenko vermutet, dem kleinen liberalen Publikum von Radio Swoboda werde er gleichgültig sein. Offiziell will niemand bei Radio Swoboda die Entwicklung kommentieren. Aber ein Mitarbeiter antwortete auf die Frage, welche Veränderungen er im Alltag erwarte: „Gar keine.“ Aus dem Ausland finanzierte Nichtregierungsorganisationen werden in Russland bereits seit 2012 durch ein umstrittenes Gesetz dazu verpflichtet, sich als ausländische Agenten registrieren zu lassen. Bisher galt dieses Gesetz allerdings nicht für Medien.

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