Politik Nur geringe Effekte

Sechs Monate lang hat die Polizei in Stuttgart und Karlsruhe eine Prognosesoftware zur Verhinderung von Wohnungseinbrüchen eingesetzt. Eine erste ausführliche Studie deutet nun darauf hin, dass „Kommissar Computer“ wenig hilfreich ist.

Die Vorstellung ist verlockend für Kriminalisten: Wird der Computer mit ausreichend Daten über bisherige Einbrüche in einem bestimmten Gebiet gefüttert, dann kann er die Polizisten zu genau jenen Orten führen, wo die Täter das nächste Mal zuschlagen werden. Angesichts steigender Fallzahlen bei den Wohnungseinbrüchen versuchte es das baden-württembergische Landeskriminalamt vor zwei Jahren mit dieser Form der vorausschauenden Polizeiarbeit (Predictive Policing). Von November 2015 bis April 2016 kam „Precobs“ zum Einsatz, entwickelt vom Oberhausener Institut für musterbasierte Prognosetechnik und in Zürich bereits seit 2013 im Betrieb. Kriminologische Grundlage ist die Theorie der „Near Repeats“ (Wiederholungen in der Nähe). Sie besagt, dass bei einer Straftat die Wahrscheinlichkeit für Folgetaten in demselben Gebiet steigt. Für Wohnungseinbrüche von professionellen Täter, gilt das als gut belegt. Solche Zonen überwacht nun die Software. Bei einem aktuellen Einbruch kann sie durch die Analyse der von den Polizisten erfassten Tatmerkmale wie Beute und Vorgehensweise prognostizieren, ob eine Folgetat in der Nähe zu erwarten ist und gegebenenfalls Alarm schlagen. Fachleute entscheiden daraufhin, wie konkret zu reagieren ist, etwa mit verstärkten Streifen vor Ort. Getestet wurde in Karlsruhe in eher ländlicher Struktur und in der Großstadt Stuttgart. Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht begleitete das sechsmonatige Projekt wissenschaftlich und hat gestern seine Auswertung vorgelegt. Ergebnis: In Teilen des Pilotgebiets sank die Anzahl der Wohnungseinbrüche, in anderen blieb sie konstant oder nahm zu. Rückschlüsse auf die Wirkung von Predictive Policing ließen sich daraus schwer ziehen, sagt Forscher Dominik Gerstner. 183 Mal schlug „Precobs“ Alarm. Feststellbar war, dass Folgedelikte danach abnahmen und es einen – schwachen – Zusammenhang mit der Intensität polizeilicher Maßnahmen in dem Gebiet gab. Die kriminalitätsmindernden Effekte seien aber nur moderat. Für sichere Belege zur präventiven Wirkung sei noch weitere Forschung nötig. Und in ländlichen Gebieten mit relativ wenigen Wohnungseinbrüchen lohne sich der Einsatz überhaupt nicht. „Die Software ist zwar nicht nutzlos, aber kein Werkzeug, mit dem die Fallzahlen per Mausklick reduziert werden können“, schlussfolgert Gerstner.

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