Politik Maximalgärung

Abkehr von der AfD: Parteichefin Frauke Petry und ihr Mann Marcus Pretzell.
Abkehr von der AfD: Parteichefin Frauke Petry und ihr Mann Marcus Pretzell.

„Häutungen“, „Findungsprozesse“, „Gärung“ – wenn die AfD-Oberen über die Verhältnisse in ihrer Partei reden, werden sie gerne poetisch. Vor allem, wenn es um personelle Querelen geht. Eine dieser AfD-Affären droht nun zum Fortsetzungsroman zu werden. Nachdem Frauke Petry, die zusammen mit Jörg Meuthen den Parteivorsitz innehat, am Montag ihren Vorstandskollegen vor laufenden Kameras eröffnet hatte, dass sie bei der neuen AfD-Bundestagsfraktion nicht mitzumachen gedenkt, legte sie gestern nach: Über den Zeitpunkt ihres Austritts aus der AfD entscheide sie selbst, sagte sie der „Sächsischen Zeitung“. Petry will die Partei verlassen, so viel scheint also festzustehen. Denn dass sich der Bundesvorstand nach ihren Vorstellungen verändern und sich bereit finden wird, „den Narrensaum zum Austritt zu bewegen oder auszuschließen“, erwartet die Noch-Parteichefin selbst nicht. „Narrensaum“ – auch das ist sehr poetisch gesagt und bedarf der Übersetzung: Gemeint sind jene lupenreinen Rechtsextremen, die von der Mehrheit des AfD-Vorstands zumindest geduldet werden. Ob sie ein neues Bündnis oder gar eine neue Partei gründen will, ließ Petry offen – eine Fortsetzung der Geschichte ist also absehbar. Zunächst müsste die Absetzbewegung wohl noch größer werden. An ihrer Seite weiß Petry momentan nur eine Handvoll Getreuer. Dazu gesellte sich gestern, wenig überraschend, ihr Ehemann Marcus Pretzell, Landes- und Fraktionsvorsitzender der AfD in Nordrhein-Westfalen. Pretzell kündigte an, er werde die Partei verlassen und künftig als fraktionsloser Abgeordneter im Düsseldorfer Landtag sitzen. So will es auch sein Fraktionsvize Alexander Langguth halten. Im sächsischen Landtag traten mit Fraktionschefin Petry auch ihre Stellvertreterin Kirsten Muster und der Parlamentarische Geschäftsführer Uwe Wurlitzer aus der AfD-Fraktion aus. Im Schweriner Landtag hat sich die AfD-Fraktion schon am Montag gespalten. Die vier abtrünnigen Abgeordneten firmieren als „Bürger für Mecklenburg-Vorpommern“, wollen aber in der Partei bleiben. Kommt es auch in der AfD-Bundestagsfraktion zur Spaltung? Um eine eigene Fraktion aufzumachen, bräuchte Petry mindestens noch 35 Abgeordnete. Die hat sie bisher wohl nicht auf ihrer Seite, denn zu Fraktionsvorsitzenden wurden gestern Abend Petrys Widersacher Alexander Gauland und Alice Weidel gewählt – von 80 der 93 AfD-Abgeordneten. Aber wer weiß, wie viel Druck der „Gärungsprozess“ bei der AfD noch entwickelt.

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