Leitartikel Ostern: Gemeinsam(es) feiern

Ostern ist prädestiniert für das Verweilen in Gemeinschaft.
Ostern ist prädestiniert für das Verweilen in Gemeinschaft.

Zu Ostern sollten Menschen Verbindendes betonen, den Nächsten lieben – ganz gleich, ob er oder sie an dasselbe glaubt. Argumente für das Niederreißen von Mauern finden Christen auch in der Bibel.

Ostern ist das Fest des Lebens und der Gewissheit, dass die Liebe stärker ist als alles andere. Es ist das höchste christliche Fest. Bedeutender als die Weihnachtsfeiertage, zu denen aber traditionell mehr Menschen in die Gottesdienste strömen. Das Blutbad von Golgatha ist schwere Kost, die Erzählung der Auferstehung komplex. Sie fordert heraus. Während Jahr für Jahr zu Weihnachten selbst Menschen den Weg in die Gotteshäuser finden, die schon lange nicht (mehr) an die Institution Kirche glauben, ist der Andrang an den Osterfeiertagen spürbar geringer.

Dabei ist doch gerade Ostern prädestiniert für das Überwinden von inneren Mauern, steht es doch für die unbedingte Nächstenliebe. Die Karwoche und Ostern sind die ideale Zeit, um auch Anders- oder Nichtglaubende einzuladen, sie voller Zuneigung zu umarmen, den Nächsten zu lieben – ganz egal was in der Vergangenheit war, ganz egal worin dieser Halt und Zuversicht finden mag. Kirchen sind seit jeher Orte der Zuversicht, des Halts, der Zuflucht. Wann, wenn nicht in unsteten und krisenbehafteten Zeiten wie diesen, sollten sie offen sein für alle, die Kraft, die Gemeinschaft suchen.

Aufs Kommende eingelassen

An der Bibel entlang erzählt, gibt Jesus den Christen das Rüstzeug mit, um die Widrigkeiten der Welt zu ertragen. Er wusste um den drohenden Verrat durch Judas. Er lud seine Jünger dennoch zum Pessachmahl, kategorisierte nicht in Gut und Böse. Er ließ sich auf das Kommende ein, stellte seine innere Überzeugung über das Drohende und wusch den Anwesenden die Füße. Selbst im schmerzvollsten Moment gelang es ihm, zu vergeben. Er zeigte damit, dass es Größeres gibt als die einzelne Enttäuschung. Er vertraute auf Gott.

Immer weniger Menschen vertrauen auf Gott. Und auf die Institution Kirche sowieso. Das bedeutet aber nicht, dass es nichts Verbindendes gäbe zwischen Kirchenmitgliedern und -nichtmitgliedern. Ostern, das Fest des Lebens, ist wie gemacht für gegenseitiges Verständnis, für Vertrauen, für Vergebung. Liebe ist bedingungslos. Das kann wissen, wer Jesus folgt. Das kann wissen, wer mit offenem Herzen durch die Welt geht.

Verständnis aufbringen

Das leben auch andere Religionen vor, ob Judentum oder Islam: Im derzeit laufenden Fastenmonat Ramadan zum Beispiel feiern die Muslime Tag für Tag beim Fastenbrechen in der Gemeinschaft. Verständnis, Vertrauen und Vergebung sind universell wichtig für ein funktionierendes Miteinander in unserer Gesellschaft. Wer kein Verständnis aufbringen kann, ist ignorant. Wer nicht vergeben kann, dessen Herz verhärtet. Wer nicht vertrauen kann, wird einsam.

Das Schöne ist: Jeder Mensch entscheidet selbst, ob er glaubt und – wenn ja – an was er glaubt. Ob er Halt findet in den Erzählungen der Bibel, oder eben nicht. Wer seinen Nächsten liebt, gönnt und wünscht ihm Halt. Entscheidend ist dafür nicht, dass das Gegenüber der biblischen Erzählung folgt.

Wer die Bibel liest, darin Verständnis, Vertrauen, Güte und Vergebung als leitende Werte erkennt, der findet jedenfalls ausreichend Argumente dafür, seine Freude zu Ostern zu teilen, das Fest der Hoffnung mit allen zu feiern, deren Herzen offen sind.

x